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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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um den Turmkreis daran zu hindern, mit dem Experiment anzufangen. Wenn es jedoch nicht durchgeführt wurde, war das ebenso, als sei es mißlungen, und das war ja der Grund, warum sie es in ihrer Verzweiflung mit einer halb ausgebildeten Bewahrerin versuchten. So oder so bedeutete es das Ende Darkovers, wie sie es kannten.
    Wenn ich nur nie nach Darkover zurückgekehrt wäre!
    »Nicht, Jeff«, wehrte Elorie ihm sanft. »Du bist ungerecht gegen dich selbst.«
    Aber er machte es sich zum Vorwurf. Wäre er nicht zurückgekommen, hätten sie vielleicht einen anderen für den leeren Platz in Arilinn gefunden. Und vielleicht hätte Auster die Wahrheit über den terranischen Spion entdeckt, wenn Jeff sich ihm nicht als Zielscheibe seines Argwohns dargeboten hätte. Und jetzt hing alles vom Erfolg oder Mißlingen dieses Experiments ab. Und wenn es mißlang – und es würde mißlingen –, dann waren sie durch das Wort Hasturs verpflichtet, keinen Widerstand mehr gegen terranische Industrialisierung, terranischen Handel, terranisches Leben zu leisten.
    Erst Kerwin hatte sie zu dieser trügerischen Zuversicht verleitet. Andernfalls hätten die Terraner durch ihr Spionieren nur unwichtige Informationen erlangt.
    Elories Hand in seiner fühlte sich kalt wie Eis an. Ohne erst zu fragen, wickelte Kerwin sie in seinen pelzgefütterten Mantel, und gegen seinen Willen fiel ihm eine von Johnny Ellers Geschichten ein. Er konnte Elorie mit seinem darkovanischen Mantel vor dem Frieren schützen. Aber jetzt, wo er auf seine terranische Staatsangehörigkeit ebenso wenig Recht hatte wie auf seine Zugehörigkeit zu Arilinn, wohin konnte er sie bringen?
    Elorie wies durch das Fenster des Flugzeugs. »Arilinn – und da ist der Turm.« Dann holte sie voller Verzweiflung tief Atem. Rings um den Turm flackerte ein schwaches, bläuliches Licht.
    »Wir kommen zu spät«, flüsterte sie. »Sie haben bereits begonnen!«

Kapitel 17: Das Gewissen einer Bewahrerin
     
    Kerwin kam sich wie ein Schlafwandler vor, als sie über das Landefeld eilten, Elorie wie in einem Traum an seiner Seite. Also hatten sie versagt, und es war zu spät. Er faßte nach ihr. »Es ist zu spät! Finde dich damit ab!« Aber sie lief weiter, und er wollte sie nicht allein gehen lassen. Sie durchschritten den schimmernden Schleier. Kerwin hielt den Atem an, mit solcher Wucht trafen ihn die ungeheuerlichen, zusammengeballten Kräfte, die von hoch oben im Turm, wo der Kreis sich versammelt hatte, ausstrahlten und den ganzen Turm durchdrangen. Unvollständig war der Kreis, ja, und doch erweckte er immer noch unglaubliche Energien. Kerwin empfand sie wie das Schlagen eines zweiten Herzens in seinem Körper. Elorie neben ihm zitterte.
    War das jetzt für sie gefährlich?
    Mitgerissen von ihrer Willenskraft stieg Kerwin die Treppe hinauf. Er stand vor der Matrix-Kammer und spürte, was drinnen vor sich ging.
    Austers Barriere war für ihn nichts weiter als eine Nebelwand. Kerwins Körper blieb außerhalb des Raums, doch gleichzeitig war er drinnen, und mit Sinnen, die jenseits seines physischen Sehvermögens lagen, nahm er sie alle wahr: Taniquel saß auf dem Platz der Überwacherin. Rannirl als Techniker visualisierte die Operation. Kennard beugte sich über die Karten. Corus hatte seinen, Kerwins, Platz eingenommen. Und die Bewahrerin hielt sie zusammen mit schwachen Spinnwebfäden. Es war eine unvertraute Berührung wie ein Schmerz …
    Sie war klein und zart, noch nicht dem Kindesalter entwachsen. Aber sie trug die Robe einer Bewahrerin. Zwar war es nicht das Zeremoniengewand, sondern der lose Kapuzenmantel, den sie alle für die Arbeit in der Matrix-Kammer anlegten. Doch er war karminrot, damit niemand sie berührte, auch nicht zufällig, wenn sie die Ladung der Energonen trug. Sie hatte dunkles Haar wie gesponnenes schwarzes Glas, das noch nach Kinderart in Zöpfen hing, und ein dreieckiges, unscheinbares Gesichtchen, blaß und mager und vor Anstrengung zitternd.
    Sie spürte seine Berührung und blickte verwirrt auf. Doch irgendwie erfaßte sie, daß das kein Eindringen war, daß er hierher gehörte . Schnell machte Kerwin noch einmal die Runde um den ganzen Kreis: Rannirl, Corus, Taniquel, Neyrissa, Kennard – Auster …
    Auster. Kerwin erkannte etwas, das von außerhalb des Kreises kam. Wie ein sichtbares, klebriges schwarzes Kabel führte es durch die Barriere und hinderte die Teilnehmer daran, den Energiekreis zu schließen. Das Band, das psychische Band zwischen

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