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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sehr tot. Helles halblanges Haar fiel der Frau ins Gesicht. Die eine Hand war noch zur Faust geballt, die andere lag schlaff neben einem nackten weißen Schenkel.
    Rios Hand tastete nach der Schläfe, dann hinab zur Halsschlagader. Die Haut war noch warm. Aber da war nicht das entfernteste Echo eines Herzschlags zu spüren.
    Wie lange er so dasaß – er wußte es nicht. Dann kamen die Gedanken zurück, und mit ihnen ein wenig Kraft. Er stand auf und blickte sich um. Er entdeckte kein Telefon. Er würde hier auch nicht telefonieren.
    Er schloß ganz sacht die Tür. Und dann die zweite, die am Eingang.
    Als er in die Nacht hinaustrat, fühlte er nicht einmal mehr Angst. In ihm war nichts als eine große, kalte Leere, die sich langsam mit tödlichem Zorn auflud.
    Er ging zum Porsche und sah noch einmal zurück. Das Haus lag dunkel und verlassen wie zuvor. Zwei Morde. Ein Schäferhund und eine Frau. Eine Frau, die er nicht kannte und die doch verzweifelt versucht hatte, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Er wußte nicht einmal, auf welche Weise der Mörder die Tat ausgeführt hatte. Der Mörder? Derselbe Mörder, der Vera gequält hatte?
    Seine Hände zitterten, als er die Tür des Porsche aufzog. Auf der Fahrt zurück nach Bernhagen hatten sie an einer Tankstelle angehalten. Bruno war ausgestiegen und mit einer Schinkensemmel und einer Flasche Cognac zurückgekommen. Die Schinkensemmel für Rio, den Cognac für sich. Aber die Hälfte des Cognacs war noch da. Rio holte die Flasche aus der Türablage und setzte sie an den Mund. Der Alkohol löschte das Zittern.
    Er nahm das Funktelefon und drückte die Notrufnummer. Eine Frauenstimme meldete sich und leitete das Gespräch an die Kriminalpolizei weiter.
    »Mainrad – Bereitschaft.«
    »Herr Mainrad, ist Kommissar Wendland zu sprechen?«
    »Der ist schon nach Hause.«
    »Der andere Herr, ziemlich braungebrannt, blonder Schnauz?«
    »Moment.«
    »Mühlen!« Da war er, der junge braungebrannte Typ mit dem auf getrimmten Schnauz auf der Oberlippe.
    »Herr Mühlen, hier spricht Martin. Wir haben uns vor einer Stunde im Parkhotel kennengelernt.«
    »Martin? Ach ja, natürlich! Ist Ihre Frau noch mal aufgewacht, Herr Martin? Haben Sie neue Erkenntnisse?«
    »Meine Frau schläft. Das heißt, ich hoffe, daß sie schläft. Ich hab' aber trotzdem neue Erkenntnisse.«
    »Wirklich? Um was geht es?«
    »Ich rufe vom Wagen aus an. Ich stehe in der Oprechtstraße. Vor dem Haus Nummer 27.«
    »Ja?«
    »In diesem Haus ist ein Mord geschehen … Und sicher nicht vor allzu langer Zeit.«
    »Was? Was sagen Sie da?«
    »Ein Mord, Herr Mühlen … Falls Sie Tierfreund sind, können Sie sogar von einem Doppelmord reden. Der Schäferhund, der das Haus bewachen sollte, ist nämlich auch umgebracht worden. Mit einem Schnitt durch die Kehle …«
    »Der Schäferhund?« murmelte der junge Beamte. »Und das Opfer?«
    »Eine junge Frau. Sie liegt auf dem Teppich im Wohnzimmer. Wie sie zu Tode kam, weiß ich nicht. Ihr Name ist Dagmar Reichenbach.«
    »Moment mal … Dagmar Reichenbach …« Er wiederholte es langsam, wie ein Schuljunge, während er Name und Adresse aufschrieb. »Darf ich fragen, wieso …«
    »Wieso ich dorthin kam, nach allem, was heute nacht schon geschehen ist … Es hat mit meinem journalistischen Auftrag zu tun, Herr Mühlen. Ich erzähle Ihnen das alles morgen. Für heute reicht's mir. Ich will jetzt nur eines: zurück ins Hotel, zurück zu meiner Frau.«
    »Aber …«
    »Nichts aber. Kommen Sie morgen früh ins Parkhotel. Ich steh' Ihnen zur Verfügung. Sagen wir ab neun, ja.«
    Er wartete eine Antwort nicht ab. Er legte auf. Er hatte nicht gelogen: Er wollte tatsächlich nur eines: zurück zu Vera. Und noch etwas anderes wollte er auch: sich in Ruhe überlegen, wieviel er der Polizei von dem Verdacht, nein, von der Theorie erzählen sollte, die sich ihm bereits in dem Augenblick aufgedrängt hatte, als das Licht seiner Stablampe eine blutverschmierte Hundekette aus der Dunkelheit holte …
    »Herr Martin, verzeihen Sie bitte – einen Augenblick noch …« Der nette Herr Weigert. Von seinen Postfächern winkte er Rio zu. »Da ist gerade etwas gekommen für Sie. Ein Eilbrief.«
    »Ein Eilbrief?« Das fand Rio nun doch sonderbar. Er nahm Weigert das kleine, feste braune Kuvert ab, das er ihm entgegenhielt: ›M R . R IO M ARTIN ‹. Und als Adresse nur: ›P ARKHOTEL B ERNHAGEN ‹. Kein Absender.
    Durch das Papier fühlten seine Fingerspitzen die Plastikstruktur einer

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