Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
Englisch, um mit Dienstboten zu diskutieren, die seine Sprache nicht verstanden.
»Führt mich zu Mary von England«, verlangte er zum wiederholten Male von der Kammerfrau.
Da die Bedienstete abweisend den Kopf schüttelte und ihm mit ihrem grazilen Körper den Weg verstellte, versuchte François herausfinden, ob sie seine Frage nicht verstand oder ob sie ihm nicht gehorchen wollte.
Schließlich schob er sie zur Seite und murmelte: »Dann eben nicht, ich werde sie auch allein finden«, öffnete eine Tür nach der anderen und durchsuchte alle Zimmer.
Lange musste er nicht suchen, weil die erschrockene Kammerfrau zum Zimmer der Königin lief und sich mit ausgestreckten Armen davor stellte, um zu verhindern, dass der Duc de Valois den Raum betrat.
François betörte die junge Frau mit seinem verführerischen Lächeln und entfernte ganz behutsam ihre Arme von der Tür, und sie war so verdutzt, dass sie ihn ins Zimmer ihrer Herrin ließ.
Er traf Mary auf einem niedrigen, schmalen Bett liegend an. Ihr seidiges blondes Haar fiel ihr offen über die Schultern, und sie trug ein dünnes rosa Satinkleid mit goldenen Borten.
Sie sah ihn mit ihren hübschen Porzellanaugen an, schien sich nicht über sein Erscheinen zu wundern und lächelte. François machte eine tiefe Verbeugung. Auch wenn er gleich über ein heikles Thema reden wollte, vergaß er darüber doch nicht seine gute Erziehung.
»Bitte verzeiht, Madame, dass ich so unangemeldet in Eure Gemächer eindringe, aber ich hatte keine Wahl. Der König ist tot. Das wisst Ihr sicher bereits. Und ich muss nun auf der Stelle wissen, ob ich mich zum König von Frankreich erklären kann.«
Mary lächelte weiter und räkelte sich genüsslich wie eine kleine Katze in der Sonne. Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar, seufzte sehnsüchtig und spitzte ihren hübschen kleinen Busen. Dabei wurde ihr Mund noch runder und weich und verlangend. Ein Mund wie ein Herz, der für François noch zwei Tage zuvor den Gipfel der Glückseligkeit bedeutet hätte.
»Ich kenne keinen anderen König als Euch, Sire«, antwortete sie leise.
Er musterte sie misstrauisch.
»Was fürchtet Ihr, Monseigneur?«, fragte sie und fixierte den jungen Herzog mit ihren blauen Augen.
»Was ganz Frankreich fürchtet«, gab er zur Antwort.
»Und was fürchtet also ganz Frankreich so sehr?«
»Dass Ihr guter Hoffnung seid, Madame.«
Sie erhob sich bedächtig.
»Aber ich bin guter Hoffnung!«, erklärte sie.
»Mit einem Dauphin oder mit einem Bastard?«
Sie überging die Beleidigung und antwortete ganz ruhig: »Was für eine Frage, mein Herr! Natürlich erwarte ich einen Dauphin. Habt Ihr etwa vergessen, dass ich Königin von Frankreich bin?«
»Seid Ihr nicht vielmehr eine galante Königin?«
Zu spät fiel ihm ein, dass sie vermutlich nicht alle Feinheiten der französischen Sprache kannte und gar nicht wusste, was dieser Ausdruck bedeutete. Als sie nichts sagte, schickte er noch eine Erläuterung nach:
»Eine galante Königin, die ihr Fähnchen nach dem Wind richtet und sich nicht an Konventionen hält.«
Die junge Königin schien ihn nicht zu verstehen, und François bekam es mit der Angst. Blitzartig erinnerte er sich an alle Ratschläge, die ihm seine Mutter gegeben hatte, und an den einen, einzigen Zornesausbruch von ihr, den er über sich ergehen lassen musste.
François war im Zweifel, was er glauben sollte. Wenn Mary tatsächlich schwanger war, hatte er alles verloren – Ruhm, Thron, Krone –, verloren für immer.
Plötzlich zeigte sich, dass er sich getäuscht und Mary seine Anspielungen sehr wohl verstanden hatte.
»Was, wenn mich der Wind in Eure Arme treiben würde, François?«
Er war fassungslos, und sein Blick irrte durch den Raum, ohne dass er eine Antwort auf ihre kühne Frage gefunden hätte.
»Dieser Wind hätte Euch schließlich beinahe die Krone gekostet.«
»Beinahe?«
»Verstoßt Claude de France und heiratet mich. Dann ist mein Dauphin auch der Eure.«
François d’Angoulême war sprachlos.
Was für ein unglaublicher Vorschlag! Er musste sich erst wieder fassen. Er liebte seine junge Gattin zwar nicht leidenschaftlich, aber er achtete sie und schätzte ihre zahlreichen guten Eigenschaften. Sie war sanft und ehrlich, und das Volk würde sie als eine gute und gerechte Königin von Frankreich verehren.
»Hat nicht auch Euer Vorgänger, mein heute verstorbener Gatte, seine erste Frau verstoßen?«
Sie dehnte sich.
»Wie hieß sie noch mal? Ach, ja, Jeanne de
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