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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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und jetzt war sie tot. Diese unbekannte, unschöne Frau, deren Namen er nicht einmal kannte, und er hatte sie in das geheimnisvolle Schicksal verwickelt, das ihm auf den Fersen war.
    Er blickte auf ihre Matrix, die grau und leblos auf dem Tisch lag. War sie gestorben, als die Frau starb? Vorsichtig nahm er seine eigene auf und steckte sie in die Tasche. Von neuem betrachtete er mit Bedauern und nutzloser Reue die tote Frau. Und dann wandte er sich ab und rief die Polizei.
    Sie kamen, Darkovaner der Garde in ihren grünen Uniformen mit Kreuzgürteln, hier auf Darkover etwa das, was anderswo die Stadtpolizei gewesen wäre. Sie waren gar nicht glücklich darüber, einen Terraner vorzufinden, und sie ließen es merken. Widerstrebend, mit steifer Höflichkeit erlaubten sie ihm, einen terranischen Konsul holen zu lassen, bevor sie mit der Vernehmung begannen – ein Privileg, auf das Kerwin lieber verzichtet hätte. Es war ihm gar nicht angenehm, daß das HQ erfuhr, er habe hier unten Nachforschungen betrieben.
    Sie stellten ihm Fragen, und dann gefielen ihnen die Antworten nicht. Kerwin hielt nichts zurück, ausgenommen die Tatsache, daß er eine eigene Matrix besaß, und den Grund, warum er bei der Frau Rat gesucht hatte. Aber an der Leiche der Frau waren keine Male zu sehen, sie war offenbar nicht sexuell belästigt worden, und ein terranischer und ein darkovanischer Mediziner gaben unabhängig voneinander das Urteil ab, sie sei an einem Herzanfall gestorben. So ließen sie Kerwin am Ende gehen, doch sie eskortierten ihn bis zum Rand des Raumhafens. Dort verabschiedeten sie sich auf eine bestimmte grimmig-offizielle Art, die eine deutliche Warnung enthielt: Sollte er noch einmal in jenem Teil der Stadt auftauchen, würden sie für nichts, was geschehen mochte, verantwortlich sein.
    Das war der Gipfel aller Enttäuschungen gewesen, dachte Kerwin. Am Ende einer Sackgasse hatte er nichts gefunden als eine tote Frau. Allein in seinem Zimmer lief er wie ein wildes Tier im Käfig auf und ab, durchlebte die Szene immer wieder und wieder und versuchte, einen Sinn darin zu erkennen.
    Verdammt noch mal, es steckte Absicht dahinter! Irgend jemand oder irgend etwas war entschlossen , ihn an der Erforschung seiner eigenen Vergangenheit zu hindern. Der Mann und die Frau, die sich geweigert hatten, ihm zu helfen, hatten gesagt: »Es steht uns nicht zu, uns in die Angelegenheiten der vai leronis einzumischen.«
    Das Wort war ihm nicht bekannt. Er versuchte, es sich aus seinen Bestandteilen zusammenzusetzen. Vai war natürlich der ehrerbietige Zusatz, der etwa würdig oder ausgezeichnet bedeutete. Zum Beispiel ließ sich vai dom ungefähr mit würdiger Lord, ehrenwerter Herr, Euer Exzellenz übersetzen, je nach dem Kontext. Leroni fand er unter Leronis (Singular; Bergdialekt). Das Wort war definiert als ›wahrscheinlich von Laran abgeleitet, was Macht oder ererbtes Recht bedeutet, insbesondere ererbte psychische Kraft; Leronis kann für gewöhnlich mit Zauberin übersetzt werden.‹
    Aber, so überlegte Kerwin stirnrunzelnd, wer waren dann die vai leroni , die würdigen Zauberinnen, und warum, um alles in der Welt – in jeder Welt! – nahm irgendwer an, er könne in ihre Angelegenheiten verwickelt sein?
    Das Summen des Interkoms schreckte ihn aus seinen Gedanken auf. Kerwin meldete sich verdrießlich und riß sich auf der Stelle zusammen, denn das Gesicht des Legaten auf dem Schirm sah wirklich sehr grimmig aus.
    »Kerwin? Kommen sie sofort nach oben in die Verwaltung – auf der Stelle!«
    Kerwin tat, wie ihm befohlen war. Ein Aufzug brachte ihn über viele Stockwerke bis zu dem Penthouse mit seinen Glaswänden, das das Stabsquartier des Legaten war. Während er draußen wartete, erspähte er zu seinem Schrecken durch die offene Tür zwei Männer der Stadt-Garde in ihren grünen Uniformen und Kreuzgürteln. Sie kamen heraus und marschierten steif links und rechts von einem hochgewachsenen, sich aufrecht haltenden, silberhaarigen Mann dahin, dessen reiche Kleidung und kurzer, juwelenbesetzter, blau und silberner Mantel das Mitglied der darkovanischen Hocharistokratie verriet. Alle drei blickten durch Kerwin hindurch, und Kerwin hatte das unbehagliche Gefühl, daß das Schlimmste erst noch kam.
    Der Wachmann winkte ihn herein. Der Legat betrachtete ihn mit finsterer Miene, und diesmal forderte er ihn nicht auf, sich zu setzen.
    »Er ist also der Darkovaner«, sagte er – gar nicht freundlich. »Ich hätte es mir denken können. Zum

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