Die Blutgabe - Roman
nach elf Uhr am Abend. Kris musste bereits im Labor sein.
Cedric klopfte mit dem Fuß auf den Boden.
»Sid. Ruf mir Kris her. Ich will ihn sprechen. Sofort.«
Es dauerte kaum zehn Minuten, bis es an Cedrics Tür klopfte und der junge Vampir sein Büro betrat.
»Kris.« Cedric stand auf. »Schön, dass du da bist. Ich nehme an, Pei Lin hat dir die große Neuigkeit schon mitgeteilt?«
Ein Lächeln erschien auf Kris’ Gesicht. »Die Genehmigung ist da«, sagte er.
Cedric wies auf die Sitzgruppe am Fenster. »Sehr richtig. Und ich habe in dem Zusammenhang etwas Vertrauliches mit dir zu besprechen. Setzen wir uns einen Moment. Willst du etwas trinken?«
Kris schüttelte den Kopf und nahm in einem der Sessel Platz. »Danke. Ich bin satt.«
Cedric verengte kurz die Augen, aber er sagte nichts. Er fragte sich, ob er dem Gedanken, dass Kris von Menschen trank, jemals gleichgültig würde gegenüberstehen können. Vermutlich nicht. Obwohl er zugeben musste, dass er sich schon fast an die Tatsache gewöhnt hatte.
Cedric räusperte sich, als ihm klar wurde, dass Kris ihn beobachtete und ganz offensichtlich darauf wartete, dass er zu sprechen anfing.
»Also. Die Sache ist die«, erklärte er und reichte Kris das Schreiben vom Ministerium. »Unser lieber Mr. Hanson hat uns zwar die Genehmigung erteilt. Aber wie du siehst, hat er sie gleichzeitig an eine Bedingung geknüpft. Und über diese Bedingung würde ich gern mit dir reden.«
Er verstummte, um Kris Zeit zu geben, den Brief zu begutachten.
Der jüngere Vampir überflog die wenigen Zeilen. Während er las, legte sich seine Stirn in leichte Falten.
»Wahres Blut«, sagte er schließlich, und seine Stimme klang tief beeindruckt. »Eine harte Bedingung. Man könnte fast meinen, sie hätten uns die Genehmigung nur erteilt, weil sie glauben, dass wir ohnehin keine Menschen mit Wahrem Blut auftreiben können.«
Cedric zog verächtlich einen Mundwinkel in die Höhe. »Das steht zu vermuten. Aber natürlich haben sie nicht damit gerechnet, dass ich einen
Bloodstalker
kenne, der beteuert, auf meiner Seite zu stehen. Oder täusche ich mich?«
Kris hob die Augenbrauen. Seinem Blick war nicht abzulesen, was er dachte.
»Cedric«, sagte er, und in seinen Worten schwang feiner Spott. »Du versuchst doch nicht etwa, mich zu erpressen?«
Cedric verengte die Augen und verkniff sich ein zynisches Lächeln. »Keineswegs. Um ganz ehrlich zu sein: Ich versuche, dich abzuwerben. Dich – und so viele Menschen mit Wahrem Blut, wie du auftreiben kannst.« Er neigte sich nach vorn und stützte die Unterarme auf die Knie. »Hör zu, Kris. Wir stehen hier vor einem riesigen Durchbruch. Und ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass du nicht das wichtigste Mitglied in meinem Team wärst. Du hast mir bis hierher so immens weitergeholfen, dass ich dich trotz allen Wissens,das ich über dich habe, jederzeit unbehelligt ziehen lassen würde. Aber ich will nicht lange darum herum reden: Ich kann dir nicht länger erlauben, Teil dieser Forschungsgruppe zu bleiben, wenn du dich nicht entscheidest, mit den
Bloodstalkers
abzuschließen. Kein Doppelleben mehr. Für White Chapel ist in unserer jetzigen Lage ein solcher Mitarbeiter zu riskant. Ich biete dir an, hier mit Wahrem Blut zu arbeiten – ganz offiziell und legal. Aber nur dann, wenn du ab Beginn der Experimente nicht mehr zu den
Bloodstalkers
zurückkehrst.« Cedric sah Kris eindringlich an. »Diese Entscheidung muss endgültig sein. Unser Antrag hat große Wellen geschlagen beim Ministerium. Ich kann kein Risiko mehr eingehen, jetzt wo wir uns so in den Fokus des Parlaments gedrängt haben. Deshalb werde ich nicht mit dir verhandeln. Aber ich werde deine Entscheidung akzeptieren, wie auch immer sie ausfällt.«
Er lehnte sich wieder in seinem Sessel zurück und musterte Kris’ Gesicht, das während seiner Ansprache zu vollkommener Reglosigkeit erstarrt war. Eine tiefe Falte stand zwischen den Brauen des jungen Biotechnikers. Lange Zeit starrte er in die Dunkelheit jenseits des Fensters, ohne sich zu rühren.
»Auf Insomniac Mansion leben zur Zeit sieben Menschen«, sagte er schließlich langsam. »Sechs davon haben Wahres Blut – und davon wiederum sind drei ungewöhnlich stark. Der siebte ist ein gewöhnlicher Sterblicher.« Kris wandte den Kopf und sah Cedric aus unergründlich dunklen Augen an. »Du warst offen zu mir, Cedric. Ich will auch offen zu dir sein. Ich plane meinen Ausstieg bei den
Bloodstalkers
schon seit einiger
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