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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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von den Füßen zu ziehen …
    »Hilde, na, los schon! Hast du das wieder gesehen? Ist das nicht typisch …«
    »Ich will baden!« schrie Hilde. »Ich will baden!«
    Keine zehn Meter von ihm entfernt rannte sie durchs Laub.
    »Tu's doch! Immer 'rin in die Dreckbrühe, druff auf die Enten!«
    »Tu ich … Tu ich …«
    Der Block, in dem die Party lief und aus dem die jungen Leute kamen, war ein Eckhaus – das letzte vor dem Platz.
    Und der Max-Kroner-Platz war noch kleiner, als Rio ihn nach dem Blick auf die Karte geschätzt hatte. Der Häuserblock verlief mit seinen Terrassen auch um die rechte Seite. Die Front- und die linke Seite rahmten jeweils drei Gartengrundstücke ein, aus denen sich die Silhouetten von Ein- oder Zweifamilienhäusern erhoben.
    Zehn – bisher war das nur eine Zahl gewesen. Aber nun?
    Rio strich über das Wildleder seiner Jacke. Wie bei manchen seiner Reportagen hatte er im Pilotenkoffer ein Glas mitgenommen: ein für seine winzige Größe beachtlich nachtstarkes Opernglas. Er sah sich um. Niemand. Dann hob er das Glas hoch – doch die Zahlen über den Haustüren waren nicht zu erkennen.
    Er steckte das Glas in die Tasche zurück und ging weiter durch das Laub, ein etwas zerstreut wirkender Spaziergänger beim Gang durch einen unbekannten Park in einer ihm unbekannten Gegend Berlins. Aber das brachte ihn nicht weiter.
    Er setzte seine Sonnenbrille auf. Eine Mann mit Sonnenbrille bei Nacht im Park? Na gut, das konnte verdächtig wirken, aber gab es schließlich nicht genug Vögel, die Sonnenbrillen bei Nacht für originell hielten? Oder andere, die Schwierigkeiten mit den Augen hatten?
    Etwa in halber Höhe des Platzes standen zwei dieser Laternennachbildungen aus der Gründerzeit. Hübsch, gemütlich, dekorativ – und Gott sei Dank nicht sehr weitreichend.
    Rio ging zurück zu dem Eckhaus. Autos fuhren an, ein Motorrad preschte näher, zwei Typen sprangen ab, Gelächter, und der Mann am Plattenspieler hatte sich inzwischen für Michael Jackson entschieden.
    Rio stellte den Kragen der Jacke hoch und ging auf die beiden jungen Leute zu, die gerade von der Maschine gestiegen waren. Lachend klemmten sie ihre Schutzhelme unter die Arme. Er nickte ihnen kurz zu, fühlte sich auf eine gewisse Weise befreit; die alte Spannung hatte ihn wieder erfaßt, der Reporterkitzel, der bewirkt, daß sich die Schwierigkeiten dieser Welt viel einfacher präsentieren, als sie die übrigen Zeitgenossen wahrnehmen.
    Nun um die Ecke. Einer der Wagen der Party-Bande, ein Uralt-Spider mit klapperndem Auspuff, machte sich gerade auf die Parkplatzsuche. Das Mädchen am Steuer winkte ihm zu. Rio stand auf dem Platz, hatte nun den letzten der Hauseingänge des Wohnblocks erreicht. Nummer acht stand da! Herrgott noch mal, dann mußte doch? …
    Dort! Der zweistöckige Klinkerbau eines Einfamilienhauses! Aus weißverfugten Backsteinen war auch die Umfassungsmauer. Auf der Umfassungsmauer wiederum zog sich ein niederer, rohrgefaßter Drahtzaun hin. Die Gartenpforte war ebenfalls weiß. Ein kurzer Plattenweg. Die Haustür machte sich in einer prächtigen Steinumrahmung wichtig. Und darüber stand es, ziemlich klein allerdings: ›10‹.
    Er überlegte, blitzschnell und klar: Umdrehen! Schnell rüber in den Park! Bloß weg hier …
    Und blieb doch stehen – weil er gar nicht anders konnte, weil da etwas war, das ihn zwang, stehenzubleiben; weil sich in dieser unglaublichen, wie in einem miesen Film inszenierten Sekunde die Tür öffnete.
    Und da stand jemand. Stand im Schatten des Vordaches …
    Rio drehte sich um und brauchte alle Beherrschung, die Bewegung nicht gehetzt oder erschreckt erscheinen zu lassen.
    Es waren ja nicht mehr als zehn Meter, die sie trennten …
    Die Souterrainfenster des Wohnblocks waren durch Stahlgitter gesichert, die sich etwa dreißig Zentimeter kastenförmig auf den Gehweg schoben.
    Rio setzte, mit dem Rücken zum Platz, den rechten Fuß auf eines der Gitter. Er nahm die Sonnenbrille ab. Er wollte, nein, er mußte besser sehen …
    Er trug das Gesicht nicht nur im Gedächtnis, es hatte sich in sein Bewußtsein eingeprägt, als kenne er es seit Jahren: Ein solides, wenn auch vom Fett aufgedunsenes Rechteck; ein Gesicht, zu dem ein entsprechend stabiler, schwerknochiger Körper paßte. Ein deutsches Beamtengesicht. Ein deutscher Leib dazu. In Nordrhein-Westfalen oder in der Hannoverschen Gegend, wo Rio selbst herkam, waren nicht nur die Ämter, da waren auch die Stammtische mit Hampels

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