Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
meiner besten Kampfgefährten, mich auf sein Schloss in der Normandie eingeladen hat?«, sagte er und strahlte Alix an.
»Und wisst Ihr eigentlich, dass Marguerite d’Angoulême, verheiratete Herzogin von Alençon, mich auf ihr neues Schloss eingeladen hat, damit ich dort die Dame und das Einhorn bewundern kann, Teppiche, die in meiner Werkstatt entstanden sind und die ihr ihre Mutter zur Hochzeit geschenkt hat?«
Sie mussten beide lachen, und er nahm ihre Hand und ließ sie nicht mehr los.
»Heißt das nicht, wir könnten dort gemeinsam unsere Aufwartung machen?«
»Das ist eine andere Geschichte. Im Augenblick bin ich nur hier, um Eure Werkstätten auf Château de Chaumont zu besuchen.«
Charles gab ihr einen Handkuss und half ihr dann sehr galant aufs Pferd. Beau Sire tänzelte bereits unruhig vor Freude, weil er an Césarines Seite traben durfte. Bevor Charles die Zügel nahm, wandte er sich noch einmal an Alix.
»Ihr täuscht Euch, wenn Ihr glaubt, ich wäre meiner Sache sicher. Ehrlich gesagt habe ich nach unserer beschwerlichen Reise durch Italien nicht auf ein Wiedersehen zu hoffen gewagt.«
»Als Ihr mich in Lyon zu meinem Freund, dem Domherrn André Mirepoix, brachtet und Euch dort verabschiedet habt, sagte ich doch, dass wir uns wiedersehen werden.«
»Das stimmt nicht ganz, schöne Alix! Ihr sagtet ›vielleicht‹, und dieses kleine Wort ließ mir nicht viel Hoffnung. Nein, ich habe wirklich nicht daran geglaubt! Genauso wenig daran, dass Ihr heute kommen würdet. Ihr seid so unerreichbar!«
Alix nahm die Zügel, und Césarine setzte sich in Bewegung.
»Und was Euer Selbstbewusstsein anbelangt, seid Ihr geradezu unschlagbar«, fuhr er scherzhaft fort.
»Was soll diese Bemerkung, Charles?«
»Ich will damit sagen, dass Euch nicht einmal der König beeindrucken kann.«
»Dabei zweifle und zögere ich oft genug. Der beste Beweis ist, dass ich mir jetzt noch nicht sicher bin, ob ich Euch folgen soll.«
»Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«
»Das wisst Ihr sehr gut«, meinte sie und strich ihrem Pferd über den Hals. »Weil ich nicht weiß, wohin dieses Abenteuer führt. Ist Eure Gattin wieder zu Hause?«
»Nein, sie kommt nur sehr selten nach Chaumont. Das Schloss ist ihr viel zu wenig komfortabel.«
»Letztes Mal habt Ihr aber etwas anderes gesagt.«
»Letztes Mal wusste ich auch noch nicht, dass Ihr heute wirklich kommen würdet.«
»Heißt das etwa, Ihr seid ein Lügner, Seigneur d’Amboise? Ein Lügner in Gestalt eines Charmeurs!«
Charles zuckte unmerklich zusammen und schien rot zu werden, was aber auch an der einsetzenden Kälte liegen konnte.
»Machen wir uns auf den Weg, Charles. Von einem Aufenthalt in diesem Gasthaus war jedenfalls nie die Rede.«
Sie nahmen den kürzesten Weg, an der Loire entlang. Amboise lag auf halbem Weg zwischen Tours und Chaumont, und ohne Pause würden sie das Schloss in ein bis zwei Stunden erreichen. Musste sie sich dann erst höflichkeitshalber auf einen Spaziergang am Fluss einlassen, bei dem er wahrscheinlich ihre Hand halten wollte, ehe sie die Werkstätten besuchen und über die Teppiche von Chaumont urteilen könnte?
Der Winter hatte die Landschaft in milchig weißes Licht getaucht. Felder und Wiesen, Hügel und Täler schienen vor dem fernen Horizont ohne Konturen ineinanderzufließen. Es war kalt, und die Pferde gingen ruhig.
»Mir scheint, unsere Pferde verstehen sich sehr gut«, meinte Charles, als er sah, dass Beau Sire Césarine nicht überholen wollte.
»Wahrscheinlich unterhalten sie sich über Italien.«
»Wer weiß! Habe ich Euch schon gesagt, dass Eure Stute ein wunderbares Pferd ist, Alix?«
»Césarine hat auch eine Geschichte, zu allem Überfluss sogar eine Familiengeschichte. Sie ist nämlich die Tochter von meinem guten César III.«
»Und wer ist César III.?«
Jetzt musste Alix lachen. Ein fröhliches, unbeschwertes Lachen, ganz ohne Sorgen und Zweifel. Irgendwie schien sie sich mit einem Mal wohlzufühlen, nachdem sie alle unangenehmen Punkte angesprochen hatte.
»Der Sohn von César II.«
Beide brachen in Gelächter aus, bis Alix atemlos fortfuhr: »Und César II. ist natürlich der Sohn von César I., dem Pferd, das der Mutter von Constance gehört hat.«
»Ihr meint Eure Cousine, Constance de La Trémoille?«
»Ja, genau. Constance hat mir César III. gegeben, ehe sie nach Italien ging. Und Césarine ist die erste reinweiße Stute aus der Linie.«
»Ich kenne Isabelle de La Trémoille. Ein Streit hat
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