Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
hatten sie beide hier lange Gespräche geführt über die Arbeit, den Entwurf für einen Teppich, den geplanten Kauf eines weiteren Webstuhls und natürlich vor allem über Nicolas und Valentine.
»Was hast du mir zu sagen?«, fragte er noch einmal.
»Interessiert es dich gar nicht, wie ich Byzance wiedergefunden habe?«
»Ich kenne das Pferd nicht, vermutlich hast du es in Florenz gehabt«, meinte er nur mit einem gelangweilten Schulterzucken.
Die Antwort verhieß nichts Gutes. Wenn er weiter schlechte Laune hatte oder sogar aggressiv wurde, würde sich Alix nur aufregen, oder sie musste unverrichteter Dinge gehen.
»Jetzt kennst du Byzance aber, weil er im Stall stand, als du nach Hause kamst.«
»Ja, ich habe ihn gesehen. Wie ist er dahin gekommen?«
Alix war fast begeistert über die paar Worte, mit denen er eine Erklärung verlangte, und beeilte sich zu antworten.
»Weil Léo mit dir unterwegs war, habe ich Juan geschickt. Er konnte ihn noch am selben Abend einfangen.«
»Wer hat ihn zuerst gesehen?«
»Ich.«
Mathias wurde geradezu redselig. Trotzig musterte er Alix.
»Und wo war das?«
»In der Nähe der stillgelegten Gerberei.«
»Was hast du da gemacht?«
Plötzlich begriff Alix, worauf er hinauswollte. Entweder riskierte sie mit einer Antwort, das Gespräch abrupt zu beenden, oder sie müsste zugeben, dass sie ihre Beziehung zum Duc d’Amboise beendet hatte.
»Ich wollte die letzten Teppiche nach Chaumont bringen. Das höfische Leben ist beinahe fertig, wir müssen nur noch die Millefleurs für die Galanterien weben.«
Mathias’ Reaktion konnte sie nicht ahnen; sie wusste nur, dass die Erwähnung von Chaumont ein Fehler war, was sie auch sofort bereute.
»Eine günstige Gelegenheit, um mit deinem Geliebten ins Bett zu gehen!«
Wie von der Tarantel gestochen fuhr sie hoch. Sie brachte kein Wort heraus und lief hochrot an vor Zorn, nicht zuletzt weil sie ihm nicht erklären konnte, dass jetzt alles anders war. Doch dann nahm sie sich zusammen und versuchte seinen verständlichen Unmut zu entschuldigen.
»Es ist vorbei, Mathias. Ich werde den Duc d’Amboise nicht mehr sehen.«
»Und wer wird dein nächster Geliebter sein?«
Alix spürte, wie ihr das Blut wieder in die Wangen schoss, versuchte aber ruhig zu bleiben.
»Niemand.«
»Du lügst.«
»Nein!«, schrie sie, »und ich verbiete dir, so etwas zu behaupten.«
Als er hässlich lachte, trat sie einen Schritt zurück.
»Schön bist du, klug und eingebildet«, zischte er. »Und du kannst gar nicht ohne Geliebten sein. Endlich weiß ich, wer du bist. Dein wahres Gesicht offenbart sich in seiner ganzen Hässlichkeit.«
»Mathias!«
Er stürzte sich mit solcher Gewalt auf sie, dass sie erschrocken zur Wand zurückwich. Aber mit einer Wut, die sich seit Langem angestaut hatte, packte er sie und schüttelte sie heftig. In den vergangenen Jahren hatte er seine Sehnsüchte, seine Liebe und seine Triebe so unterdrücken müssen, dass jetzt alles aus ihm herausplatzte, und er explodierte, weil sie ihn, hier in seinem Reich, provoziert hatte.
»Ohne einen Mann hältst du es doch gar nicht aus!«, fuhr er sie an und lachte verächtlich.
Blind vor Wut schüttelte er sie immer heftiger. So hatte sie ihn noch nie erlebt. Dann stieß er sie wieder gegen die Wand. Alix massierte ihre schmerzende Schulter, sah ihn mit schreckgeweitetem Blick an und sagte:
»Was ist nur mit dir los, Mathias? Du tust mir weh!«
Aber er scherte sich nicht um ihre Klagen. Was mit ihm los war, dem klugen, beherrschten Mann, der sich geschworen hatte, Valentines Zwillingsschwester zu finden, von der sie noch nicht einmal wusste? Der nur an Alix’ Glück dachte? Der
in seinen einsamen Nächten von ihrer grenzenlosen Dankbarkeit träumte? Alix würde so froh sein, wenn er erst ihr anderes Töchterchen gefunden hatte, dass sie sich dankbar in seine Arme werfen würde – und er würde sie nie wieder gehen lassen.
Und nun drohte sein schöner Plan zu scheitern. Béraude hatte ihm nur verraten, dass sich das Kind in der Normandie befand, aber nicht wo. Wie sollte er je Licht in diese traurige Geschichte bringen? Das konnte er unmöglich schaffen. Er fühlte sich wie ein Versager, glaubte Alix für sich verloren und behandelte sie dementsprechend wütend.
»Soll ich dir sagen, was mit mir los ist, ja?«, rief er. »Du widerst mich an, mir graut vor dir!«
»Aber …«
»Du bist genauso schamlos wie deine Cousine Constance. Ja, bestimmt habt ihr euch in Florenz
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