Die blutige Sonne
– »… ein paar eurer schwachsinnigen Vorstellungen über die Comyn ändern müßt. Auster hat also einen terranischen Vater – na und? Er hat die Ridenow-Gabe – weil er in dem Glauben erzogen wurde, er habe sie ! Ich bin bei meiner Ausbildung durch die Hölle gegangen … weil ihr alle glaubtet, für mich mit meinem terranischen Blut werde es schwer sein, und mich davon überzeugtet! Ja, Laran ist erblich, aber längst nicht in dem Ausmaß, wie ihr denkt. Das bedeutet, daß Cleindori recht hatte. Die Matrix-Mechanik ist eine Wissenschaft, die jeder erlernen kann, und es besteht keine Notwendigkeit, sie mit allen Variationen von Ritualen und Tabus zu umgeben! Eine Bewahrerin braucht keine Jungfrau zu sein …« Er brach ab.
Elorie hatte es geglaubt. Und ihr Glaube könnte sie töten!
Und doch … Sie war Teil seiner Verbindung mit Cleindori gewesen. Das war der Grund, warum Cleindori ihm die Matrix gegeben hatte, obwohl sein kindlicher Geist unter der Belastung beinahe zusammengebrochen war. Eines Tages sollte eine andere Bewahrerin erfahren, was Cleindori entdeckt hatte, und Arilinn die Botschaft bringen, die man von ihr nicht hatte annehmen wollen. Eine andere Bewahrerin sollte in Geist und Herz und Gewissen der Ermordeten lesen, die gestorben war, um andere junge Frauen aus dem Gefängnis zu befreien, das der Arilinn-Turm um ihren Geist und ihr Herz baute.
»Aber wir haben gewonnen«, stellte Rannirl fest, und Jeff erkannte, daß sie alle seinen Gedanken gefolgt waren.
»Eine Gnadenfrist«, meinte Kennard düster. »Noch kein endgültiger Sieg!«
Und Jeff wußte, Kennard hatte recht. Dies Experiment mochte geglückt sein, und das Pan-Darkovanische Syndikat war jetzt an sein Ehrenwort gebunden, sich von dem Willen Hasturs leiten zu lassen und nicht mit den Terranern zu verhandeln. Aber gleichzeitig war es eine Niederlage gewesen.
Kennard faßte den Gedanken in Worte.
»Die Turmkreise können nie mehr zu dem gemacht werden, was sie in den alten Zeiten waren. Das Leben schreitet vorwärts, nicht zurück. Es ist sogar besser, die Terraner um Hilfe zu bitten – auf unsere eigene Art und zu unsern eigenen Bedingungen –, als diese Bürde auf den Schultern einiger weniger begabter Männer und Frauen ruhen zu lassen. Das Volk von Darkover, Comyn und Bürgerliche, muß lernen, die Anstrengung zu teilen – sogar mit den Leuten von Terra.« Er seufzte.
»Ich habe sie damals im Stich gelassen. Hätte ich weiter an ihrer Seite gekämpft – dann wäre es vielleicht anders gekommen. Aber dies war es, für das sie arbeiteten, Cleindori und Cassilde, Jeff und Lewis, Arnad, der alte Damon – wir alle. Es sollte ein gerechter Austausch stattfinden. Darkover kann Terra Matrix-Energie für die wenigen Dinge geben, für die sie gefahrlos benutzt werden kann; Terra kann uns geben, was es hat. Aber wir müssen gleichberechtigte Partner sein; die Terraner dürfen sich nicht als die Herren und die Darkovaner sich nicht als Bittsteller betrachten. Ein gerechter Austausch soll es sein zwischen gleichberechtigten Welten, jede Welt mit ihrem eigenen Stolz und ihrer eigenen Kraft. Und ich ließ es zu, daß du nach Terra geschickt wurdest …« – er sah Jeff offen an – »… weil ich dich als Bedrohung für meine eigenen Söhne empfand. Kannst du mir verzeihen, Damon Aillard?«
Jeff sagte: »Ich werde mich nie an diesen Namen gewöhnen. Ich will ihn nicht, Kennard. Ich bin nicht mit ihm aufgewachsen. Ich bin nicht einmal mit eurer Art der Regierung einverstanden, ich glaube nicht an ererbte Macht. Wenn deine Söhne es tun, habe ich nichts dagegen. Du hast sie dazu erzogen, diese Art von Verantwortung zu übernehmen. Nur …« Er lächelte. »Benutze allen Einfluß, den du hast, damit ich nicht übermorgen deportiert werde.«
Kennard antwortete freundlich: »Es gibt keine Person namens Jeff Kerwin junior. Sie können unmöglich den Enkel Valdir Altons nach Terra deportieren. Wie immer er sich auch selbst nennen mag.«
Eine federleichte Fingerspitze berührte Jeffs Arm. Er sah hinunter auf das blasse, kindliche Gesicht der Kind-Bewahrerin und erinnerte sich an ihren Namen: Callina von Neskaya.
Sie flüsterte: »Elorie – sie ist bei Bewußtsein; sie will dich sprechen.«
Jeff antwortete ernst: »Ich danke Euch, vai leronis «, und sah das Kind erröten. Was Elorie getan hatte, befreite auch dieses Mädchen, aber sie wußte es noch nicht.
Sie hatten Elorie im nächsten Zimmer auf eine Couch gelegt. Blaß und kraftlos
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