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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ihn brauchten, auf Hände wartend, die ihn zu Werkzeugen, Energie, Kraft, dem Leben einer Welt umgestalten würden.
    Einer nach dem anderen löste sich aus dem Kreis. Kerwin fühlte, wie er aus dem Rapport fiel. Taniquel hob die Augen, um ihn willkommen zu heißen, und sie strahlten vor Liebe und Triumph. Kennard, Rannirl, Corus, Neyrissa, sie waren alle um ihn. In Austers Katzenaugen war noch der schwere Schock zu lesen, doch sie waren reingebrannt vom Haß. Er kam und begrüßte Kerwin mit einer schnellen, harten Umarmung, der Umarmung eines Bruders.
    Das kleine Mädchen, die Bewahrerin aus Neskaya, war auf dem Fußboden zusammengebrochen. Ihr Körper war aus dem Sitz der Bewahrerin gefallen, und Taniquel beugte sich über sie, die Hände an ihre Schläfen gelegt. Das Kind sah knochenlos, erschöpft, kaum noch bei Bewußtsein aus. Taniquel bat besorgt: »Rannirl, komm und trage sie weg …«
    Elorie! Es fuhr Kerwin wie ein Stich durchs Herz. Er sprang über die Sessel und stieß die Tür des Raums auf. Er hatte keine Erinnerung daran, wie er in die Kammer gelangt war, aber Elorie war es irgendwie nicht gelungen, ihm zu folgen. Ihr Geist hatte den Matrix-Ring betreten und ihr Körper lag ungeschützt außerhalb des abgeschirmten Raums.
    Sie lag weiß und leblos zu seinen Füßen. Kerwin ließ sich neben ihr auf die Knie fallen. Sein ganzer Triumph, seine ganze Freude wurden zu Haß und zu Flüchen, als er die Hand auf ihre sich nicht mehr hebende Brust legte.
    Elorie, Elorie! Von dem Gewissen einer Bewahrerin getrieben, war sie zurückgekehrt, um den Turm zu retten … Aber hatte sie das mit ihrem Leben bezahlt? Sie hatte sich unvorbereitet, ohne Schutz in eine fürchterliche Matrix-Operation gestürzt. Kerwin wußte wie diese Arbeit an ihr zehrte, wie sie dabei bis an die Schwelle des Todes geriet, selbst wenn sie sorgfältig bewacht und isoliert wurde! Sie hatte die Anstrengung schon kaum ertragen können, als ihre Nervenkraft noch durch Enthaltsamkeit und sakrosankte Abgeschlossenheit beschützt wurde! Nein, sie hatte ihre Kräfte nicht verloren … aber war das der Preis, den sie dafür bezahlen mußte, daß sie gewagt hatte, sie jetzt noch einzusetzen?
    Ich habe sie getötet!
    Verzweifelt kniete er neben ihr und merkte es kaum, als Neyrissa versuchte, ihn beiseitezuschieben.
    Kennard schüttelte ihn grob.
    »Jeff! Jeff, sie ist nicht tot, noch nicht, es gibt noch eine Chance! Aber du mußt die Überwacherinnen an sie heranlassen. Wir müssen feststellen, wie schlimm es um sie steht!«
    »Verdammt sollt ihr sein, faßt sie nicht an! Habt ihr Teufel ihr noch nicht genug angetan …«
    »Er ist hysterisch«, stellte Kennard kurz fest. »Bring ihn weg, Rannirl.« Kerwin fühlte, daß Rannirls starke Arme ihn packten. Er wehrte sich, er wollte bei Elorie bleiben. Rannirl sagte mitleidig: »Es tut mir leid, Bredu . Du mußt uns an sie heranlassen – verdammt noch mal, Bruder, halt still, oder ich muß dich bewußtlos schlagen!«
    Er spürte, daß Elorie ihm mit Gewalt aus den Armen genommen wurde, er brüllte seine Wut und Verzweiflung heraus … Dann gab er langsam unter der liebevollen Berührung seiner Gedanken durch die anderen nach. Elorie war nicht tot. Sie versuchten nur zu helfen. Er stand still zwischen Rannirl und Auster und sah aus dem Augenwinkel, daß Rannirls Mund blutete und daß Auster eine Schramme im Gesicht hatte.
    »Ich weiß«, sagte Auster mit leiser Stimme. »Aber immer mit der Ruhe, Pflegebruder, sie werden alles tun, was getan werden kann. Tani und Neyrissa sind jetzt bei ihr.« Er hob die Augen. »Ich habe versagt. Ich habe versagt, Bredu . Ich wäre zusammengebrochen, hättest du nicht eingegriffen. Ich hatte überhaupt nie ein Recht, hier zu sein. Ich bin ein Terraner, ein Außenseiter, du hast hier mehr Rechte als ich …«
    Zu Kerwins Entsetzen fiel Auster plötzlich auf die Knie. Seine Stimme war gerade noch hörbar.
    »Alles, was ich über Euch sagte, traf auf mich selbst zu, vai dom . Ich muß es gewußt haben, ich muß mich gehaßt und so getan haben, als haßte ich Euch. Alles, was ich von den Händen der Comyn verdiene, ist der Tod. Es steht ein Leben zwischen uns, Damon Aillard; nimm es, wenn du willst.« Er beugte den Kopf und wartete, gebrochen, auf den Tod gefaßt.
    Mit einem Mal wurde Jeff wütend.
    »Steh auf, du verdammter Idiot!« Grob riß er Auster hoch. »All das bedeutet doch nur, daß einige von euch Trotteln –« – und er blickte von einem zum anderen in der Runde

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