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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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streckte sie die Hände nach Jeff aus. Er faßte sie, ohne sich darum zu kümmern, daß alle übrigen sich hinter ihm in das Zimmer gedrängt hatten. Als er sie berührte, erkannte er, wie schwer der Schock gewesen war, unvorbereitet und ohne Schutz in den Matrix-Kreis zu gehen. In der Zukunft würden Bewahrerinnen lernen, sich gegen den Energieentzug einer gewaltigen Arbeit wie dieser zu schützen. Sie konnten leben, ohne sich lebenslanger Keuschheit zu weihen, aber trotzdem mußten sie strenge Sicherheitsvorkehrungen treffen. Elorie war tatsächlich verletzt worden; sie war dem Tod nähergekommen, als sie alle sich auszumalen wünschten, und oft noch würde die Sonne über Arilinn aufgehen, bis ihr altes fröhliches Lachen wieder im Turm zu hören war. Aber ihre Augen strahlten vor Liebe und Triumph.
    »Wir haben gewonnen«, flüsterte sie, »und wir sind hier!«
    Und Kerwin hielt sie in seinen Armen und wußte, daß sie wirklich gewonnen hatten. Die Tage, die jetzt für Darkover und die Comyn kamen, mußten sie alle verändern. Beide Welten würden mit den Veränderungen zu kämpfen haben, die die nächsten Jahre brachten. Aber eine Welt, die immer die gleiche bleibt, kann nur sterben. Sie hatten darum gekämpft, Darkover zu erhalten, wie es war. Gewonnen hatten sie jedoch nur die Freiheit der Wahl, welche Veränderungen eintreten sollten und wie schnell.
    Kerwin hatte in der Tat gefunden, was er liebte, und er hatte es zerstört, denn die Welt, die er liebte, würde nie mehr die alte sein, und er war das Werkzeug der Veränderung gewesen. Aber indem er sie zerstörte, hatte er sie vor der vollständigen und endgültigen Vernichtung gerettet.
    Seine Brüder und Schwestern waren alle um ihn. Taniquel, so blaß und erschöpft, daß ihm klar wurde, wie rücksichtslos sie sich verausgabt hatte, um Elorie wieder zu sich zu bringen. Auster, dem die Form seines Lebens zerbrochen war, der jedoch eine neue Kraft gewonnen hatte, um sich eine andere zu schmieden. Kennard, sein Verwandter, und alle übrigen …
    »Aber, aber«, war die gleichmütige Stimme der vernünftigen Mesyr zu hören. »Was hat denn das für einen Sinn, daß ihr hier herumsteht, wenn die Arbeit dieser Nacht doch getan und gut getan ist? Nach unten mit euch zum Frühstück … Ja, du auch, Jeff, laß Elorie sich ausruhen.« Bestimmt zog sie die Decke bis an Elories Kinn und machte gegen die anderen scheuchende Handbewegungen.
    Jeffs Blick traf wieder auf den Elories, und so schwach sie war, begann sie zu lachen. Und dann stimmten alle ein, so daß die Gänge und Treppen des Turms widerhallten von geteilter Fröhlichkeit. Wenigstens einige Dinge änderten sich nie.
    Das Leben im Arilinn war für den Augenblick zum normalen Alltag zurückgekehrt.
    Sie waren wieder zu Hause. Und diesmal würden sie bleiben.

 
Um den Eid zu wahren
(TO KEEP THE OATH)

Das rote Licht verweilte noch auf den Hügeln. Zwei der vier kleinen Monde standen am Himmel, der grüne Idriel kurz vor dem Untergang und die winzige Sichel Mormallors, elfenbeinblaß, nahe dem Zenit. Die Nacht würde dunkel werden. Kindra n’ha Mhari merkte nicht gleich, was an der kleinen Stadt seltsam war. Sie war zu dankbar, sie vor Sonnenuntergang erreicht zu haben – Schutz vor der regenfeuchten Kälte einer darkovanischen Nacht, ein Bett nach einer viertägigen Reise, einen Becher Wein vor dem Einschlafen.
    Aber langsam ging ihr auf, daß hier etwas nicht stimmte. Normalerweise würden die Frauen zu dieser Stunde in den Straßen hin- und hergehen, mit den Nachbarinnen plaudern und für das Abendessen einkaufen, während die Kinder draußen spielten und sich stritten. Aber heute abend war keine einzige Frau auf der Straße und auch kein Kind.
    Was war nicht in Ordnung? Stirnrunzelnd ritt sie die Hauptstraße entlang bis zum Gasthof. Sie war hungrig und müde.
    Vor vielen Tagen hatte sie mit einer Gefährtin Dalereuth verlassen. Ihr Ziel war das Gildenhaus in Neskaya gewesen. Aber ihre Gefährtin war, was beide nicht gewußt hatten, schwanger gewesen. Sie hatte ein Fieber bekommen, und im Gildenhaus von Thendara hatte sie eine Fehlgeburt gehabt und lag immer noch dort, sehr krank. Kindra war allein nach Neskaya weitergeritten, aber sie hatte einen Umweg von drei Tagen gemacht, um der Eidesmutter der kranken Frau Nachricht zu bringen. Sie hatte sie in einem Dorf in den Bergen gefunden, wo sie einer Gruppe von Frauen half, eine kleine Meierei zu errichten.
    Kindra fürchtete sich nicht davor, allein zu

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