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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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»Hier kommt die Stärkung. Trinken wir auf die Gesundheit unseres neuen Königs!«
    »Was wirst du zu diesem Tag in deine Annalen schreiben, Robert?«, fragte François.
    La Marck hatte einen Schluckauf. Er stand auf, machte eine große Verbeugung, starrte ein Weilchen in das lodernde Kaminfeuer und begann zu singen:
    »Mary kam zum Essen und zum Trinken, den guten alten König ließ in Liebe sie versinken. Doch die Zeiten ändern sich, nun ist sie in François verliebt – der schon in ihrem Bettchen liegt .« Natürlich hatte der junge Mann die letzten beiden Zeilen weggelassen, als die Comtesse d’Angoulême von ihm wissen wollte, was sich die Leute so erzählten.
    Doch anstatt nun im Chor das Liedchen anzustimmen, das alle Humoristen in Paris vortrugen und das überall in den Straßen der Hauptstadt gesungen wurde, stand François plötzlich auf.
    »Lasst den Unsinn. Wir brechen auf!«, erklärte er.
    »Bei dem Wetter!«, rief der Wirt. »Sire, Ihr werdet im Schnee versinken!«
    »Und was ist mit unseren Kameraden, die uns die Nachricht gebracht haben? Haben sie es etwa nicht geschafft?«
    »Doch, schon«, musste Montmorency zugeben, »aber glaubst du nicht auch, es wäre besser, wir blieben die Nacht noch hier, François?«
    »Nein, wir brechen sofort auf«, beendete François die Diskussion.
    Bonnivet, der seinem Freund wie ein Schatten folgte, erhob sich ebenfalls schwankend.
    »Wenigstens werden wir bei dem Schneesturm da draußen wieder nüchtern, Freunde.«
    Bonnivet war für jedes Abenteuer zu haben, ob es nun François’ Ideen oder seine eigenen waren. Nachdem die reitenden Boten mutig Wind und Wetter getrotzt hatten, wäre es ziemlich peinlich gewesen, wenn sie jetzt kneifen würden.
    »Ich muss so schnell es geht zu meiner Familie. Also, Beeilung, Freunde!«
    Als sie noch Kinder waren, durfte François nicht immer bestimmen. Oft hatte La Marck ein Spiel vorgeschlagen, Chabot hatte dagegen protestiert und Montmorency die Entscheidung getroffen. Mit den Jahren hatte sich François aber immer mehr durchgesetzt. Irgendwann äußerte er nicht mehr Wünsche, sondern Anweisungen, die zu befolgen waren, und als Louis XII. die jungen Männer nach Blois holte, wurde François sofort zu ihrem Anführer.
    Es hatte zwar aufgehört zu schneien, war aber eisig kalt, und unsere tapferen Ritter hatten einige Mühe, das Loireufer zu erreichen. Doch da sie es sich nun mal in den Kopf gesetzt hatten, und es mehr brauchte als einen einfachen Schneesturm, um sie aufzuhalten, kamen sie vier Stunden später in Blois an.
    François hatte sich den ganzen Weg eng an sein Pferd geschmiegt,
um weniger zu frieren. Beim Anblick von Château de Blois richtete er sich auf.
    »Mein guter Jason«, lobte er sein Pferd und tätschelte ihm den Hals. »Heute hast du dir eine doppelte Portion Hafer verdient. Du bist ja gelaufen wie ein Junger!«
    »Also los, Freunde, geht mit Euren Waffenbrüdern feiern!«, rief er ihnen zu. »Trommelt sie alle zusammen – Schildknappen, Bogenschützen, Hellebardiere und Büchsenschützen –, und lasst es Euch verdammt noch mal gut gehen! Ich komme zu Euch, sobald ich erledigt habe, was mir auf den Nägeln brennt.«
    »Richte meiner Mutter und meiner Schwester aus, dass ich eingetroffen bin. Ich müsse nur noch etwas erledigen, was mir sehr am Herzen liegt«, sagte er zu Guillaume, ehe er seinem Pferd die Sporen gab.
    Sein Reitknecht war bereits zur Stelle und nahm ihm Jason ab.
    »Reib ihn schön trocken und gib ihm ordentlich zu fressen.«
    Er fuhr Jason mit der Hand durch die Mähne und strich ihm zärtlich über die Nase.
    »Bis später, alter Freund, bis später. Wenn mein Besuch erfolgreich ausgeht, werden wir beide König.«
    Mit großen Schritten eilte er durch die Gänge des alten Schlosses, in denen es kalt und zugig war, was ihm aber gar nicht richtig auffiel. Angestrengt dachte er darüber nach, wie er das bevorstehende Gespräch beginnen sollte. Er lief durch die Galerie im obersten Stock, betrat den Innenhof und stürmte beinahe zu den Gemächern von Königin Mary.
    An der Treppe zu ihrer Zimmerflucht wurde er von den Wachen aufgehalten.
    »Führt mich zu Mary von England!«, verlangte er energisch.
    Die französischen Gardisten waren überrascht, gehorchten aber und ließen ihn passieren. An der Tür zu ihrem Vorzimmer stellten sich ihm dann aber die Zofen der Königin und ihre englischen Lakaien in den Weg. François sprach zwar etwas Italienisch und Spanisch, aber viel zu schlecht

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