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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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noch nach der Gesellschaft seiner jungen Gattin, vergaß darüber alle königlichen Pflichten und überließ es François, Louise und den Hofräten, die anstehenden Probleme zu lösen. Man regelte also nur die dringlichsten Dinge und ließ eine Weile die Folgen einer Hochzeit unbeachtet, über die so viel geklatscht wurde.
    Eigentlich hätte sich Louise im siebten Himmel fühlen müssen, schwebte da nicht ständig die Bedrohung wie ein Damoklesschwert über ihrem Haupt. François ließ nämlich keinen Vorwand aus, um in Marys Nähe zu sein.
    Im tiefsten Winter fand die Krönung statt, an der Louise schweren Herzens teilnahm. Der Einzug ins jubelnde Paris, das
sich mit flatternden Fahnen geschmückt hatte, geschah unter den Augen eines feierfreudigen Publikums. Paris war eine heitere, vergessliche, begeisterungsfähige Stadt – gestern noch hatte man den Tod von Königin Anne beweint, heute wollte man die neue Königin begrüßen.
    Am Stadttor Saint-Dénis mischten sich rote Rosen und weiße Lilien um sprudelnde Fontänen, als Symbol für die neue Harmonie zwischen Frankreich und England. Die Musik spielte fröhliche Weisen, Fanfaren, Trommeln und Trompeten ertönten, und die Hellebardiere gingen in Reih und Glied und reckten ihre Lanzen, auf die man rote Rosen gesteckt hatte, in den Himmel.
    Im Jubelrausch und schier unersättlich forderte die Hauptstadt die Anwesenheit des Königspaares, das sich im düsteren Château des Tournelles einrichten musste. Gott, wie schrecklich trist war dieser Palast im Vergleich zu den heiteren Loireschlössern! Wie sehr vermisste Louise hier Luft und Licht!
    Marguerite, die den Auftrag hatte, ihren Bruder zu überwachen, war deshalb ebenfalls nach Tournelles umgezogen. Aus Sorge um den fatalen Leichtsinn ihres temperamentvollen Bruders bemühte sie sich nach Kräften, ihn von einem Treffen mit Mary abzuhalten.
    Als Louise eines Morgens miterlebte, welche Mühe ihre Tochter hatte, François zu überzeugen, bekam sie einen Zornausbruch, wie ihn ihr Sohn noch nicht an ihr erlebt hatte.
    »Ihr müsst blind oder dumm sein, François! Seht Ihr denn nicht, dass Euch diese Frau um die Krone bringen kann? Was habt Ihr eigentlich im Kopf? Ein Spatzenhirn oder die Intelligenz eines Dorfdeppen?«
    François war von ihrem Ausbruch vollkommen überrascht.
Fassungslos starrte er Louise an und brachte keinen Ton heraus. Noch nie hatte ihn seine Mutter privat gesiezt.
    Marguerite sprang erschrocken auf. Auch sie hatte ihre Mutter noch nie mit so zornigen Augen und hochrotem Gesicht gesehen. Sie musste schrecklich verärgert sein, wenn sie dermaßen die Kontrolle verlor.
    »Macht Euch bitte keine Sorgen, Mutter!«, stammelte François wie vor den Kopf geschlagen. Aber Louise ließ sich nicht beruhigen, steigerte sich vielmehr erst richtig in ihre Rage.
    »Euer Leichtsinn und Eure Dummheit sind unerträglich! Als Edelmann könnt Ihr jedes Mädchen haben, aus gutem Hause oder nicht, und sie werden Euch noch auf einem silbernen Tablett serviert. Mit einer Ausnahme: Mary von England ist für Euch tabu!«
    Nervös lief sie im Zimmer auf und ab, blieb kurz vor dem Fenster stehen, kam aber gleich wieder zu ihrem Sohn zurück.
    »Diese Mary ist nämlich zufällig, was ich im Übrigen zutiefst bedaure, die neue Königin von Frankreich.«
    »Mutter, bitte!«, versuchte es François, »ich habe doch nur …«
    »Ihr habt Euch nur wie ein Idiot aufgeführt«, unterbrach sie ihn schroff. »Euer Leichtsinn kann Euch ganz schnell auf unser altes Schloss in Cognac zurückschicken, mein Sohn.«
    »Mutter hat recht, François«, mischte sich Marguerite ein, klang aber nicht so streng wie ihre Mutter. »Oder möchtest du etwa zurück in die Mittellosigkeit?«
    Der junge Mann wollte etwas entgegnen, zögerte aber. Er ging ein paar Schritte auf und ab, zog seine Jacke aus und warf sie nervös auf den Sessel, auf dem Marguerite eben noch gesessen hatte.
    Schließlich sagte er kleinlaut: »Ich habe doch nur …«
    »Ja, Ihr habt sie doch nur angesehen!«, kreischte seine Mutter mit einer wutverzerrten, fremden Stimme.
    Wütend schob sie eine Locke, die sich in ihr Gesicht verirrt hatte, unter die Haube zurück, ehe sie sich vor lauter Ungeduld die Haube vom Kopf riss. Das hatte sie noch nie in Gegenwart ihrer Kinder gemacht. Ihre ehemals blonden Haare waren inzwischen aschfarben, und ein paar graue Strähnchen betonten ihre Blässe.
    »Euer Bruder ist ein Dummkopf geworden«, schimpfte sie an Marguerite gewandt. »Er

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