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Die Blutgabe - Roman

Die Blutgabe - Roman

Titel: Die Blutgabe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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Auffahrt zur Forschungsstation entlang gerollt kam. Katherine setzte die Kapuze ihres Mantels auf. Selbst so früh am Morgen war das Licht schon so grell, dass es auf ihrer Haut brannte.
    Der dunkelhäutige Fahrer stieg aus und öffnete die Tür.
    »Guten Morgen, Dr. Edwards!« Er grinste und zeigte strahlend weiße Zähne. Seine Augen waren hinter der verspiegelten Sonnenbrille nicht zu sehen. »Heute in Begleitung?«
    Ein müdes Lächeln erschien auf Cedrics Gesicht. »Sie kennen ja den Weg, Carl.« Er legte eine Hand auf Katherines Rücken und schob sie die wenigen Schritte die Treppe hinunter in den Wagen, bevor er hinterherkletterte und die Tür ins Schloss zog.
    Drinnen war es dunkel und kühl. Aus den Lautsprechern in der Decke drang leise Jazzmusik. Kurz darauf klappte auch die Fahrertür zu, der Motor begann zu vibrieren, und das Fahrzeug setzte sich fast lautlos in Bewegung.
    Während sie fuhren, betrachtete Katherine durch die getönten Scheiben die schattenhaften Umrisse von Kenneth. Cedrics Wohnung lag in einem Hochhaus in der West Street, jenseits des Asia Parks inmitten eines Viertels, in dem es ansonsten ausschließlich Büros gab. Die Fahrt dauerte beinaheeine halbe Stunde, obwohl ihnen kaum andere Fahrzeuge begegneten. Selbst die Skyway Bridge, die gigantische Hängebrücke über dem Violet River, die jede Nacht verstopft war mit Autos, war an einem Sommertag wie diesem wie leer gefegt. Katherine wunderte das nicht. Sie selbst wäre um nichts in der Welt freiwillig nach draußen ins grelle Sonnenlicht gegangen.
    Auf der ganzen Fahrt sprach niemand ein Wort.
    Endlich hielt der Wagen in der Tiefgarage des Hochhauses. Der Fahrer ließ die Scheibe herunter, die ihn während der Fahrt von Katherine und Cedric getrennt hatte.
    »Da wären wir.« Er grinste. »Macht dreizehn Dollar fünfundachtzig.«
    Cedric reichte zwanzig Dollar nach vorn. »Behalten Sie den Rest.«
    Das Grinsen in dem dunklen Gesicht wurde breiter. »Dann warte ich morgen früh wieder auf Sie, Dr. Edwards.«
    Cedric nickte und öffnete die Tür. »Bis morgen, Carl.«
    Er ging um das Auto herum, um auch Katherine die Tür zu öffnen. Dann reichte er ihr die Hand, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein.
    Nur Augenblicke später rauschte der Wagen davon. Und als sich das Tor zur Garage schloss, verschwand endlich auch das letzte unbehagliche Gefühl von Sonne aus Katherines Nacken.
     
    Die selbsttönenden Scheiben der gewaltigen Fensterfront verwandelten die Strahlen der Sommersonne in sanftes Dämmerlicht. Katherine schob die Kapuze zurück und machte einige Schritte in den Raum hinein, bevor sie stehen blieb und sich umsah. Cedrics Wohnung, ursprünglich als Großraumbüromit zwei einzelnen Privatbüros angelegt, beeindruckte sie jedes Mal aufs Neue.
    Hinter ihr schloss sich mit leisem Klingeln die Fahrstuhltür.
    Nachdem er das Büro gekauft hatte, hatte Cedric die Trennwände im Hauptraum entfernen lassen und das riesige Zimmer großzügig mit einer eigenwilligen Mischung aus nostalgischen Elementen und moderner Pragmatik gefüllt. Der Arbeitsplatz mit dem Computer auf dem neuesten Stand der Technik stand in scharfem Kontrast zu der Sitzgruppe mit staubabweisenden Bezügen und den hohen Bücherregalen, in denen nicht nur wissenschaftliche Folianten und Romane, sondern auch antike Bild- und Tonträger standen, für die es heutzutage nicht einmal mehr Abspielgeräte gab. Cedric erklärte gern, dass einer der Hauptgründe, aus denen er bei der Wahl regelmäßig seine Stimme der Progressiven Partei gab, deren Bestreben sei, die Unterhaltungstechnik wiederzubeleben. Nachdem als Konsequenz des Krieges in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts der größte Teil aller Waffen- und Kommunikationstechnologie vernichtet oder vom Parlament unter Verschluss genommen worden war, hatte kaum jemand laut eine Neuentwicklung der ebenfalls betroffenen Unterhaltungsmedien zu fordern gewagt. Doch es war nur zu verständlich, dass die Progressiven, die nicht über Blutgaben verfügten, um sich das Leben zu vereinfachen, daran interessiert waren, die Kommunikationsmöglichkeiten jenseits des Funkverkehrs neu zu entwickeln.
    Cedric nahm Katherine den Mantel ab. »Wollen wir gleich anfangen?«
    Katherine nickte. Beunruhigt stellte sie fest, dass ihre Knie sich immer noch ein wenig wackelig anfühlten, als sie zum Sofa hinüberging.
    Cedric setzte sich neben der Armlehne auf einen gepolsterten Hocker. Katherine sah an den winzigen Falten auf seiner Stirn,

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