Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
spielte nervös mit dem Knauf seines Schwerts. Irgendwie fühlte er sich neben der dicken Baronin mit ihren unpassenden Bemerkungen unbehaglich.
»Ihr wisst sehr gut, mein Freund, dass ich meinen Mund nicht halten kann. Ob nun gereimt oder nicht, in jedem Fall bereitet es mir die größte Freude, die Hochzeit unserer schönen Marguerite zu kommentieren.«
Mit einem Seufzer wandte sich der Baron an den jungen d’Ornezan: »Sind die Galeeren unseres Königs in einem guten Zustand?«, versuchte er das Thema zu wechseln.
»Lasst doch bitte die königlichen Galeeren, wo sie sind, mein
Freund, und seht Euch lieber mal die kleine de Rohan an, die sich da unten von dem Bastard aus Lüttich umgarnen lässt.«
Diesmal schien die Baronin d’Ornezans Interesse geweckt zu haben, nicht zuletzt weil der Bastard von Lüttich eine sehr hübsche Person neben sich hatte, von deren Anblick er sich gar nicht mehr losreißen konnte.
»Meines Erachtens wird es die Kleine bald bitter bereuen, und ich wette, dass die ›Bretonin‹ uns den Prälatensohn spätestens morgen wegsperrt.«
»Sind die Verdienste des Bastards von Lüttich etwa nicht anerkannt ?«, wollte d’Ornezan jetzt wissen.
Die Baronin lächelte zufrieden, weil es ihr gelungen war, den jungen Mann neugierig zu machen. Irgendwie schaffte sie das immer wieder.
»Und wenn schon, sollte er mit ihr rumhuren, kennt die Königin mit Sicherheit keine Gnade«, antwortete sie so laut, dass der Baron entsetzt hochfuhr.
Doch zum Glück wurden die schmutzigen Bemerkungen der Baronin nun vom mächtigen Hörnerklang übertönt. Banner und Wimpel schwenkend kündigten die Herolde den Auftritt der ersten Ritter an.
Abgelöst wurden sie von einer heiteren Melodie, die die Oboen des königlichen Orchesters anstimmten, bis sie in den Vivatrufen und dem Applaus des Publikums untergingen.
Fröstelnd zog Louis XII. seinen Pelzkragen enger, und Marguerite sah sich nach ihrem Bruder um, der sich gerade mit Charles d’Alençon und Montmorency unterhielt. Ihre Mutter erschien in Begleitung zweier Herren, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.
Auf der einen Seite der Duc de Bourbon, der reiche und
mächtige Herr des Hauses Burgund und überdies ihr junger Geliebter – mit dunklem Teint, schwarzem Haar und braunen Samtaugen. Er hatte sich zu seiner vollen Größe aufgerichtet und taxierte interessiert die Erfolgsaussichten des Ritters, auf den er gesetzt hatte.
Auf der anderen Seite der Siegelbewahrer und Diplomat Jean Brinon, der sich bemühte, ein paar Brocken der Unterhaltung von Louise mit dem Duc de Bourbon aufzuschnappen.
Der vierzigjährige Jean Brinon hatte eine Adlernase, eine hohe Stirn über dichten schwarzen Augenbrauen und trotz seines äußerst jugendlichen Aussehens graue Haare, aber seine blauen Augen blickten heiter und freundlich.
Der Siegelbewahrer missbrauchte weder die Autorität noch die Macht, mit der er die Gräfin d’Angoulême hätte beeindrucken können. Dafür war sie ihm beinahe unendlich dankbar. Einzige Einschränkung: der Gegenstand der Nachforschungen, um die sie ihn am Vorabend ersucht hatte.
Erst vor Kurzem hatte ihn Louise richtig kennengelernt, und nun wusste sie auch, dass einen der Blick seiner himmelblauen Augen wie ein Peitschenschlag treffen konnte, wenn er eine Unstimmigkeit ahnte, die er umgehend geklärt haben wollte.
Wenn er auch nicht näher mit Charles d’Alençon zu tun hatte, so kannte er sich doch mit dessen Angelegenheiten bestens aus, und das Herzogtum Normandie, das er sehr geschickt führte, barg für ihn keine Geheimnisse. Die Städte Laval, Alençon, Mortagne und Argentan, die dazu gehörten, unterstanden dementsprechend seiner uneingeschränkten Herrschaft.
Es war also nur zu verständlich, dass sich der Duc d’Alençon, der in administrativen und diplomatischen Fragen kaum bewandert war und die Ratssäle verabscheute, in denen man über soziale
und politische Probleme debattieren musste, voll und ganz auf die Fähigkeiten seines Kammerherrn verließ.
»Mir scheint, die Kälte wird immer unbarmherziger«, klagte Louise und wickelte sich noch enger in ihr Pelzcape. »Hoffentlich dauert es nicht mehr allzu lange, bis die Spiele beginnen.«
Jean Brinon strich den dicken Stoff seines Mantels, der sich ein wenig zwischen ihn und Louise geschoben hatte, mit der Hand glatt.
»Ist Euer Pelz denn auch warm genug, Gräfin?«, fragte er und rückte auf der mit rotem Samt gepolsterten Bank noch näher zu seiner
Weitere Kostenlose Bücher