Die Blutgabe - Roman
nach wenigen Metern von der Gruppe ab. Aber auch die anderen legten ein beeindruckendes Tempo vor. Obwohl Red immer von sich geglaubt hatte, gut trainiert zu sein, spürte er schon nach wenigen hundert Metern, dass er diese Geschwindigkeit nicht lange durchhalten konnte.
Sarah neigte sich im Laufen zu ihm herüber. »Mach mir einfach alles nach«, flüsterte sie. »Das schaffst du schon.«
»Brauchst du eine Extraeinladung, Sarah?« Tonys Stimme dröhnte über den Platz wie Paukenschläge. »Bring deine fette Kiste in Bewegung, aber dalli!«
Sarah zischte wütend und beschleunigte ihren Schritt, dass Red ihr kaum noch folgen konnte. Mit zusammengebissenen Zähnen lief er weiter. Schweiß rann ihm in die Augen.Schon jetzt waren sie weit hinter den anderen abgeschlagen, und er ahnte, dass Sarah nur seinetwegen hinter den anderen zurückblieb.
Chase hatte seine zweite Runde beendet und die erste Station des Parcours erreicht: einen Steg von nicht einmal einer Fußbreite, der über einen Graben mit schmutzigem Wasser führte. Ohne sein Tempo nennenswert zu verlangsamen, rannte er darüber hinweg, ohne auch nur einmal zu schwanken.
»Lauf ruhig«, keuchte Red zwischen zwei Schritten, als Sarah erneut langsamer wurde, um ihn aufholen zu lassen.
»Sei still.« Auch auf ihrer Stirn erschienen erste Schweißperlen. »Wir sind ein Team!«
Die anderen vier hatten mittlerweile ebenfalls den Steg erreicht. Die zwei Männer hatten Claire und ihren Partner überholt. Doch sie verloren Zeit, weil sie beide zugleich als Erstes versuchten, den Steg zu betreten.
»Teamwork!«, brüllte Tony. »Strafrunde!«
Die Gesichter der Männer verzogen sich gequält, als sie noch vor dem Hindernis abbogen und begannen, eine Extrarunde um den Platz zu laufen.
Sarah warf Red einen vielsagenden Blick zu und zog das Tempo wieder an. Nur kurz nach Claire und ihrem Partner kamen sie am Steg an. Sarah lief vorn. Es bereitete ihr ähnlich wenig Schwierigkeiten wie Chase, das Hindernis zu überqueren. Red war im Balancieren nie gut gewesen, aber er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Eine Strafrunde würde er nicht durchhalten, das wusste er. Mit einem großen Schritt war er auf dem Steg, mit einem zweiten fast in der Mitte – und beim dritten fiel er.
Der Graben war nicht tief, aber doch tief genug, dass das brackige Wasser über ihm zusammenschlug.
Hustend und spuckend kam er wieder an die Oberfläche – und sah eine Hand direkt vor seinem Gesicht. »Los, raus!«, keuchte Sarah. »Denk nicht drüber nach. Mach weiter.«
Red ergriff ihre Hand. Ihm war schwindelig. Der Sturz hatte ihn aus dem Rhythmus gebracht. Das Atmen stach in seinen Seiten, und seine Lungen brannten. Aber noch wollte er nicht aufgeben. Nicht, nachdem Sarah sich so für ihn eingesetzt hatte. Ein Stück entfernt sah er Claire ihrem Teamkollegen dabei helfen, eine gut zweieinhalb Meter hohe Wand zu erklimmen. Chase war schon längst nicht mehr zu sehen.
Red holte japsend Atem. Klettern. Darin war er gut. Das würde er noch schaffen. Das
musste
er noch schaffen.
Stolpernd bewegte er sich vorwärts. Nur noch einen Schritt, dachte er, und noch einen und noch einen …
Und er schaffte es.
Mit Sarahs Hilfe überwand er die Mauer. Er folgte ihr auf dem Bauch kriechend unter einem tief hängenden Maschendrahtnetz hindurch, rappelte sich auf die Knie und war bereit, noch weiter und weiter zu laufen – als ihm sein Körper nicht mehr gehorchte. Seine Beine gaben nach, kaum dass er auf den Füßen stand. Erneut versuchte er, aufzustehen – vergeblich. Er war am Ende.
»Red – raus!«, hörte er Tonys Stimme über das Rauschen in seinem Kopf hinweg. »Sarah – Solo!«
Red schaffte es nicht einmal mehr, aufzusehen, um Sarah nachzublicken. Kein einziges seiner Glieder gehorchte ihm noch.
Dann fühlte er sich von riesigen Händen gepackt und in die Höhe gehoben. Tony warf ihn sich wie einen nassen Sack über die Schulter und trug ihn zurück zum Ausgangspunktvor der Hütte, wo er ihn überraschend sanft wieder auf den Boden legte. Diesmal auf den Rücken. Red keuchte und japste noch immer. Die Luft wollte einfach nicht so schnell in seine Lungen, wie er es nötig gehabt hätte. Bläuliche Lichtpunkte tanzten vor seinen Augen. Die Welt um ihn herum flirrte und schwankte, und der Himmel über ihm begann sich an den Rändern schwarz zu verfärben.
»Ruhig, Junge.« Eine der riesigen Hände legte sich auf seinen Brustkorb. »Ganz ruhig.«
Nur allmählich kehrte das
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