Die Blutgabe - Roman
Waschmaschinen und Trockner standen an den Wänden aufgereiht, im gleichen sterilen Weiß wie die Bodenfliesen, der saubere Putz, das Licht der Neonlampen und sogar die Wäschetruhen. Keine der Maschinen war im Augenblick in Betrieb. Aber es roch intensiv nach Waschpulver, Weichspüler und Putzmittel.
Und da, in der Ecke über den Trocknern, war er. Der Eingang zum Lüftungssystem mit den langgestreckten Stahlgittern, genau wie Kris es auf ihrem Plan markiert hatte.
Bruce trat neben Chase. »Wie lange?«, zischte er.
Chase warf einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk. »Zwei Minuten … vierzig.«
Bruce nickte und gab Claire ein Zeichen. Gleichzeitig sprangen sie auf die Trockner und zogen jeder einen kleinen Stift aus ihrem Werkzeuggürtel – Teil ihrer neuen Ausrüstung. Der Kopf des Stifts war beweglich und rotierte auf Knopfdruck, angetrieben von einem winzigen, aber unglaublich starken Motor. Jede noch so fest angezogene Schraube konnte damit schnell und nahezu geräuschlos gelöst werden. Kaum eine Minute später hoben Claire und Bruce eines der schweren Gitter aus seiner Fassung und reichten es an Will und Michael weiter, die es vorsichtig auf dem Boden ablegten.
Hinter dem Gitter kamen vier Ventilatoren zum Vorschein, die sich rasch drehten. Erneut sah Chase auf seine Uhr. Ein seltsames Gefühl prickelte in seinem Nacken. Als ob er beobachtet würde …
Er zwang sich, sich nicht umzusehen. Hinter ihm war nur die Wand. Das war doch verrückt.
»Noch fünfundzwanzig«, flüsterte er. Das Lüftungssystem von White Chapel war auf einen Fünf-Minuten-Takt eingestellt, um Strom zu sparen. Wenn Kris’ Aufzeichnungen also stimmten, dann würden die Ventilatoren gleich für kurze Zeit aufhören, sich zu drehen. Fünf Minuten, in denen Claire und Will sie demontieren mussten, um den Weg in den Schacht frei zu machen. Chase ließ den Blick zwischen seinem Handgelenk und dem Lüftungsschacht hin und her schweifen.
Auch die anderen warteten gespannt.
Das Summen der Lüftung verstummte. Allmählich wurden die Flügel der Ventilatoren langsamer. Auf die Sekunde.
Chase spürte den Druck auf seiner Brust stärker werden. Alles lief glatt. Warum war er so nervös? Es war eine andere Anspannung als die, die ihn antrieb, wenn er in den Dirty Feet unterwegs war. Unangenehm. Beklemmend.
Die Ventilatoren lösten sich mit hässlichem Schaben aus ihren Halterungen. Zwei Minuten und drei Sekunden, bis die Lüftung wieder anspringen würde. Der Weg war frei.
Red trat nah an Chase heran und neigte sich zu seinem Ohr. »Was ist los?«
Chase schüttelte den Kopf und schwang sich zu Claire und Bruce auf die Trockner hinauf, ohne Red anzusehen. Es war nichts. Nichts, was er erklären konnte.
Chase packte den Rand des Lüftungsschachts und zog sich hinauf. Die Decke war so niedrig, dass sie auf dem Bauch kriechen mussten, aber es gab genügend Platz zu den Seiten. Alles, wie sie es geübt hatten. Mit zügigen Bewegungen kroch Chase voran. Die Aktion würde nach Plan laufen. Er würde sich nicht verrückt machen lassen, nur weil sein Nervensystem plötzlich verrückt spielte. Sich nicht und auch die anderen nicht.
Der Boden des Schachts vibrierte leicht unter seinen Händen. Atmete da nicht jemand neben ihm? Chase biss die Zähne zusammen.
Nein.
Da war nichts.
Ein Luftzug kam von vorn und blies ihm die Haare aus dem Gesicht. Das Lüftungssystem war wieder angesprungen.
Der Weg stieg zunächst ein kurzes Stück leicht an und mündete dann in einen Schacht, der senkrecht nach oben führte – und von hier kam auch der Wind. Ein riesiger Ventilator hing weit über ihnen. Darüber konnte Chase ein Gitter und ein winziges Stück bleigrauen Himmel erkennen. Er warf einen Blick über die Schulter zurück. Red war dicht hinter ihm. Die anderen konnte er nicht sehen, aber sie mussten ebenfalls dort sein.
Das Erdgeschoss. Der Raum ganz am anderen Ende der Station. Das war ihr Ziel. Sie mussten nur die dreieinhalb Meter nach oben und dann immer geradeaus. Nicht kompliziert. Aber weit.
Vorsichtig, um in der Enge nicht steckenzubleiben, richtete Chase sich auf und legte die Hände an die Wand. Die winzigen Widerhaken in seinen Kletterhandschuhen fanden Halt im rauen Beton. Langsam zog er sich aufwärts.
Und wieder hatte er das Gefühl, dass jemand ihn beobachtete. Chase fluchte stumm. In all den Jahren als Vampirjäger hatte er gelernt, seinen Instinkten zu vertrauen. Er war doch nicht paranoid! Irgendjemand war dort. Aber wer
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