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Die Blutige Sonne - 14

Die Blutige Sonne - 14

Titel: Die Blutige Sonne - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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passen wirst.“ Sie wandte sich an Kennard. „Du hast den Strukturtest mit ihm gemacht. Wie stark sind seine Sperren?“
    „Wahnsinnig stark“, antwortete Kennard. „Sie meint damit, daß ich dich in Kontakt mit mir gezwungen habe, um dir die Matrixstruktur zu geben.“ Er deutete auf das gebrochene und wieder zusammengefügte Glas. „Jeder hat eine gewisse Sperre gegen telepathische Einbrüche; wir nennen das Barriere. Es ist ein schützender Kniff bei Telepathen, eine Art Schutzfärbung, damit du nicht deine privaten Gedanken nach allen Richtungen hin aussendest oder wahllos eine Menge Grundtelepathie aufnimmst. Jeder hat das. Es ist ein angeborener Reflex. Wenn wir also in Kontakt kommen, muß jeder von uns seine Barrieren gegenüber den anderen aufheben. Und da nun die Barriere ein angeborener Reflex ist, mußt du lernen, damit fertigzuwerden. Manchmal läßt sich die Barriere nicht so einfach aufheben: dann müssen wir sie niederzwingen oder aufbrechen. Wir müssen ungefähr wissen, wie schwierig es ist, mit dir zu arbeiten und wie groß deine Widerstandskraft ist.“
    „Heute noch?“ fragte Mesyr. „Könnt ihr ihm nicht Zeit lassen?“ „Zeit ist das, was uns am meisten fehlt“, stellte Rannirl fest. „Vergiß nicht, daß wir mit gewissen Terminen zu kämpfen haben.“
    „Rannirl hat recht“, erklärte Kennard. „Wir haben Kerwin hierhergebracht in der Hoffnung, daß wir ihn brauchen können, denn wenn das nicht der Fall wäre, dann wüßten wir alle, was mit uns geschehen würde.“ Er sah Kerwin bekümmert an. „Wir müssen dich sehr schnell für die Arbeit mit uns schulen – oder…“
    „Wir verschwenden Zeit“, mahnte Elorie und stand auf. Ihr helles, dünnes Kleid blähte sich in einem unfühlbaren Luftzug. „Bringe ihn ins Labor.“
    Einer nach dem anderen stand auf. Taniquel zog Kerwin in die Höhe, und Kennard sah mitleidig auf ihre in Kerwins Finger verschränkte Hand. „Tut mir leid, Tani“, sagte er. „Du weißt, warum du nicht dabei sein kannst… Kerwin, Tani ist unser Empath und außerdem in Kontakt mit dir. Wäre sie dabei, dann würde sie dir zuviel helfen; sie könnte nicht anders. Tani, du bleibst hier.“
    Taniquel ließ Jeffs Hand los; ihm war plötzlich kalt, er fühlte Besorgnis, Angst.
    „Fürchte dich nicht“, sagte Rannirl und schob seinen Arm unter den Kerwins. Diese Geste war beruhigend, nicht aber der Ton; die Worte klangen zu sehr nach Entschuldigung. Sie gingen zusammen durch die Halle, eine Treppe hinauf, die Kerwin noch nicht kannte, und betraten einen kleinen, abgelegenen Raum. Zwei Wände bestanden aus Glas und Spiegeln, die nichts deutlich Erkennbares zurückwarfen und die Umrisse verzerrten. Kerwin sah sich als dünnen Strich mit rotem Flammenhaar. Er bemerkte, daß Elorie in den gewölbten Händen einen riesigen Kristall hielt, dessen unzählige Facetten in tausend Farben spielten. Sie sah fragend von einem zum ändern. Kennard nickte, ebenso Rannirl. Auster sah zweifelnd drein, zuckte aber schließlich die Achseln. Corus schürzte die Lippen und sah Kerwin skeptisch an, erklärte aber dann: „Ich halte es aus, wenn ihr glaubt, er kann es auch.“
    Elorie sah Auster an; der murmelte etwas Unverständliches zu Kerwin. Kennard beugte sich zu Kerwin. „Solange ihr euch nicht versteht, Auster und du“, flüsterte er, „müssen wir versuchen, euch auf verschiedenen Ebenen zu halten.“
    „Zuerst nehme ich Auster dran“, erklärte Elorie, „dann Kerwin. Kennard, bring ihn herein.“ Sie beugte den Kopf und sah in den Kristall; dann zeigte sie mit ihrem schlanken Finger auf Auster.
    Mit wachsendem Verständnis, emp findsam und aufnahmefähig für Unterströmungen, sah Kerwin zu und fühlte eine fast greifbare Kraftlinie zwischen dem zarten Mädchen und Auster, fast so etwas wie eine elektrische Entladung, als sich der Kontaktkreis zwischen ihnen schloß. Es war wie ein Zusammenklang von Gefühlen, eine verborgene Flamme, die das Eis schmolz…
    „Corus“, flüsterte Elorie.
    Corus lachte nervös, bedeckte sein Gesicht mit den mageren Händen; seine Stirn runzelte sich in angestrengter Konzentration. Er sah sehr jung aus. Kerwin, der immer noch die Atmosphäre des Raumes auf sich wirken ließ, fühlte ein eigenartiges Sichtbarwerden von ineinander verschränkten Händen, ähnlich den Griffen von Artisten beim Luftakt. Keiner bewegte sich; Corus’ Gesicht war noch immer hinter seinen Händen verborgen, aber Kerwin sah vor sich ineinander

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