Die Blut-Loge
konnte er mit der Kollegin nichts anfangen.
„Hast du schon mal überlegt, wie das mit euch Beiden weitergehen soll?“, fragte er sie einmal vorsichtig beim Essen in der Kantine des Dezernats. „Ihr Zwei lebt in verschiedenen Welten. Außerdem ist der Verdacht gegen ihn noch nicht ganz vom Tisch.“
Evi fuhr ihn ungehalten an. “Welcher Verdacht? Du glaubst doch selbst nicht, dass Ruben Stark es nötig hat, Frauen umzubringen.“
„Ich mach mir halt so meine Gedanken. Auch bei den Reichen gibt es genug Perverse“, gab Thilo zur Antwort.
„Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?“, versuchte Evi, zu scherzen.
Thilo grinste. „Da kann ich doch eh nicht mithalten.“
Wie Recht du hast, dachte Evi und war mit ihren Gedanken schon wieder bei ihrem neuen Freund. Mit vampirischer Überlegenheit erahnte Ruben ihre unterdrückten erotischen Fantasien und entführte sie in eine Welt, die sie bislang nur aus ihren Träumen kannte.
Allerdings hatte sich der Junior Chef des STARK-Konzerns mit seiner neuen Flamme auch den Unwillen seines Vaters zugezogen. „Lass die Finger von der kleinen Polizistin“, warnte Gabriel seinen Sohn, nachdem er von der Liebschaft erfahren hatte. „Ich möchte nicht, dass unsere Pläne gefährdet werden! Ich weiß gar nicht, was du an der Blondine findest. Du stehst doch sonst eher auf die Exoten.“ Damit spielte er auf die Marketingchefin Lilly an, die paar Monate die Gespielin seines Sohnes gewesen war.
Ruben grinste. „Keine Sorge, Vater. Die Kleine ist eine recht angenehme Abwechslung zu den ausgekochten Biestern, die nur auf Geld und Prestige aus sind. Du solltest sehen, wie sie sich von der prüden Beamtin in eine kleine Raubkatze gewandelt hat. Und das verdankt sie nur mir und nicht unserem kleinen „Hilfsmittelchen“. Außerdem ist sie sehr intelligent.“
Gabriel wirkte immer noch zornig. „Genau das macht mir ja Sorgen. Wenn sie auf die Idee kommt, international zu ermitteln, wird sie merken, dass es ähnliche Todesfälle in fast allen Ländern gibt. Also lass diese Spielchen, Ruben!“
„Vielleicht hätten deine Scouts dann nicht die Quellen so offensichtlich liegen lassen sollen“, fuhr Ruben seinen Vater jetzt an. Der sah erstaunt auf. Dieses Aufbegehren war ihm neu.
„Du hast Recht, Ruben“, gab er schließlich zu. „Ich lass mir was einfallen. Es gibt noch genug Krisengebiete, in denen man unauffällig Massengräber anlegen kann, bis uns eine bessere Lösung eingefallen ist. Ich werde das sofort veranlassen.“ Stark wollte gerade zum Telefon greifen, da platzte sein Sohn mit einer weiteren Überraschung heraus: „Wie wäre es denn mit einem Enkel, Vater?“
Gabriel horchte auf. „Du willst sie doch nicht etwa wandeln?“
„Nicht doch, sie wird auch nur eine dieser „Leftovers“ werden, wenn ich mit ihr fertig bin.“
Diesmal musste sein Vater grinsen. „Ich verstehe. Dann warte nicht zu lange damit“, meinte er nur.
Damit war die Diskussion beendet.
In der Tat waren Vampire zu echter Liebe gar nicht fähig. Für sie war Sex pures Vergnügen und diente ihnen lediglich zur Manifestation ihrer Macht über andere. Ruben Stark war da keine Ausnahme. Noch reizte es ihn, den Willen der Kommissarin immer wieder zu brechen. Mal sehen, wie weit er gehen konnte.
* * *
Mit Herzklopfen betrat Evi das riesige, mit schlichten, modernen Stahlmöbeln eingerichtete Büro im Konzerntower. Ruben hatte sie telefonisch nach Büroschluss hierher gebeten, weil er noch Überstunden machen musste.
Sie hatte sich extra schick angezogen und ihr neues Parfüm aufgetragen – ihr Geburtstagsgeschenk von einem unbekannten Gönner!
Evi hatte angenommen, dass alle Angestellten schon gegangen waren, offenbar hatte sie sich geirrt. Rubens Assistentin – eine gut aussehende Frau von Ende Zwanzig mit aufgesteckten, kupferroten Haaren - saß noch am Computer des Vorzimmers. Verlegen grüßte Evi die Sekretärin, die sie mit einem merkwürdigen Blick anschaute. Evi konnte nicht ahnen, dass diese kleine Sekretärin Evis Herzschlag wie elektrische Strömungen wahrnehmen konnte, ähnlich wie ein Rochen im Tierreich. Diese Art „Elektrizität“ wirkte sehr anziehend auf Vampire!
Der Sohn von Gabriel Stark empfing sie diesmal im eleganten Armani-Anzug. Sie kam sich irgendwie unterlegen vor, als Ruben sie anlächelte und ihr einen Platz auf dem weißen Ledersofa anbot, das Besuchern zur Verfügung stand.
An den Wänden des Büros hingen postergroße Bilder
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