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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ärgerlich wurde und entschlossen feilschte. Mit wundervoll echt wirkender Verzweiflung wies der Ladenbesitzer darauf hin, daß diese armseligen Dinger des vai dom nicht würdig seien. Schließlich entschied sich Kerwin für zwei Paar, davon ein Paar Reitstiefel und ein Paar der weichen, niedrigen Wildlederstiefel, die alle Männer in Arilinn ständig im Haus zu tragen schienen. Er zog seine Brieftasche und fragte: »Was bin ich Euch schuldig?«
    Der Mann blickte schockiert und beleidigt drein. »Was habe ich getan, um diese Kränkung zu verdienen, vai dom? Ihr habt mir und meinem Geschäft Gnade erwiesen; ich kann keine Bezahlung annehmen!«
    »Nun hört mal«, widersprach Kerwin, »das dürft Ihr nicht tun …«
    »Ich habe Euch gesagt, diese armseligen Dinger seien Eurer Aufmerksamkeit nicht würdig, vai dom , aber wenn der Hohe Lord so gnädig sein will, von mir ein Paar anzunehmen, das tatsächlich geeignet ist …«
    »Hölle und Teufel«, brummte Kerwin. Er hatte keine Ahnung, um was es ging und welches darkovanische Tabu er diesmal unabsichtlich verletzt hatte.
    Der Mann sah Kerwin scharf an, dann sagte er: »Verzeiht mir meine Aufdringlichkeit, vai dom , aber seid Ihr nicht der hohe Lord Comyn Kerwin-Aillard?«
    Kerwin erinnerte sich, daß nach darkovanischem Brauch ein Kind Namen und Rang des höherstehenden Elternteils bekam und bejahte. Respektvoll, aber in einem festen Ton, als unterweise er ein zurückgebliebenes Kind in schicklichem Benehmen, erklärte der Mann: »Es ist nicht Sitte, Bezahlung für irgend etwas anzunehmen, das ein Comyn -Lord sich herabläßt auszuwählen, Sir.«
    Kerwin, der keine Szene wünschte, gab mit Würde nach, aber er fühlte sich in Verlegenheit gesetzt. Zum Teufel, wie konnte er die anderen Dinge, die er brauchte, einkaufen? Sollte er einfach hingehen und sie verlangen? Die Comyn schienen ein hübsches kleines Racket laufen zu haben, aber schließlich war er kein Gangster! Er war gewöhnt, für sein Geld zu arbeiten und zu bezahlen, was er haben wollte.
    Er klemmte sich das Paket unter den Arm und ging die Straße entlang. Es war ein ganz anderes und sehr angenehmes Gefühl, als Bürger durch eine darkovanische Stadt zu wandern, nicht als ein Außenseiter oder Eindringling! Kerwin dachte kurz an Jonny Ellers, doch das war ein anderes Leben, und die Jahre, die er im Dienst des Terranischen Imperiums verbracht hatte, waren wie ein Traum.
    »Kerwin?«
    Er blickte auf und sah Auster, der in Grün und Scharlach gekleidet vor ihm stand. Für seine Verhältnisse freundlich sagte Auster: »Ich dachte, du könntest dich verlaufen. Ich hatte selbst in der Stadt zu tun, und da wollte ich nachsehen, ob ich dich auf dem Marktplatz finde.«
    »Danke«, antwortete Kerwin. »Verlaufen habe ich mich bis jetzt noch nicht, aber die Straßen sind ein bißchen verwirrend. Nett von dir, daß du mir nachgekommen bist.« Er wunderte sich über die freundliche Geste. Auster war als einziger des ganzen Kreises pausenlos unfreundlich zu ihm.
    Auster zuckte die Schultern, und plötzlich – so deutlich, als wenn Auster gesprochen hätte – entstand in Kerwins Gedanken das Muster:
    Er lügt. Er hat das nur gesagt, damit ich ihn nicht frage, was er in der Stadt zu erledigen hatte. Er hat mich nicht treffen wollen, es ist ihm sogar unangenehm, daß er mich getroffen hat . Aber er verscheuchte den Gedanken. Verdammt, er war nicht Austers Hüter. Vielleicht hatte der Mann ein Mädchen unten in der Stadt oder einen Freund oder sonst etwas. Seine Angelegenheiten gingen Kerwin nichts an.
    Aber warum meinte er, er müsse mir eine Erklärung darüber geben, daß er sich in der Stadt aufhält?
    Sie hatten sich in die Richtung des Turms gewandt, der wie ein langer Schattenarm über dem Marktplatz lag, und waren in Gleichschritt gefallen. Jetzt blieb Auster stehen.
    »Hättest du Lust, irgendwo etwas zu trinken, bevor wir zurückgehen?«
    Obwohl er das freundliche Angebot zu schätzen wußte, schüttelte Kerwin den Kopf. »Danke. Für einen Tag bin ich lange genug angestarrt worden. Am Trinken liegt mir sowieso nicht viel. Trotzdem vielen Dank. Vielleicht ein anderes Mal.«
    Auster sandte ihm einen schnellen Blick zu, nicht freundlich, aber verständnisvoll. »Du wirst dich daran gewöhnen, angestarrt zu werden – in einer Beziehung. In einer anderen wird es im Laufe der Zeit immer schlimmer. Je länger man mit … mit der eigenen Art isoliert ist, desto weniger kann man Außenseiter ertragen.«
    Schulter an

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