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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beschäftigt.
    Der Kellner brachte ihn zu einem winzigen Tisch in der hintersten Ecke. Rio bestellte Saltimbocca und eine halbe Flasche Bardolino. Der Wein kam zuerst, und er war froh darum, denn er fühlte, wie unter seiner Wirkung die Kräfte zurückkehrten – und mit den Kräften Ordnung in seine Gedanken.
    Zehn Uhr dreißig. Natürlich war er knochenmüde, aber was änderte das schon? Bis zum Max-Kroner-Platz war es ja nicht weit. Das Haus würde er auch in der Dunkelheit finden.
    »Erkenntnisse sammeln«, nannte Ludwig das, gut, und die erste Erkenntnis würde die Antwort auf die Frage sein, ob an Hampels Wohnung überhaupt ranzukommen war.
    Er aß ziemlich hastig, trank den Wein, fühlte, wie ihm Wärme in den Kopf stieg. Er winkte dem Kellner, zahlte und schob sich aus dem Lokal.
    Im Vorraum hing ein schmaler, hoher Spiegel. Er sah sich darin, mit blassem Gesicht und zusammengezogenen Augenbrauen, ein ziemlich bescheuert wirkender Typ. Aber die ›H&K‹ unter der Jacke war nicht zu erkennen, auch nicht, wenn er sich bewegte. Und Mike Douglas war er sowieso nicht …
    Es war tatsächlich nicht weit. Er war nach links abgebogen. Am Ende der Lichtschneise, die die Straße bildete, wartete die Dunkelheit wie schwarze, auslaufende Tinte.
    Durch dieses Dunkel schwammen Lichter: Autos … Die Straße war still.
    Eine Viertelstunde ging er, dann erkannte er, daß seine Vermutung richtig war: Der Park! – Es war der Park, den er auf der Karte gesehen hatte. Auf der Karte stellte er sich als kleine Grünfläche mit einer wurmartigen, blauen Form dar. Es mußte also auch einen See geben …
    Rio hielt sich jetzt rechts. An den dunklen, hohen Flächen der Häuserfronten leuchteten Lichtvierecke. Die Baumsilhouetten auf der anderen Seite grenzten sich scharf ab. Und hoch über allem hing eine gelbe Mondsichel.
    Rio kam an eine Baustellensperre, zögerte und nahm dann die Parkseite.
    Der Max-Kroner-Platz mußte sich weiter oben befinden. Auf der Karte war er eine fast viereckige, kleine Ausbuchtung.
    Hinter den Stämmen verlief ein Parkweg. Zwischen den Buschschatten glitzerte es. Wasser? Tatsächlich, der See … Auf dem Weg dorthin hörte er knirschende Schritte. Es bewegten sich rote Zigarettenpünktchen, man hörte Stimmen, leises Lachen. Liebespärchen.
    Na gut, wieso sollten die Leute nicht knutschen oder noch Spazierengehen, falls es ihnen Spaß machte? ›Erkenntnisse sammeln‹, ›Phase Rot‹ – okay, Ludwig! Und was wird am Max-Kroner-Platz sein? Weißt du: Früher hatte ich Reissner bei solchen Spaziergängen dabei. Jetzt kommst noch du auch mit … Was für ein Trio wir doch sind!
    Er ging jetzt langsamer.
    Er hatte erkannt, daß die gleichmäßige Kantenlinie der Dachfirste gebrochen war. Dort vorne zeigte sich mehr Nachthimmel, zeigten sich mehr Sterne zwischen den Gebäuden: der Platz!
    Zur selben Sekunde, als er das Wort ›der Platz‹ dachte, strich seine Hand über die Pistole, es geschah ganz selbstverständlich, war so unwillkürlich wie ein Reflex, und lächerlich war die Geste vermutlich auch. Aber die Berührung mit dem ›Ding‹ hatte trotzdem etwas ungemein Beruhigendes.
    Dann blieb er stehen.
    Auf der Parkseite herrschte Halteverbot, dort drüben aber standen die Autos in Zweierreihen – ein richtiges Blechgedränge war das! Und das ganze Erdgeschoß des großen Wohnblocks war strahlendhell erleuchtet.
    Aus den offenstehenden Fenstern schickten die Lautsprecherboxen das dumpfe Wummern ihrer Bässe herüber. Rock … Jetzt auch noch Elvis? Oldtimer … Und jede Menge Leute. Selbst auf der langen Parterreterrasse standen sie. Nicht auffallen, ich weiß doch, Ludwig … Dich nie in der Tatzone von anderen beobachten lassen – aber sicher!
    Er überlegte, ob er tiefer in den Park eintauchen sollte, schaffte es gerade bis hinter den ersten Stamm, um dann wie gebannt wieder stehenzubleiben.
    Eine Party? Klar doch! Wieso auch nicht? Eine Party junger Leute dazu … Drei kamen gerade über die Straße gerannt. Das Mädchen zwischen ihnen schaukelte ziemlich unsicher, kicherte, bückte sich jetzt und zog sich mitten auf der Fahrbahn seine hochhackigen Sandaletten aus.
    Ein heranrollendes Auto blinkte mit der Lichthupe. Das Mädchen war wirklich jung, neunzehn, höchstens zwanzig, und mit seinen kurzen Haaren und den breiten Wangenknochen erinnerte es ihn an Vera – eine jüngere Ausgabe, eine kleine Schwester. Doch Vera hätte das genauso gebracht: sich beschwipst auf der Fahrbahn die Sandaletten

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