Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
Nachbarin.
»Danke der Nachfrage«, meinte Louise und lächelte amüsiert. »Zu schade, dass wir die Hochzeit nicht in der wärmeren Jahreszeit feiern konnten.«
Sie lächelte, weil sie das Gesprächsthema belanglos fand; dessen war sich Jean Brinon durchaus bewusst. Aber offenbar wollte er die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen: Endlich konnte er Louise in ein Gespräch verwickeln.
»Der Tag an Eurer Seite verspricht strahlend schön zu werden«, sagte er leise.
Nicht unempfänglich für das Kompliment schenkte sie ihm ein beinahe verführerisches Lächeln, wurde aber sogleich von einem unsanften Tritt mit dem Fuß an die Gegenwart ihres geliebten Charles de Bourbon erinnert.
»Strahlend schön ist heute vor allem meine Tochter, Monsieur Brinon«, ließ sie es sich dennoch nicht nehmen zu antworten.
Dann wanderte ihr Blick langsam zu Charles, und während sie den Kragen hochzog, sagte sie leise zu ihm: »Meine Tochter ist wirklich eine Schönheit. Ich glaube, der ganze Hof bewundert sie.«
Weil Charles nicht antwortete, sondern mit finsterer Miene das
Treiben vor den Tribünen beobachtete, beschloss sie ebenfalls zu schweigen und an Marguerite zu denken, die sich in Zukunft ihre Zeit penibel würde einteilen müssen. Sie hatte nun ihre Pflichten gegenüber einem Ehemann und einem Bruder zu erfüllen, die sich dafür indirekt gegenseitig zu Diensten sein sollten.
Klug und nachdenklich wie sie war, hatte Louise bereits zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen getroffen. So hatte sie zum Beispiel nicht nur einen Informanten bezahlt, um alles über Jean Brinon zu erfahren, ehe sie ihm ihr Vertrauen und ihre Zuneigung schenkte. Denn wenn sich Marguerite am Hof in Blois aufhalten musste, wenn ihr Mann Krieg führte, brauchte sie einen vertrauenswürdigen Ratgeber, der sich zuverlässig um die Verwaltung ihrer normannischen Besitztümer kümmerte. Und nach allem, was sie bisher in Erfahrung gebracht hatte, wusste sie, dass Jean Brinon von einigen Kleinigkeiten abgesehen dieser Mann sein könnte.
Als sie daran dachte, dass es nur von Vorteil wäre, wenn sie der zukünftige Berater ihrer Tochter anziehend fand, musste Louise unwillkürlich lächeln.
Marguerite musste noch so viel lernen. Louise war sich darüber im Klaren, dass sie nur für ihre philosophische und kulturelle Bildung gesorgt hatte. Ihre Tochter war sehr gebildet, doch sie kannte weder das verwirrende System noch die Schwierigkeiten, die bei der Verwaltung einer Domäne entstehen können. Mit sechzehn konnte man kein Reich führen – auch wenn es nur ein Provinzthron war.
Louise vergaß die Sorgen um ihre Tochter, ließ ihren Blick über das immer lebhaftere Publikum schweifen und beschloss, für den Augenblick zu genießen, dass sie gefiel.
Die Zuschauer johlten begeistert, während die Jagdhörner nun schwiegen.
»Was hieltet Ihr davon, wenn einer der Ritter Eure Farben tragen würde, Gräfin?«, fragte Brinon und nahm ihre Hand.
Charles de Bourbon bedachte ihn mit einem spöttischen Blick, ehe er seinerseits fragte: »Ihr würdet doch wohl bei diesem Turnier zu Ehren von Marguerite die Farben des Burgund tragen wollen, Louise?«
»Wie Ihr schon sagt, geht es hier um Marguerite, nicht um mich«, gab die Gräfin zur Antwort. »Überlassen wir die Entscheidung also ihr und fragen sie, was sie möchte.«
»Gewiss wählt sie die Farben ihres Gatten?«, meinte Brinon.
Louise lächelte vielsagend.
»Es wäre mir sehr recht, wenn meine Tochter ein letztes Mal die Farben des Hauses Angoulême verteidigen würde, ehe sie sie für die von Alençon aufgeben muss.«
»Aber wir werden ja sehen«, sagte sie wieder an den Herzog von Bourbon gewandt, der sichtlich verärgerter war, als er eigentlich zugeben wollte. »Man schicke jemand zu ihr, um sie nach ihrem Wunsch zu fragen.«
Jean Brinon winkte eine der Wachen zu sich, die mit der Hellebarde in der Hand vor den Tribünen auf und ab marschierten. Der Mann stellte seine Waffe ab und rief nach einem Laufjungen, der für derlei Aufträge zuständig war.
Marguerite wollte sich nicht anmerken lassen, wie sehr sie sich über die Nachricht freute, schwenkte dann aber doch begeistert einen Wimpel mit dem Wappen des Hauses Angoulême in Richtung ihrer Mutter.
Mit einem zufriedenen Lächeln wandte sich Louise an Brinon und sagte leise: »Wie Ihr seht, hatte ich recht. Ich muss nur noch die Farben meines eigenen Hauses verteidigen, und nachdem das heute meine Tochter übernommen hat, bin ich
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