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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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was Ihr meint.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Macht Euch keine Sorgen, ich kann mich dagegen schützen, selbst wenn sie es ist. Ich bin nicht abergläubisch, und ich habe vor langer Zeit von dem alten Mann selbst gelernt, daß jeder halbwegs fähige Techniker die Arbeit einer Bewahrerin tun kann. Ich habe sie oft genug getan. Gebt sie mir.« Sie nahm die Matrix auf, und Kerwin empfand nur einen leichten Schock. Die Hände der Frau waren schön, jünger als alles übrige an ihr, glatt und weich und mit gepflegten Nägeln. Kerwin hatte sie sich irgendwie knorrig und schmutzig vorgestellt. Wieder kam ihm die Geste bekannt vor.
    »Erzähl mir davon«, forderte sie ihn auf, und Kerwin berichtete ihr mit einem plötzlichen Gefühl der Sicherheit alles: daß er für einen geheimnisvollen anderen gehalten und später auf der Straße überfallen worden war, daß im Waisenhaus keine Unterlagen über ihn existierten und daß die beiden Matrix-Mechaniker sich geweigert hatten, ihm etwas zu sagen. Letzteres rief bei der Frau ein verächtliches Stirnrunzeln hervor.
    »Und die behaupten, sie seien frei von Aberglauben! Diese Narren!« rief sie aus.
    »Was könnt Ihr mir sagen?«
    Sie berührte den Kristall mit einer wunderschön manikürten Fingerspitze. »Soviel: Die Matrix ist nicht auf den Hauptschirmen. Sie mag von einem der Leute aus dem Verbotenen Turm stammen. Ich kann sie nicht ohne weiteres identifizieren. Aber man kann kaum glauben, daß Ihr einen Tropfen terranisches Blut habt. Obwohl es ein paar gegeben hat, und einmal habe ich den alten Dom Ann’dra gesehen … Doch das bringt uns nicht weiter.« Sie ging zu einem Schrank und stöberte darin herum, dann nahm sie einen in Isolierseide gewickelten Gegenstand heraus. Vor sich auf den Tisch stellte sie einen kleinen Rahmen aus Weidenholz, dann entfernte sie die Seide vorsichtig und legte etwas in den Rahmen. Es war eine kleine Matrix, kleiner als seine eigene, aber beträchtlich größer als die, die Ragan ihm gezeigt hatte. Lichter spielten darin. Als Kerwin sie betrachtete, wurde ihm übel. Die Frau blickte in ihre eigene Matrix, dann in die Kerwins, erhob sich und schürte von neuem das Feuer in der Kohlenpfanne, so daß Wolken erstickenden Qualms aufstiegen. Kerwins Kopf begann zu schwimmen. Der Rauch mußte eine sehr wirksame Droge enthalten, denn nachdem die Frau ihn tief eingesogen hatte, trat plötzlich ein lebendiges Funkeln in ihre Augen.
    »Ihr«, sagte sie, »Ihr seid nicht, was Ihr seid.« Sie sprach seltsam undeutlich. »Ihr werdet finden, was Ihr sucht, aber Ihr werdet es auch zerstören. Ihr wart eine Falle, die nicht zugeschnappt ist. Man hat Euch in Sicherheit gebracht, weg aus dem Schneesturm, wo Ihr von den Banshees gefressen werden solltet … Ihr werdet finden, was Ihr wünscht, Ihr werdet es zerstören, aber es gleichzeitig retten …«
    Kerwin erklärte grob: »Ich bin nicht hergekommen, um mir wahrsagen zu lassen.«
    Sie schien ihn nicht zu hören und murmelte beinahe unzusammenhängend vor sich hin. Es war dunkel in dem Zimmer bis auf das schwache Glühen der Kohlepfanne und sehr kalt. Ungeduldig bewegte sich Kerwin. Sie machte eine befehlende Geste, und er sank zurück, überrascht von der Autorität dieser Bewegung. Diese unter Drogeneinfluß babbelnde alte Hexe! Zum Teufel, was macht sie jetzt?
    Der Kristall auf dem Tisch, sein eigener Kristall, glühte und schimmerte; der Kristall in dem Weidenrahmen zwischen den schlanken Händen der Frau begann langsam in blauem Feuer aufzuleuchten.
    »Die Goldene Glocke«, murmelte die Frau mit dicker Zunge, die Wörter zu einem einzigen zusammenziehend: Cleindori . »O ja, Cleindori war schön, lange, lange suchte man sie in den Bergen jenseits des Flusses, aber sie war dahin gegangen, wo sie sie nicht verfolgen konnten, die stolzen, abergläubischen Narren, die das Gesetz von Arilinn predigten …«
    Alles Licht im Raum hatte sich jetzt auf dem Gesicht der Frau gesammelt, das Licht, das von dem blauen Mittelpunkt des Kristalls ausging. Kerwin saß lange still, während die Frau in den Kristall starrte und murmelte. Schließlich fragte er sich, ob sie in Trance gefallen, ob sie eine Hellseherin sei, die seine Fragen beantworten konnte.
    »Wer bin ich?«
    »Du bist der eine, den wegzuschicken ihnen gelang, der aus dem Feuer gerissene Brand«, antwortete sie mühsam. »Da waren andere, aber du warst der wahrscheinlichste. Sie wußten es nicht, die stolzen Comyn , daß du ihnen entrissen worden warst. Daß

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