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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Schulter schritten sie eine Weile dahin. Dann hörte Kerwin hinter ihnen einen plötzlichen Aufschrei. Auster fuhr herum und gab Kerwin einen heftigen Stoß. Kerwin verlor das Gleichgewicht, stolperte und fiel der Länge nach hin, und gleichzeitig flog etwas über ihn weg und traf die Mauer hinter ihm. Ein Stück Stein wurde abgesplittert, streifte Kerwins Wange und riß sie bis auf den Knochen auf.
    Auster hatte sich auf die Knie fallen lassen. Er stand wieder auf, blickte wachsam in alle Richtungen und nahm den schweren Pflasterstein hoch, den irgendwer mit einer Zielsicherheit geworfen hatte, die hätte tödlich sein können.
    Kerwin knurrte: »Verflucht und zugenäht!« Er rappelte sich hoch und sah Auster an.
    Auster sagte steif: »Ich entschuldige …«
    »Vergiß es«, unterbrach Kerwin ihn. »Du hast mich vor einer bösen Verletzung gerettet. Hätte der Stein mich mittschiffs getroffen, könnte ich jetzt tot sein.« Vorsichtig berührte er seine Wange mit den Fingern. »Wer hat das verdammte Ding geworfen?«
    »Irgendein Unzufriedener.« Unruhig sah Auster sich um.
    »Seltsame Dinge gehen in letzter Zeit in Arilinn vor. Kerwin, willst du mir einen Gefallen tun?«
    »Das bin ich dir wohl schuldig.«
    »Erwähne dies nicht vor den Frauen – und auch nicht vor Kennard. Wir haben uns im Augenblick über genug anderes Sorgen zu machen.«
    Kerwin runzelte die Stirn, doch schließlich nickte er. Schweigend, Seite an Seite gingen sie auf den Turm zu. Es war überraschend, wie ungezwungen er sich in Austers Gesellschaft fühlte, ungeachtet der Tatsache, daß Auster ihn nicht mochte. Es war, als hätten sie sich schon ihr ganzes Leben lang gekannt. Mit der eigenen Art isoliert , hatte Auster gesagt. War Auster von seiner eigenen Art?
    Kerwin hatte an zwei Tatsachen zu kauen. Die eine war: Auster, der ihn nicht leiden konnte, hatte gehandelt, ohne nachzudenken, um ihn vor dem geschleuderten Stein zu retten; wäre er einfach stehengeblieben, hätte der Stein Kerwin verletzt, und Auster wäre einiger Ärger erspart worden. Aber noch überraschender als Austers Verhalten war, daß jemand den Stein geworfen hatte. Trotz all der Verehrung, die den Comyn durch die Einwohner von Arilinn erwiesen wurde, gab es irgend jemand in Arilinn, der einen von ihnen hatte töten wollen.
    Oder hatte der halbterranische Eindringling getötet werden sollen? Plötzlich wünschte Kerwin, er hätte Auster sein Versprechen nicht gegeben. Er hätte gern mit Kennard darüber gesprochen.
    Als sie an diesem Abend mit den anderen in der Halle zusammentrafen, warf Kennard einen merkwürdigen Blick auf Kerwins verbundene Wange, und wenn Kennard eine gezielte Frage gestellt hätte, dann hätte Kerwin vielleicht geantwortet. Denn er hatte Auster nicht versprochen zu lügen. Aber Kennard sagte nichts, und so erzählte Kerwin ihm nur von dem Ladenbesitzer und den Stiefeln und gestand ein, daß dieser Brauch ihm gar nicht gefalle. Der ältere Mann warf den Kopf zurück und lachte lauthals.
    »Mein lieber Junge, du hast dem Mann ein Prestige verschafft – ein Terranan würde es, glaube ich, kostenlose Werbung nennen –, das jahrelang vorhalten wird! Die Tatsache, daß ein Comyn von Arilinn, auch wenn es kein sehr bedeutender ist, in seinen Laden kam und mit ihm handelte …«
    »Ein Racket«, brummte Kerwin. Er fand das gar nicht lustig.
    »Nein, Jeff, es ist nicht mehr als recht und billig. Wir geben diesen Leuten einen guten Teil unseres Lebens, wir tun Dinge, die sonst niemand tun kann. Sie würden uns unter keinem Vorwand gestatten, uns davor zu drücken. Ich war einige Zeit Offizier bei der Garde. Mein Vater ist der erbliche Kommandant, es ist ein Alton-Amt, und wenn er stirbt, werde ich die Garde kommandieren müssen. Ich sollte an seiner Seite sein und es lernen. Aber in Arilinn fehlten Leute, deshalb kam ich zurück. Wenn mein Bruder Lewis am Leben geblieben wäre – aber er starb, und dadurch wurde ich Erbe von Alton und gleichzeitig des Befehls über die Garde.« Kennard seufzte. Seine Augen blickten in die Ferne. Dann erinnerte er sich daran, was er Kerwin hatte erläutern wollen.
    »In gewissem Sinn ist es eine Methode, uns hier als Gefangene zu halten, eine Bestechung. Man gibt uns alles, was wir uns wünschen – was irgendeiner von uns sich wünscht –, so daß wir nicht den Schatten einer Entschuldigung haben, wenn wir den Turm mit der Begründung verlassen, anderswo könnten wir mehr bekommen.« Er betrachtete die Stiefel und stellte

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