Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
Vom Netzwerk:
gewaltigen Gebrüll unter, als nun die Templer nach vorne preschten, um mit an vorderster Front zu kämpfen. Von diesem Moment an wendete sich das Blatt, und die Sarazenen erlitten große Verluste und zogen sich zurück.
    Wieder breitete sich Jubel aus und König Ludwig dankte seinem Herrn und Gott aus tiefster Seele.
    Doch bereits in den darauf folgenden Tagen verließ das Glück die Kreuzfahrer wieder, und eine schreckliche Seuche brach unter ihnen aus, die sich mehr und mehr ausbreitete. Die Schuld daran gab man den Schlammaalen, von denen sich die Kreuzfahrer während der Fastenzeit ernährt hatten. Denn die Schlammaale fraßen die Toten, deren verweste, aufgedunsene Körper neun Tage nach der Schlacht wieder an der Wasseroberfläche aufgetaucht waren, nachdem ihre Galle verfault war.
    Die Kranken verfaulten bei lebendigem Leibe, und die Barbiere mussten ihnen das Zahnfleisch abschaben, damit die Kranken das Essen kauen und hinunterschlingen konnten. Wem die Nase blutete, den hatte der Tod bereits fest im Griff.
    Auch König Ludwig wurde krank. Er fiel mehrmals in Ohnmacht, weigerte sich aber stur, das Heer zu verlassen und auf sein Schiff zurückzukehren. Selbst Joinville, der in größter Sorge um seinen König war, gelang es nicht, ihn umzustimmen.
    „Wenn es Gottes Wille ist, dass ich sterbe, werde ich bei meinem Heer sterben.“ Ludwigs Stimme klang matt. Mit hohlen Wangen lag er auf seinem Lager, umringt von seinen Priestern und Ärzten.
    In dieser Situation wurden sarazenische Gesandte gemeldet, die eine Botschaft des Sultans Aijub überbrachten. In dieser bot er den überraschten Christen an, die Hafenstadt Damiette gegen Jerusalem einzutauschen.
    Robert von Artois rief daraufhin die Fürsten und Barone zu einer Beratung zusammen, an der auch Joinville teilnahm. Der Graf von Artois ergriff das Wort. Er war ein Draufgänger, der außer der Schlacht nur noch die Frauen liebte. Nun blitzten seine dunklen Augen vor Erregung. Ebenso wie sein Bruder verzichtete er während des Kreuzzuges auf prunkvolle Kleidung und trug stets den Waffenrock der Templer, der ihn kaum von den anderen Rittern unterschied.
    „Wie können diese ungläubigen Hunde auf die Idee kommen, dass wir ihr Angebot annehmen? Der Anblick unserer Ritter hat diese hinterhältigen und feigen Bastarde vor Angst erzittern lassen. Wie eine Herde von Hammeln sind sie geflohen, so sehr hat sie unser Anblick erschreckt. Wir werden Ägypten einnehmen und anschließend weiter nach Jerusalem ziehen.“ Seine Stimme erhob sich triumphierend.
    „Deus le volt, Gott will es“, schrie er in die Runde. Die Fürsten und Ritter stimmten in den Schlachtruf mit ein: „Deus le volt, deus le volt, Gott will es“, schallte es überall im Lager.
    Nur Joinville war nachdenklich geworden. Die Nacht hatte sich auf die Zelte herabgesenkt, und mit ihr war die Kälte gekommen. Es war ein merkwürdiges fremdes Land, in dem jeden Abend die Wärme zusammen mit der Sonne verschwand. Der eben noch glühende Sand unter seinen Füßen wurde von einem Moment auf den anderen kalt wie Eis. Trotzdem schien der Himmel diesem Land näher zu sein, denn hier funkelten unzählige Sterne am Firmament, deren Existenz man in der Heimat nicht einmal erahnte.
    Robert von Artois und seine Ritter schwelgten noch immer im Siegestaumel. Aber der in Joinvilles Augen zu leicht errungene Sieg über die Sarazenen ließ sie jede Vorsicht vergessen. Man sollte den Feind niemals unterschätzen, dachte Joinville. Er traute den Muslimen nicht. Sie waren dunkel und fremd und hatten merkwürdige Angewohnheiten. Außerdem konnte man niemals erkennen, ob sie die Wahrheit sprachen oder nicht, wenn man in das tiefe Schwarz ihrer Augen blickte.
    Von einem Dolmetscher hatte er erfahren, dass der Sultan, sobald er Krieg führte, seine besten Krieger als allererstes zu Emiren erhob und sie danach das Heer befehligen ließ.
    Hatten diese jedoch besonders tapfer gekämpft, um ihre Treue zu beweisen, ließ er sie, aus Angst, sie könnten ihn töten oder seinen Thron für sich beanspruchen, gefangen setzen und im Gefängnis umbringen.
    Der Sultan schloss viele Verträge, wenn es zu seinem Vorteil war, doch er brach sie auch genauso schnell wieder, wenn sie ihren Zweck erfüllt hatten. Sein Wort galt nicht mehr als das Wort eines Betrügers.
    Am nächsten Morgen fühlte sich der König besser und rief Joinville und seinen Bruder zu sich. Als er von dem Angebot des Sultans hörte, stimmte er seinem Bruder zu. Ganz

Weitere Kostenlose Bücher