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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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trat an einen der Schrankkoffer und schob ihn auf. Darin hingen mehrere Mäntel und sogar zwei Pelze. »Gesine«, er hob vorwurfsvoll die Arme, »wir fahren in ein Land, in dem es durchschnittlich fünfundzwanzig Grad warm ist. Glaubst du, da sind Pelze und Mäntel wirklich wichtig?«
    »Ich brauche sie! Und am Abend wird es wohl auch dort kühler sein«, konterte sie.
    Wim schüttelte den Kopf. »Nein, das bleibt hier.«
    Gesine verdrehte die Augen, und Wim spürte Wut in sich aufsteigen. Noch bevor Gesine anfing zu taumeln, herrschte Wim sie an: »Lass das, Gesine! Und gewöhn dir das gefälligst ab. Nicht, dass du in Surinam umfällst und irgendein wildes Tier dich frisst, bevor dir jemand zu Hilfe eilen kann. Du kannst zwei Mäntel in den anderen Koffer packen, das wird reichen.«
    Mit diesen Worten drehte er sich um, ohne Gesine die Möglichkeit zu geben, etwas zu erwidern. Mit großen Schritten ging er in sein Zimmer. Alles, was er mitnahm, passte in einen Koffer. Gesines Maßlosigkeit war unerträglich. Was dachte sie eigentlich? Dass er eigens für sie ein Transportschiff gechartert hatte?
    In seinem Zimmer angekommen, setzte er sich auf die Bettkante und stützte den Kopf in die Hände. Würde er in Surinam zu sich selbst finden können, jetzt, da Gesine ihn begleitete? Schließlich, und das hatte er sich im Stillen eingestanden, war er auf der Flucht vor seinem Leben hier in Amsterdam. Und nun begleitete ihn ausgerechnet ein großer Teil dessen, vor dem er fortzulaufen versuchte! Wahrscheinlich war es ein Wink des Schicksals. Er seufzte.
    Trotz Wims Versuch, Gesine davon abzuhalten, nicht den halben Hausstand oder zumindest ihre komplette Jahresgarderobe, die immerhin beachtlich war, einzupacken, waren am Tag der Abreise zwei Droschken vonnöten, um das Gepäck und sie selbst zum Hafen zu bringen.
    Gesine hatte sich am Vorabend in einer tränenreichen Szene von ihrem Vater verabschiedet. Sie hatte seit ihrer Entscheidung, ihren Mann nach Surinam zu begleiten, vor ihren Freundinnen den Eindruck zu erwecken versucht, Wim nötige sie zu der Fahrt in diese unzivilisierte Kolonie, und so hatte Wim kurz die Hoffnung gehegt, ihr Vater würde sich ob der zahlreichen Tränen doch noch gegen diese Reise aussprechen. Aus Sicht seines Schwiegervaters gehörte eine Frau aber an die Seite ihres Mannes, und vielleicht hegte er auch die Hoffnung, dass diese Reise seine Tochter reifer und selbstständiger werden ließe. Wim bezweifelte, dass Gesine sich je ändern würde.
    »Ob wir zum Kapitänsdinner geladen werden?« Gesine rutschte aufgeregt auf ihrem Sitz in der Droschke hin und her und plapperte unentwegt.
    »Gesine, wir reisen mit einem Handelsschiff, ich denke nicht,dass es dort …« Wim sprach nicht weiter. Er hoffte, dass es am Hafen gleich nicht zu einem Eklat mit seiner Frau kommen würde. Sie reisten schließlich nicht mit einem der luxuriösen, modernen Dampfschiffe, sondern mit einem großen, aber recht einfach gehaltenen Handelssegler, der Maria Dora . Gesine war das anscheinend immer noch nicht bewusst, allen Erklärungsversuche zum Trotz.
    Am Hafen war es laut und dreckig, und es herrschte ein reges Durcheinander. So wie jeden Tag eigentlich. Der Amsterdamer Hafen war einfach zu klein bemessen, und trotz mühevoller Erweiterungsversuche seitens der Stadt herrschte auf den Kais und den Pieren dichtes Gedränge. Die Schiffe lagen teils nebeneinander an den Anlegern, da sie hintereinander keinen Platz fanden. Kein Wunder, dachte Wim, dass Rotterdam Amsterdam inzwischen den Rang des Handelshafens abgelaufen hatte.
    Als der Kutscher anhielt, umringten sofort einige junge Burschen den Wagen, um ihre Dienste als Gepäckträger feilzubieten. Wim war froh und heuerte gleich drei kräftige Knaben an. Auf keinen Fall gedachte er, Gesines Gepäck selbst auf das Schiff zu bringen.
    »Die sollen vorsichtig sein mit den Koffern.« Gesine stand noch auf dem Trittbrett der Droschke und wedelte mit ihrem Taschentuch abwechselnd vor ihrer Nase oder an ihrem Kleid herum, als müsste sie dort Staub abschütteln. Staubig war es wahrlich nicht im Hafen, dafür war der Boden trotz der Pflasterung matschig und mit Unrat übersät, und ein salziger Fischgeruch drang sofort in ihre Nasen. Gesine zierte sich, einen Fuß in diesen Dreck zu setzen. Vermutlich würde sie den Kutscher noch belangen, sie bis auf das Schiff zu transportieren. Wim ärgerte sich schon wieder über sie. Er packte sie entschlossen an der Hand und zog sie von

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