Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
mit Juan auf die Suche. Du kennst Byzance noch aus Florenz. Er irrt wie ein Wildpferd in der Gegend zwischen Amboise und Chaumont herum. Ich möchte, dass er noch heute Abend wieder in meinem Stall steht.«
Zwei Tage später kam Mathias zurück. Er machte ein finsteres Gesicht und verlor kein Wort darüber, dass Alix schon zu Hause war.
Mathias nahm Nicolas und Valentine auf den Arm und gab ihnen einen dicken Kuss. Die Kinder plapperten und brabbelten, und Nicolas stellte alle möglichen Fragen, die sein Vater aber nicht beantwortete. Er schien mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein.
»Die Kinder müssen jetzt ins Bett«, entschied Bertille resolut,
weil sie die ungute Stimmung spürte, und Tania war sofort bereit, ihr zu helfen.
»Die Kleinen möchten noch einen Gutenachtkuss«, sagte sie, als sie wenig später zurückkam.
Obwohl sich Bertille nach Kräften um gute Stimmung bemühte, verlief das Abendessen beinahe düster, weil Mathias kein Wort über seine Reise nach Paris verlor. Julio und Angela wussten vor lauter Verlegenheit nichts zu sagen, nur Pierrot erzählte ein paar lustige Geschichten aus der Arbeit.
»Warst du in den Werkstätten am Boulevard Saint-Jacques?«, fragte Alix vorsichtig.
»Ja.«
Sie schluckte. Mathias fuhr sich mit der Hand durch sein dichtes blondes Haar, das im Kerzenschein rötlich schimmerte.
»Hatten sie fertige Teppiche für unser Kontor im Val de Loire?«
»Nein.«
Einen kurzen Moment lang sah er sie unwillig an. Ihr wurde unbehaglich, und sie wagte keine weiteren Fragen zu stellen. Stattdessen wechselte sie das Thema:
»Stell dir vor, ich habe Byzance wieder.«
Mathias warf Tania einen Blick zu. Sie wurde rot und widmete sich wortlos einem Entenflügel, den sie gerade geschickt zerlegte.
»Ich finde, das ist eine äußerst merkwürdige Geschichte«, fuhr Alix an Mathias gewandt fort. »Tania sagte mir, Théodore ist ertrunken.«
Sie hoffte, ihre Blicke würden sich wieder begegnen, damit sich ein Gespräch ergeben konnte, aber Mathias sah nicht von dem Geflügel auf, das ihm die Bertille serviert hatte. Alix ertrug
sein abweisendes Verhalten nicht länger, stand auf und sagte sichtlich verärgert:
»Tania war allerdings nicht sehr gesprächig. Vielleicht verrät sie uns später mehr. Im Moment hüllt sie sich jedenfalls in Schweigen.«
Sie ging ins Kinderzimmer, um den beiden Kindern gute Nacht zu sagen. Valentine schlief schon, aber Nicolas hatte auf sie gewartet. Er hockte auf dem Teppich und spielte mit einem Holzpferdchen. Alix setzte sich neben ihn.
»Sagst du Papa, dass er noch kommen soll?«, bat er und umarmte Alix.
»Ja, mein Engel, das mache ich. Aber jetzt musst du wirklich ins Bett.«
Der Junge gehorchte sofort, und als ihn Alix fürsorglich zugedeckt hatte, verließ sie das Zimmer. Erleichtert über Mathias’ Rückkehr, aber enttäuscht von dem eher frostigen Wiedersehen, setzte sich Alix auf die Bank vor dem Haus und hing ihren Gedanken nach.
Bald sah sie Tania aus dem Haus kommen. Bestimmt traf sie Philippe, um mit ihm einen Spaziergang an der Loire zu machen, wie in letzter Zeit häufig. Nach ein, zwei Stunden kam Tania dann wieder nach Hause, und Philippe ging in die Rue de Sellerie, wo er bei einer alten Dame wohnte, der nach dem Tod von Mann und Kind ihr Haus zu groß und leer geworden war.
Etwas später bemerkte sie Mathias, der aus dem Hintereingang kam und zu seinem Zimmer ging. Offenbar wollte er ihr nicht begegnen. Dass Mathias ihr offensichtlich aus dem Weg ging, alarmierte Alix noch mehr. Jetzt blieb ihr nur noch eins: Sie musste ihn in seinem Refugium aufsuchen und eine Erklärung für sein sonderbares Verhalten verlangen.
Er hatte sich eingesperrt und die Tür vorsorglich verriegelt. Alix klopfte leise.
»Bitte mach auf, Mathias. Ich muss mit dir reden.«
Eigentlich rechnete sie nicht damit, dass er ihr öffnen würde, und überlegte schon, was sie nun tun sollte. Doch dann hörte sie, wie er den Riegel zurückschob, und als sich die Tür einen Spalt öffnete, schlüpfte sie schnell ins Zimmer, ehe er es sich anders überlegen konnte.
Er stand an seinem Arbeitstisch, einen Bogen Pergament, Feder und Tintenfass vor sich. Wollte er gerade einen Brief schreiben? Alix erschrak. War es ihm so wichtig, mit der Frau in Verbindung zu bleiben, die er am Abend zuvor verlassen hatte?
»Was hast du mir zu sagen?«, fragte er und sah sie an.
Unaufgefordert setzte sie sich auf einen der beiden Sessel, aber er blieb stehen. Wie oft
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