Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
mir nicht erzählt, dass sein Onkel, Kardinal Georges d’Amboise, einer der engsten Freunde unseres Königs Ludwig war?«
Doch Alix wollte sich nicht weiter über die Familie d’Amboise auslassen und brachte die Sprache wieder auf die königlichen Tapisserien.
»Es ist jedenfalls eine der letzten kleinen Werkstätten, die direkt zu einem Schloss gehören. So etwas gibt es sonst gar nicht mehr. Sogar in Tours wurden sie alle in Seidenmanufakturen umgewandelt. Alle jungen Teppichweber wollen nach Paris, und du weißt ja, wie schwer es einem die Mortagne machen, wenn man sich als junger Weber in der Touraine niederlassen will.«
Sie trat noch einen Schritt zurück.
»Ich verspreche dir, ich komme so schnell es geht zurück. Und wenn du dann wiederhergestellt bist, machen wir uns endlich an die Grotesken von Raffael.« Mathias seufzte und musste lächeln, obwohl er nicht ganz zufrieden war. Immerhin hatte die Abwesenheit von Alix diesmal den Vorteil, dass er ungestört seine Suche nach der Frau beginnen konnte, die das Kind geraubt hatte, auch wenn er dazu nach Paris musste, weil sie sich angeblich dort aufhielt. 6)
Er kam allmählich wieder zu Kräften, und wenn Léo die bequemste Kutsche nahm und vorsichtig fuhr, würde er die Fahrt schon aushalten und hoffentlich vor Alix zurück sein.
Paris machte Mathias keine Angst. Während Alix’ langen Reisen war er oft allein nach Paris gefahren, um die Arbeiten zu überwachen, die sie an Webereien im Faubourg Saint-Jacques abgegeben hatten. Und sollte er wirklich Hilfe brauchen, so hatte er in der Hauptstadt mehr als einen Freund, der ihn gern wiedersehen und ihm seine Unterstützung anbieten würde.
Mathias war fest entschlossen, diese Frau Béraude zu treffen, die Valentines Zwillingsschwester in Italien entführt und an eine adelige Dame in der Normandie verkauft hatte. Und er wollte nicht ohne den Namen dieser Frau und ihren genauen Aufenthaltsort wieder nach Hause kommen.
Mathias fühlte sich um Jahre zurückversetzt in eine Zeit, als er nur überleben konnte, weil er so pfiffig und schlau mit allen Schwierigkeiten des Alltags fertig wurde. Er hatte keine Bedenken, Nachforschungen anzustellen und mit List und Tücke vorzugehen und würde alles tun, um sein Ziel zu erreichen. Und falls er nicht vor Alix zurück sein sollte, wäre seine Rückkehr nur umso beeindruckender, weil er dann den Schlüssel zu dem Geheimnis besäße, das die Nächte der kleinen Valentine so schrecklich verdüsterte.
Gemächlich ritt Alix am Flussufer entlang. In wenigen Stunden erreichte sie Amboise und den »Goldenen Hahn«, ein Gasthaus in der Stadtmitte, in dem sie mit Charles verabredet war.
Der Weg war so bequem zu reiten, dass sie schneller als erwartet in Amboise eintraf. Im Hof vom »Goldenen Hahn« wartete Charles’ Pferd Beau Sire geduldig auf die Rückkehr seines
Herrn, und ein Stallknecht kam angelaufen, um Alix die Zügel abzunehmen.
»Darf ich meine Stute neben dem Pferd des Herzogs von Amboise anbinden?«, fragte ihn Alix.
Sie saß ab und stellte Césarine neben den Rotfuchs, der sehr erfreut über den Anblick der weißen Stute schien, mit der er schon einige Strecken über italienische Straßen galoppiert war.
»Dann begrüßt euch mal schön«, meinte Alix und tätschelte erst Césarine und dann dem Rotfuchs, der aufgeregt tänzelte, den Hals. »Wir kommen bald wieder. Ich habe nämlich nicht die Absicht, mich lange in diesem Gasthaus aufzuhalten, genauso wenig übrigens wie auf dem Château de Chaumont.«
Wollte sie sich selbst davon überzeugen, möglichst schnell nach Tours zurückzukehren, oder dachte sie noch über ihr Zögern nach?
Kaum hatte sie ihr Pferd angebunden, kam Charles mit ausgestreckten Armen und einem breiten Lächeln auf sie zu. In seinem gelben Wams mit passenden violetten Strümpfen wirkte er elegant wie immer. Charles d’Amboise genügte es aber nicht, elegant auszusehen, er wollte sich auch stets von den anderen unterscheiden und gab sich gern als Edelmann und Künstler in einem, wobei er sich besonders in der Rolle des Mäzens gefiel.
»Glaubt Ihr mir, wenn ich gestehe, dass ich bis zum allerletzten Augenblick befürchtet habe, Ihr könntet Euren Besuch absagen?«
»Nein!«
»Oh, warum denn nicht?«
»Weil Ihr Euch Eurer Sache sehr sicher scheint, Seigneur d’Amboise, seit wir uns im Val de Loire auf Marguerites Hochzeit getroffen haben.«
»Wisst Ihr eigentlich, dass Charles d’Alençon, ihr glücklicher Gatte und einer
Weitere Kostenlose Bücher