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Die Blutige Sonne - 14

Die Blutige Sonne - 14

Titel: Die Blutige Sonne - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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verschränkte Hände, Handgelenke, Körper…
    „Corus denkt in Bildern“, erklärte Kennard leise. „Fürchte dich nicht, ich bringe dich jetzt hinein.“ Seine Stimme wurde plötzlich dünn, sie schien aus unermeßlichen Fernen in Kerwins Ohr zu summen. Sie hatten sich alle um den Matrix gruppiert, und Kerwin sah sie für einen Moment zusammenschmelzen in eine Mischung von Augen, schwankenden Gesichtern, bis sie zu einer Einheit wurden. Er wußte, daß er auf den äußersten Wellen telepathischen Kontaktes schwebte; es sah aus wie eine Spinnwebe, deren Fäden leise schwankten…
    „Jeff“, sagte Elorie leise, aber es klang wie ein Schrei.
    Laß dich fallen und in den Kontakt gleiten, dachte er, es ist so leicht… Es war wie ein empfangener Befehl, eine Weisung für den Weg… Er hätte nicht sagen können, wo sie waren, wie er zum Teil des Netzes wurde, wußte nicht, was er zu tun hatte; es schien, als seien sie überzeugt, daß er es wußte.
    „Moment, ich bin nicht…“, sagte er.
    Du kannst es, Jeff, du hast die Gabe; es war die flehende Stimme Kennards.
    Es nützt nichts, Ken. Er kann nicht ganz… Die Barriere ist ein angeborener Reflex. Zwanzig Jahre bei den Terranern, ohne ihn wäre er verrückt geworden…
    Kennards Gesicht flimmerte seltsam in dem vom Kristall zurückgeworfenen eigenartigen Licht, denn Jeff erschien der Raum dunkel, Schatten flackerten in den Ecken. Kennard wandte sich an Kerwin; seine Lippen bewegten sich, bevor er sprach.
    Es wird schwer sein. Zwanzig Jahre. Für Auster war es nach fünf Jahren schon schwer genug.
    Er bewegte sich eigenartig verschwommen durch das Licht des Raumes, und Kerwin schien es, als schwimme er unter Wasser. Er fühlte, wie Kennard seine Hand nahm und ihn mit sich zog. „Kämpfe nicht dagegen an“, hörte er ihn sagen.
    Plötzlich verspürte er die Berührung wie einen Messerstich, unbeschreiblich, unglaublich, so fremdartig und unbestimmbar, daß er sie nur als Schmerz bezeichnen konnte. Im Bruchteil einer Sekunde wurde ihm klar, daß es das war, was Kennard vorher mit ihm getan hatte, was nicht zu ertragen war, dessen er sich nicht erinnerte. Es war, als bohre man ihm mit einem dünnen Bohrer die Schädeldecke auf. Etwa fünf Sekunden lang hielt es Kerwin aus, dann spürte er, wie er sich unter einem Krampf krümmte. Er hörte einen Schrei Millionen von Kilometern entfernt; dann glitt er in das Dunkel…
    Als er wieder erwachte, lag er auf dem Boden des achteckigen Raumes; Kennard, Elorie und Auster standen um ihn herum und sahen zu ihm herunter. Irgendwoher hörte er einen unterdrückten Seufzer, ein leises Schluchzen, und dann sah er ganz am Rand seines Bewußtseins den zusammengekrümmten Corus, der seine Hände vor das Gesicht geschlagen hatte.
    Kerwins Kopf war ein riesiger Ballon, angefüllt mit glühendheißem Schmerz. Es war so entsetzlich, daß er kaum atmen konnte; dann dehnten sich seine Lungen, und ihm entfuhr unbeabsichtigt ein heiseres Stöhnen.
    Kennard kniete neben ihm nieder. „Kannst du dich setzen?“ fragte er sanft.
    Auster unterstützte ihn, als er versuchte, sich aufzurichten. Er sah krank aus.
    „Wir haben es alle durchmachen müssen, Jeff“, sagte Kennard. „Komm, stütze dich auf mich. Corus, bist du in Ordnung?“ „Ich glaube, ja“, antwortete Corus und hob sein blasses Gesicht.
    „Wir wollen schnell damit fertig werden“, schlug Elorie vor. Ihre Stimme klang angestrengt. „Keiner von uns kann noch viel ertragen.“ Sie zitterte, reichte aber Corus helfend die Hand. Kerwin fühlte das entstehende Netz wie einen zuschnappenden Riegel. Auster, dann Rannirl ließen sich in den Wirbel fallen. Kennard, der noch immer Kerwin stützte, zog sich zurück. Elorie sprach nicht, aber Kerwin schien es, als flüstere sie Befehle.
    Komm, Jeff, du Barbar.
    Wie einen Schlag, der ihm fast den Atem nahm, fühlte er den plötzlichen Anprall ihrer ineinander verwobenen Geister; ihm war, als sei er in eine Facette des Kristalls hineingefallen. Eine Konstruktion wie ein riesiger, feuriger Stern flammte in ihm auf; er fühlte sich im Kreis herumrennen, den Kontakt aufnehmend und ihn wieder unterbrechend. Elorie war kühl, weit entfernt und hielt ihn an der sicheren Rettungsleine des Kontakts; da war die freundliche Sicherheit Kennards, die federleichte Berührung von Corus, ein verdrießliches Signal von Auster, das er wie einen schmerzhaften Schock spürte; von Rannirl kam ein sprühendes Funken.
    „Genug“, meinte Kennard plötzlich.

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