Die Blutgabe - Roman
Mundwinkel.
»Na komm. Trinken wir einen Tee zusammen, und dann ab ins Bett mit dir. Wenn du hier auf dem Sofa einschläfst, fühlst du dich morgen älter als ich.«
Ein hilfloses Lachen quoll mit einem Schwall Blut aus Katherines Mund. Sie griff nach Cedrics Hand und kam mit seiner Hilfe auf die Füße. Für einen kurzen Moment noch hielt er sie fest, drückte sie sanft an sich, ohne sich daran zu stören, dass ihr Blut sein Hemd befleckte.
»Du bist fürchterlich«, murmelte Katherine. »Du hättest mich vorher fragen sollen.«
»Natürlich.« Cedric strich ihr liebevoll über den Rücken »Beim nächsten Mal.«
Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann ließ er sie los und führte sie sanft zu dem Esstisch am Fenster, bevor er zur Anrichte zurückging, um den Tee aufzugießen.
Katherine ließ sich schwer auf einen der Stühle sinken. Sie fühlte sich noch immer benommen und zittrig. Das Blut hinterließ einen schweren, süßlichen Geschmack in ihrem Mund.
»Glaubst du, dass wir dort etwas finden werden?«, fragte sie, als sie endlich wieder das Gefühl hatte, in normaler Tonlage sprechen zu können.
Cedric kam mit zwei dampfenden Tassen an den Tisch und stellte eine davon vor Katherine ab. Dann setzte er sich neben sie und sah gedankenverloren aus dem Fenster.
»Vielleicht finden wir niemals etwas«, sagte er. »Das hast du von Anfang an gewusst. Aber ich glaube, dass es den Versuch wert ist.«
Katherine legte die Hände um ihre Tasse. Die Wärme kribbelte in ihren Fingern. Lange Zeit sagte keiner von ihnen ein Wort, während sie darauf warteten, dass der Tee kalt wurde.
Schließlich aber spürte Katherine, wie Cedrics Finger leicht ihr Handgelenk berührten. Als sie ihn ansah, war seine Miene weich. »Würde es dich beruhigen zu wissen, dass ich Sid gebeten habe, auf Kris aufzupassen?«
Katherine warf ihm einen überraschten Blick zu. Sie hatte nicht mehr damit gerechnet, dass er noch etwas zu dem Thema sagen würde. Also machte er sich doch mehr Gedanken, als sie geglaubt hatte. Sie nickte.
»Doch, das … beruhigt mich schon.«
»Na siehst du.« Cedrics Finger strichen mit einer sanftenBerührung über ihre Haut, bevor er sie zurückzog. »Ich tue doch alles, damit du ruhig schlafen kannst.«
Schlafen
, dachte Katherine und hob schwerfällig einen Mundwinkel.
Ein gutes Stichwort.
Sie fühlte sich schrecklich erschöpft. Obwohl die Sitzung heute nur kurz gewesen war, hatte sie sie doch deutlich mehr angestrengt als sonst. Und auch die vorangegangene Nacht war nicht gerade einfach gewesen.
Sie seufzte müde. »Ich gehe wohl wirklich besser ins Bett. Oder brauchst du mich noch?«
Cedric lächelte, aber seine Augen blieben ernst. »Ich brauche dich immer, Katherine. Aber das soll dich nicht vom Schlafen abhalten. Du weißt ja, wo das Gästebett steht.«
Katherine erwiderte mühsam sein Lächeln und stand auf. »Es ist gut zu wissen, dass du heute Nacht über meinen Sarg wachst.«
Cedrics Mundwinkel zuckten in sanftem Spott. »Selbstredend, mein Herz. Ich werde da sein, wenn du aufwachst. Und vielleicht überlässt du die nostalgischen Scherze dann lieber wieder mir.«
Katherine warf ihm einen liebevoll belustigten Blick zu. »Ich versuche, daran zu denken. Bis heute Abend.«
»Schlaf gut, Katherine.«
Mit leisen Schritten durchquerte Katherine den Raum und öffnete die Tür zu einem der abgedunkelten Privatbüros, die Cedric als Schlafräume nutzte.
Ein Sarg
, dachte sie, als sie schließlich vor der länglichen Kiste aus Ebenholz stand. Manchmal fragte sie sich, warum nicht mehr Vampire der Tradition folgten und in Särgen schliefen. Särge, die – so hatte man es zumindest in den Alten Zeiten gesagt – Vampire vor all den ruhelosen Geisternschützen sollten, die sie im Lauf ihres ewigen Lebens gegen sich aufbrachten. Katherine glaubte nicht an Geister. Und trotzdem konnte sie nirgends so ruhig und traumlos schlafen wie hier.
Vorsichtig legte sie sich hin, um ihrem empfindlichen Körper nicht noch mehr Wunden zuzumuten. Dann zog sie den Deckel über sich zu. Schwer sanken ihre Lider herab – und mit ihnen die blutrote Dunkelheit, die Katherines Schlaf umfing.
Kapitel Vier
The Highest Place, Insomniac Mansion, Kenneth, Missouri
Die Sonne war untergegangen. Ein schmaler Mond hing wie ein stumpfer Metallsplitter am Himmel.
Hoch oben unter dem Dach des Turms hatten sie sich versammelt: Die Vampire der
Bloodstalkers
von Kenneth. Red September schlief noch. Doch es war jetzt bald an
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