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Die Blutige Sonne - 14

Die Blutige Sonne - 14

Titel: Die Blutige Sonne - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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weiß, daß du nichts Stärkeres als shallan anrührst.“
    „Heute schon“, sagte Kennard. „Wir werden kirian trinken.“ Corus schien erstaunt zu sein; Elorie nickte. Taniquel stand auf und half Corus, niedrige Weingläser aus einer eigenartig geformten Flasche zu füllen. Sie brachte Kerwin ein Glas, ohne zu fragen, ob er es wolle.
    Es war eine helle, aromatische Flüssigkeit. Kerwin sah sein Glas an und bemerkte, daß die anderen ihn beobachteten. Verdammt, dieses Theater hatte er allmählich satt! Er stellte den Kelch auf den Boden, ohne auch nur daran genippt zu haben.
    Kennard lachte. Auster machte eine Bemerkung, die Kerwin nicht verstand. Elorie beobachtete ihn, lächelte und hob ihr Glas an die Lippen. Taniquel kicherte.
    „Bei Zandru!“ explodierte Kennard. „Das ist zu ernst für Scherze! Taniquel, ich verstehe, daß du deinen Spaß haben willst, aber trotzdem…“ Er nahm ein Glas von Corus entgegen und wandte sich mit einem Seufzer an Kerwin. „Mir scheint, ich muß die Rolle des Schulmeisters ein wenig zu oft spielen. Das hier“ – er zeigte auf das Glas – „ist kirian. Es ist nicht gerade eine Droge oder ein Stimulans, aber es lockert gewissermaßen die Empfangssperre, erhöht gleichzeitig die telepathische Empfangsbereitschaft. Du mußt nicht trinken, wenn du nicht willst, aber es hilft.“ Er nippte ein wenig an seinem Glas. „Nun bist du hier, und du hast auch etwas Gelegenheit zum Ausruhen gehabt; ich glaube, es ist ziemlich wichtig für uns, zu sehen, was an telepathischen Fähigkeiten in dir steckt, und wieviel Training du brauchst, um mit uns arbeiten zu können. Wir werden dich also auf etwa ein halbes Dutzend Arten testen. Deshalb…“ – er nippte wieder an seinem Glas – „kirian.“
    Kerwin zuckte die Achseln und nahm sein Glas. Das Getränk hatte einen scharfen, eigenartigen Äthergeruch; es schien sich auf der Zunge zu verflüchtigen, bevor man noch den Geschmack feststellen konnte. Man nahm eher den Dunst der Flüssigkeit auf, als daß man sie trank. Wenn man vier- oder fünfmal nippte, war das Glas leer. Der Geschmack erinnerte an Zitronen.
    „Und was jetzt?“ fragte er; seine Zunge fühlte sich eigenartig dick an. Es fiel ihm ein wenig schwer, die Worte zu formen, und als er gesprochen hatte, wußte er nicht, in welcher Sprache. Rannirl drehte sich zu ihm um und sagte: „Nichts, worüber du dir Gedanken zu machen brauchst.“
    „Ich weiß nicht, weshalb das notwendig ist“, warf Taniquel ein. „Er wurde doch schon auf laran getestet. Und der Rest…“
Kerwin sah auf das Mädchen hinab, das zusammengekauert zu seinen Füßen saß. Ihre strahlenden Augen sahen ihn freundlich an. Er hätte sich niederbeugen und sie küssen können.
Er tat es.
    Taniquel schmiegte sich lächelnd an ihn, ihre Wange an der seinen. Dann hob sie den Kopf und flüsterte: „Erster Test positiv, Kennard. Mache einen Vermerk auf deinem Zählbrett. Hoher Reaktionsgrad.“
    Kerwin sah überrascht, verblüfft, auf seine um Taniquel geschlungenen Arme, lachte dann und schüttelte plötzlich seine Bedenken ab. Hätte sie etwas dagegen gehabt, so hätte sie es schon gezeigt, aber er fühlte, daß sie sich darüber freute. Auster knurrte etwas Unverständliches, und Mesyr machte eine mißbilligende Geste. „Kind, das ist kein Spaß!“
    „Es war auch nicht so gemeint“, erwiderte Taniquel lächelnd. „Es war im Ernst, selbst wenn du meine Methode als unorthodox betrachtest.“ Sie legte ihre Wange an Kerwins Arm. Plötzlich, völlig überraschend, saß diesem ein Kloß in der Kehle, und zum erstenmal seit Jahren fühlte er Tränen in seinen Augen. Taniquel legte nun seine Hand an ihre Wange. „Könnt ihr euch einen besseren empathischen Test vorstellen?“ fragte sie leise. „Gehörte er nicht hierher, hätte es nicht geschadet, denn er wäre nicht auf mich eingegangen; er tat es aber – also verdient er es.“ Er fühlte, wie ihre weichen Lippen seine rauhe Hand berührten.
    Kerwin war von seinem Gefühl überwältigt. Die Zärtlichkeit, die in dieser kleinen Geste lag, bedeutete ihm mehr als alles andere, was er je in seinem Leben von anderen Frauen empfangen hatte. Das war eine so bedingungslose Anerkennung seiner Person als Mann und Mensch, daß er und Taniquel einander vertrauter waren, als Liebende es sein können. Die anderen hatten aufgehört, zu existieren. Er zog das Mädchen an sich, sie lehnte ihren Kopf zärtlich, ermutigend an seine Schulter; eine warme, beruhigende Geste,

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