Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
servierte ihm die Bertille manchmal sein Essen. Meistens aß er aber zusammen mit Alix, Pierrot, Léo und dem kleinen Nicolas.
Sie kam an dem zweiten Anbau mit den Kammern für die Männer vorbei, lauter bescheidene, kleine Zimmer, in denen sich aber alle Bewohner wohlfühlten. Dieser Anbau lag gleich neben dem Stall, wo Léo einen Großteil seiner Zeit verbrachte, und einem Lager für Wolle, Garne, Leinwand und verschiedene andere Gerätschaften, das Pierrot in Ordnung hielt.
Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass alles in Ordnung war, klopfte sie bei Mathias. Der war trotz seiner Verletzung schon wieder auf den Beinen und bat sie mit einem abwartenden
Blick herein. Alix wirkte ausgeglichen, sie schien weder besonders fröhlich noch über die Maßen besorgt.
Sie ging auf ihn zu und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Zu gern hätte er sie an sich gedrückt, unterließ es aber, weil er wusste, dass sie dazu nicht bereit war.
»Hast du noch Schmerzen, Mathias?«, fragte sie und trat einen Schritt zurück.
»Nein, die Wunde wurde gut versorgt. Ich dürfte eigentlich kein Fieber mehr bekommen.«
Das Messer hatte zwar zum Glück keine Organe getroffen, aber Mathias’ Wunde war tief, nur notdürftig verschlossen und vermutlich mit Krankheitskeimen aus dem Flusswasser verunreinigt, in dem er viel zu lange zugebracht hatte, weshalb er mehrere Tage so heftig delirierte, dass Alix um sein Leben gefürchtet hatte.
»Die Wunde scheint allmählich zu heilen, aber der Doktor sagt, dass du sehr viel Blut verloren hast. Lieber Himmel! Wie gut, dass Léo gerade in der Nähe war, als es passiert ist!«
Mittlerweile hatte man sich nämlich darauf geeinigt, Alix eine andere Version der Geschichte zu erzählen. Léo wurde in das Geheimnis um den zweiten Zwilling, der irgendwo in der Normandie sein sollte, eingeweiht. Selbst viel zu sehr in die Geschichte und deren Anfänge verwickelt, weil er auch in Florenz dabei gewesen war und Tanias Bruder kannte, hatte er Mathias versprochen, Alix nichts zu verraten, solange das Kind nicht gefunden war.
Von Tania war in dieser Hinsicht natürlich nichts zu befürchten, und noch weniger von Théodore. Mathias war also angeblich von einem Übeltäter angegriffen worden, einem Landstreicher oder Räuber oder einem der Weber aus Tours, mit denen Alix noch immer Streit hatte.
»Du musst jedenfalls vorsichtig sein«, sagte sie zu Mathias. »Wenn wir nicht herausfinden, wer dich überfallen hat, könnte es immerhin auch der üble Mortagne gewesen sein, der vermutlich damals unsere Werkstätten in Brand gesetzt hat.«
»Diesmal halte ich die Mortagne nicht für die Übeltäter. Bestimmt war es irgendein Verbrecher, der sich längst davongemacht hat. Diese Banditen bleiben nie lange in der Nähe des Tatorts. Mach dir also deshalb keine Sorgen! Es hätte viel schlimmer kommen können. In ein paar Tagen kann ich wieder arbeiten.«
Mit seinen großen blauen Augen sah Mathias sie so lange eindringlich an, dass Alix schließlich den Blick senkte, weil sie sich jetzt auf keine sentimentale Auseinandersetzung einlassen wollte.
»Wirst du lange in Chaumont bleiben?«
»Nein, nur so lange, bis ich gesehen habe, was mir der Duc d’Amboise zeigen will. Ich weiß nicht einmal, wie groß seine Werkstätten sind, in denen man mit der Arbeit an einem großen Ensemble mit typischen Szenen aus dem Ritterleben begonnen hat, wie er sagt.«
»Ich dachte, du wolltest keine Millefleurs mehr weben und dich mehr den bildlichen Darstellungen der Renaissance zuwenden ?«
»Das stimmt, bedeutet aber nicht, dass alles Alte deshalb schlecht sein muss. Die Millefleurs sind im Val de Loire immer noch sehr beliebt, besonders bei den Provinzfürsten.«
Mathias hatte keine Lust, eine Diskussion über die Arbeit zu beginnen, sondern wollte mehr über den Herzog von Amboise erfahren, den er nicht kannte und wie den Teufel fürchtete.
»Sind seine Werkstätten denn von großer Bedeutung?«
»Das würde mich wundern, weil man nicht viel von ihnen hört.«
»Immerhin scheinen sie bedeutend genug zu sein, um königliche Kundschaft anzuziehen.«
»Da hast du allerdings recht«, nickte Alix zustimmend. »Natürlich interessieren sich die Könige für Teppiche, auf denen die Freuden des höfischen Lebens dargestellt sind. Trotzdem vermute ich, dass es sich um kleine Werkstätten handelt.«
»Und ich glaube, dass du dich täuschst. Dieser Duc d’Amboise ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten von Frankreich. Hast du
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