Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
bot?
Marguerite schenkte Claude ein aufmunterndes Lächeln.
Als Mary zu François kam, reichte er ihr seine rot behandschuhte Hand. Dann sahen sie sich an.
Sie unterhielten sich äußerst höflich, begrüßten sich eigentlich nur, aber die Blicke, die sie sich zuwarfen, sprachen Bände.
Doch bald wurde ihm die junge Braut von den Granden des Königreichs und dem Herzog von Suffolk höchstpersönlich entführt, der Mary offensichtlich keinem anderen als dem Monarchen überlassen wollte.
Marys Einzug in Abbeville war aufsehenerregend. In unschuldiger Anmut kam sie auf ihrer weißen Zelterstute so stolz daher, dass die Leute, die sich von den Ereignissen überrollt fühlten, nicht mehr aus dem Staunen herauskamen.
Louis XII. erwartete sie bereits voller Ungeduld. Wie ein junger Mann tänzelte er auf seinem Pferd, ritt ganz nah an ihre Schimmelstute heran, beugte sich zu Mary und küsste sie ungeniert auf den Mund, ehe er sich wieder vernünftig aufs Pferd setzte und sich wie ein Monarch benahm.
Einige Zuschauer glaubten, er müsse sich bei dieser eleganten Darbietung eine Rippe gebrochen haben. Jedenfalls sollte das kühne Auftreten, mit dem der alte König Mary gewinnen wollte, später zum Gegenstand mehrerer Chroniken und Couplets werden.
Wenn Mary beeindruckt war, dann gewiss eher von dem jungen, schönen Duc de Valois, der ihr in Boulogne einen so prächtigen Empfang bereitet hatte.
Vier Reiter hielten einen Baldachin über sie, der mit Lilien,
Stachelschweinen und Rosen bestickt war. Aufmerksam und höflich, wie er war, hatte der König angeordnet, dass Englands Wappen neben dem von Frankreich stehen sollte.
Zum Klang von Jagdhörnern und den begeisterten Vivats der fähnchenschwenkenden Menge zog die Prinzessin in die Stadt ein. François wich nicht von ihrer Seite, Louis XII. hielt sich rechts neben ihr. Suffolk ließ sich nicht entmutigen und ritt so dicht hinter seinem Schützling, dass der Stirnpanzer seines Pferdes bei jedem Schritt den Federbuschen von François’ Hengst berührte.
Louise entging nicht die kleinste Kleinigkeit, und sie ballte wütend die Fäuste. Wie hatte das nur passieren können? In zwanzig Jahren war kein direkter Thronerbe geboren worden, und nun schien es plötzlich innerhalb weniger Tage möglich, dass sie all ihre Hoffnungen begraben musste.
Oft genug hatte sie Gelegenheit gehabt zu lernen, wie man seine Nerven beherrschte und seine wahren Gefühle verbarg, und versteckte auch diesmal die geballten Fäuste in den Falten ihrer Robe.
Charles Bourbon trug ein festliches goldbesticktes schwarzes Wams, und seine Blicke wanderten von Mary zu Louise, die ihm Großes versprochen hatte, falls François König von Frankreich würde. Von ihrem Platz zwischen ihrem lieben Suffolk und dem alten König machten der scharlachrote Duc de Valois und der düster gekleidete Duc de Bourbon einen seltsamen Eindruck auf die junge Engländerin.
Offen gestanden wusste sie nicht recht, wohin sie schauen sollte, und ihre großen Wimpern flatterten wie die Flügelchen von Schwalben auf der Suche nach Freiheit. Nachdem sie den alten König ein paarmal verführerisch angelächelt hatte, verging der bereits vor lauter Bewunderung.
Die Hochzeit wurde mit einem prunkvollen Fest und großem Aufwand in Saint-Dénis gefeiert. François wich Mary nicht von der Seite, bot ihr seinen Arm und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab, während Ludwig seine junge Braut mit freudestrahlenden und begehrlichen Blicken überhäufte. Auf einen Schlag schien er seine verstorbene Gattin vergessen zu haben.
Suffolk versuchte immer wieder seine Rechte als ihr Beschützer einzufordern, aber auf dem Schlachtfeld wurde es allmählich eng.
Nach der Trauung wurden Turniere mit Lanzenstechen und Ritterspielen veranstaltet. François wollte der schönen Braut imponieren und forderte seine Freunde und einige andere edle Herren heraus. Hoch zu Ross triumphierte er, versuchte sich aber auch im Lanzenstechen, wo er sich nicht so geschickt zeigte.
Beim Degenkampf maß er sich mit Charles de Bourbon, einem tapferen Krieger, aber mäßigen Fechter, und trug den Sieg davon.
Als er Suffolk herausforderte, ging der mit unverhohlener Freude auf sein Angebot ein, und Hofdamen und Hoffräulein schlossen Wetten ab.
»Setzt auf Euren Gatten, mein Kind«, forderte Louise Claude auf.
Doch die arme Claude schien ratlos. Hilfesuchend sah sie sich nach Marguerite um, die ihr aufmunternd zulächelte.
Als sie sah, dass ihre Schwägerin noch
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