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Die Blutgraefin

Die Blutgraefin

Titel: Die Blutgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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tauchten immer wieder ein, um frisches, warmes Blut zu schöpfen, das sie über ihre Lenden, ihre Brüste, die Schenkel und ihr Gesicht laufen ließ. Es gab keinen Zoll ihrer
Haut, der nicht mit Blut bedeckt gewesen wäre. Selbst ihre Zähne
schimmerten rot, und ihr Haar hing in langen, klebrigen Strähnen
über ihre Schultern.
Die Szene war so unerträglich, dass Andrej gar nichts empfand. Er
stand einfach nur da, starrte auf das unglaubliche Bild vor ihm und
versuchte zu begreifen, was er sah. Es gelang ihm nicht. Der Anblick
dessen, was Maria tat, sprengte die Grenzen des Vorstellbaren. Eine
halbe Ewigkeit stand er fassungslos da, dann ließ er mit einem Schrei
sein Schwert fallen, war mit einem Satz bei dem Mädchen und riss es
in die Höhe.
Elenja reagierte gar nicht, sie lag wie eine Puppe in seinen Armen.
Doch mit einem Mal schrie sie auf, machte sich mit einer verzweifelten Bewegung los und stolperte einen Schritt zurück, bis sie gegen
die Wand prallte. Andrej streckte die Hand nach ihr aus, aber sie
schrie nur noch lauter, krümmte sich zusammen und schlug nach
ihm. Ihre Augen waren so groß, dass sie aus den Höhlen zu quellen
schienen, und schwarz vor Entsetzen. Andrej bezweifelte, dass sie
ihn überhaupt erkannte.
Elenjas Fingernägel zerkratzten sein Gesicht und suchten seine Augen. Zugleich versuchte sie ungeschickt, aber mit umso größerer
Kraft, ihm das Knie zwischen die Beine zu rammen. Andrej wehrte
den Stoß ab, packte ihre Arme und hielt sie mit einer Hand fest. Mit
der anderen umschloss er ihren schmalen Hals, suchte die Schlagader
und drückte kurz und mit genau berechneter Kraft zu. Elenja seufzte
noch einmal schmerzerfüllt und erschlaffte dann in seinen Armen.
Andrej griff rasch zu und fing sie auf, als sie zusammenbrach. Behutsam ließ er das Mädchen vor sich auf den Boden gleiten, drehte es
auf den Rücken und tastete nach seinen Handgelenken. Die Wunden
bluteten immer noch. Da ihr Herz raste, spritzten kleine, rote Fontänen aus ihren aufgeschnittenen Adern, die seine Arme und sein Gesicht besudelten. Andrej wurde mit grausamer Gewissheit klar, dass
das Mädchen unter seinen Händen verbluten würde, wenn er sein
Herz nicht daran hindern konnte, auch noch den letzten Rest des verbliebenen Lebenssaftes aus ihr herauszupressen. Aber was sollte er
tun?
Kurz entschlossen beugte er sich vor, riss einen Streifen aus dem
Saum ihres zerfetzten Unterhemds und wickelte ihn um ihr linkes
Handgelenk, so fest er konnte. Der Stoff färbte sich fast augenblicklich rot, und das Blut lief in einem dünnen, unaufhörlichen Strom an
ihrer Hand hinab und begann eine rasch anwachsende rote Lache
neben ihr zu bilden.
»Verdammt noch mal! Was tust du da?«
Noch bevor Andrej den Kopf drehen konnte, traf ihn ein so harter
Stoß, dass er gegen die Wand geschmettert wurde. Eine schmale, in
nassem Rot glitzernde Gestalt erschien neben ihm und beugte sich
über das bewusstlose Mädchen.
Andrej stemmte sich hoch und versuchte, Maria beiseite zu stoßen,
doch sie versetzte ihm mit der flachen Hand einen Schlag ins Gesicht, der so hart war, dass er benommen gegen die Wand sank und
Mühe hatte, nicht das Bewusstsein zu verlieren.
»Bleib, wo du bist!«, herrschte ihn Maria an. »Oder willst du sie
umbringen?«
Andrejs Schädel dröhnte. Ihm war schwindelig, und seine Beine
hatten einfach nicht mehr die Kraft, das Gewicht seines Körpers zu
tragen. Alles verschwamm vor seinen Augen. Dennoch stemmte er
sich in die Höhe und kroch auf Händen und Knien auf Maria und ihr
wehrloses Opfer zu.
»Lass sie in Ruhe«, stöhnte er. »Was tust du da? Hör auf, um alles
in der Welt!«
Maria tat etwas mit Elenjas Händen, das er nicht genau erkennen
konnte, und wandte kurz den Kopf, um sich mit einem raschen Blick
davon zu überzeugen, dass er außer Reichweite war. Sie würde das
Mädchen töten. Sie würde das zu Ende bringen, wobei er sie gestört
hatte, und er hatte nicht die Kraft, sie daran zu hindern. Sein
Schwert. Er brauchte sein Schwert.
Andrej drehte den Kopf und sah die Waffe auf dem Boden liegen,
dort, wo er sie fallen gelassen hatte, nur zwei Schritte entfernt, und
doch unendlich weit weg. Während Maria, nackt und in eine zweite
Haut aus nassem Rot gehüllt, die ihr etwas Dämonisches verlieh, sich
hektisch an den Armen des bewusstlosen Mädchens zu schaffen
machte, nahm er all seine Kraft zusammen und kroch zur Tür zurück.
Zitternd streckte er die Hand nach dem

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