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Die Blutige Sonne - 14

Die Blutige Sonne - 14

Titel: Die Blutige Sonne - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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blieb einen Augenblick stehen, um sich zu orientieren. Diesen Teil des Gebäudes kannte er kaum; er schritt auf das Ende des Ganges zu und stand vor einer Tür, stieß sie auf und kam in eine Halle von Menschen. Es sah aus, als hätten die Mechaniker des Raumhafens gerade Schichtwechsel; ein paar Raumfahrer unterhielten sich; einige Darkovaner in ihrer lose hängenden, buntfarbigen Kleidung strebten den Ausgängen zu. Kerwin, der im ersten Augenblick beim Anblick der Menschenmenge erschrocken war, überlegte, daß niemand auf ihn aufpassen würde. Langsam, unauffällig, bannte er sich einen Weg durch das Gedränge, ließ sich, da er das Gewühle haßte, an den Rand treiben, und schloß sich der Gruppe der Darkovaner an. Keiner von ihnen schenkte ihm auch nur die geringste Beachtung. Er nahm an, daß sie zu jenen Leuten der Stadtverwaltung gehörten, denen die Raumhafenzone unterstand. Sie glichen einer Strömung, die ihrem eigenen Ziel zustrebt, und Kerwin ließ sich in diesem Strom treiben. Sie erreichten das Tor des Hauptquartiers und betraten die Straße; Kerwin folgte ihnen auf den Fersen. Sie durchschritten das Tor, das durch die Einfriedung hinausführte; die Wachtposten des Raumhafens beobachteten sie – und Kerwin – kaum.
    Außerhalb des Tores löste sich die große Gruppe auf; zu zweien und dreien standen sie beieinander und unterhielten sich. Einer der Männer drehte sich zufällig zu Kerwin um; höfliches Nichterkennen, eine forschende Frage standen auf seinem Gesicht mit den hochgezogenen Brauen. Kerwin murmelte ein paar höfliche Worte, wandte sich rasch ab und ging in Richtung Altstadt.
    Sie lag im Windschatten des hohen Abhanges unterhalb der Enklave, schon erfüllt von dämmerigen Schatten. Ein kalter Wind blies, der Kerwin selbst in seinem warmen Mantel erschauern ließ. Wohin nun?
    An der Straßenecke, an der er seinerzeit Ragan begegnet war, zögerte er ein wenig. Sollte er nach ihm Ausschau halten, um zu sehen, ob der kleine Mann ihm von Nutzen sein könnte?
    Wieder sagte seine innere Stimme ein klares, deutliches Nein. Er zögerte wieder; bildete er sich etwas ein? Nun, auch das schien auf irgendeine Art nicht viel auszumachen. Grimmig warf er einen Blick zurück zum Hauptquartier, das im fahlen Schimmer verschwamm. Als er ihm wieder den Rücken kehrte, war ihm, als schlage seine Seele eine Tür hinter sich zu. Nicht zurückblicken, dachte er; du hast dich deinem Schicksal ausgeliefert. War es Tollkühnheit? Vielleicht. Aber wenn, dann mußt du dazu stehen.
    Wieder war er entwurzelt, und es war gleich, welchen Weg er ging: ebensogut konnte er unbeirrt seiner Ahnung folgen. Dieser Entschluß erfüllte ihn mit tiefem Frieden. Rasch wandte er sich von den vertrauten Straßen ab und schritt in die entgegengesetzte Richtung.
    So tief in die Altstadt war er noch nie vorgedrungen, nicht einmal an dem Tag, als er die Matrixspezialistin aufgesucht hatte. In diesem Viertel gab es nur alte Häuser aus großen, hellen Quadersteinen. Die Straßen waren breit und windig. Sie stiegen an und fielen ab und wurden von breiten Treppen unterbrochen. Um diese Zeit gab es wenig Menschen auf der Straße; dann und wann begegnete ihm ein einzelner Mann in langem Mantel, und einmal sah er eine verschleierte Frau in einer Art Sänfte, die von vier Männern getragen wurde. Einmal glitt im Schatten der Mauern ein Nichtmensch in silbernem Mantel vorbei und sah ihn mit dem Ausdruck uninteressierter Bosheit an. Ein paar junge Burschen, Gammler in zerlumpten Röcken, kamen ihm barfuß entgegen, als wollten sie ihn um Almosen bitten; aber sie zogen sich überraschend schnell zurück. War es wieder des roten Haares wegen?
    Die rasch hereingebrochene Dunkelheit wurde tiefer, und der Nebel hatte sich zu einem feinen Regen verdichtet, als Kerwin merkte, daß er sich hoffnungslos verlaufen hatte. Er war ziellos herumgerannt, war in einer eigenartigen, fast träumerischen Gleichgültigkeit um viele Ecken gegangen, als ob es völlig belanglos sei, wohin er ging. Auf einem großen freien Platz blieb er stehen, schüttelte den Kopf und kam allmählich wieder zu klarem Bewußtsein. Mein Gott, überlegte er, wo bin ich denn und wohin gehe ich? Ich kann doch nicht in diesem Regen die ganze Nacht hindurch herumlaufen, selbst wenn ich einen Darkovaner Mantel über meiner Terrakleidung trage. Ich müßte eigentlich nach einem Ort suchen, wo ich mich für eine Weile verstecken kann. Oder ich müßte versuchen, die Stadt zu verlassen.
    Er sah

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