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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verbreitet sich panische Unruhe. Sie schlägt in helle Empörung um, als einzelne Forscher die neuen Krankheitsfälle, die ohne Ausnahme auf einem unerklärbaren Zusammenbruch des Immunsystems beruhen, mit dem fatalen Begriff ›GRID‹ – ›gay related immunity deficiency‹ belegen.
    Die Empörung der Homosexuellen gegen die Wissenschaftler, die behaupten, der merkwürdige Abbau des Immunsystems müsse ›irgendwie‹ mit homosexuellen Praktiken in Zusammenhang stehen, ist berechtigt. Denn als nun, in den achtziger Jahren, die ›Schwulen-Pest‹ ihren Siegeszug um die Welt antritt, in den Metropolen Amerikas, Asiens, Afrikas und in den großen Städten Europas zuschlägt, werden endlich auch die Hauptmerkmale des Erregers und der neuen, gefährlichen Seuche erkannt: die dramatische Schwächung des körpereigenen Abwehrsystems. Sie geschieht deshalb, weil das Virus sich nicht in irgendeine Zelle einnistet, sondern mit fast zynischem Geschick sich die wichtigsten Helfer bei der Krankheitsabwehr aussucht: die T- und die T-4-Lymphozyten. Sie greift es an, zwingt sie zur Vervielfältigung des eigenen Erbmaterials, verändert sie krebsartig und zerstört sie. Und dies nicht nur bei Homosexuellen, o nein, die Abstammungsspur des Mörders führt nach Afrika, und dort sind die Hälfte der Virusopfer Frauen! Und bald zeigt sich auch in den vom Virus betroffenen Regionen das gleiche Bild: Ob Mann oder Frau – niemand ist vor diesem Killer sicher, selbst nicht das Kind im Mutterleib.
    Auch die Annahme, das HIV-Virus würde in erster Linie durch Geschlechtsverkehr übertragen, ist nicht länger aufrechtzuerhalten. Das Virus kennt nur ein einziges Gesetz: leben und sich vermehren. Es schert sich einen Dreck darum, welcher Organismus ihm dies ermöglicht. Es tötet Drogenabhängige, die sich mit Injektionsnadeln infizieren ebenso wie ungeborene Kinder im Mutterleib, es schleicht sich über verseuchte Konserven in die Operationssäle oder in die Blutbahn von Hämophilen, Menschen, die ohne Fremdblut nicht existieren können. Ein Ozean von Leid, ein unentwirrbares Dickicht von Schuld, Verzweiflung und Tod ist die Folge.
    Mehr als hunderttausend Menschen sind es, die allein in Deutschland infiziert sind. Die wahren Zahlen aber bleiben noch immer im Dunkeln, verschwommen und verschleiert von der Unfähigkeit einer Behörde, die den Selbstbetrug zur Norm machte, indem sie auf jede genaue Erfassung verzichtete …
    AIDS – NICHTS ALS EIN T OTSCHLAGWORT !
    Vera klammerte sich an alles, was Jan Herzog ihr gesagt hatte. Jeder Satz bleibt wie eingestanzt in ihrem Bewußtsein: »Aids ist nichts als ein Totschlagwort. Wer spricht denn von denen, die weiterleben? Und das sind in San Francisco dreißig Prozent – und das zum Teil seit vierzehn Jahren … Rios Immunsystem funktioniert doch!«
    Doch ›Weitermachen‹ war nicht mehr so einfach. Hinsehen, wie er stundenlang vor dem Fernseher hing, den Kopfhörer auf den Ohren, weil sie das ewige Geplärre und Gequatsche nicht mehr aushielt. Das Zimmer eine einzige Tabakwolke. Daraus sein abweisender, todtrauriger Blick. Nichts sagen, Aschenbecher leeren, Fenster aufreißen, Nerven behalten …
    Sie versuchte es.
    »Da muß er durch, Schätzchen«, sagte Cleo am Telefon. »Irgendwie ist das auch vollkommen normal, findest du nicht?«
    »Nein, das finde ich nicht. Das ist so etwas wie Selbstaufgabe.«
    »Hab doch Geduld, Vera! Er weiß es jetzt vierzehn Tage. Was ist das schon?«
    »Ich weiß es jetzt auch seit vierzehn Tagen!«
    »Ja, aber dir hat dieser Dr. Herzog sagen können, daß du aidsfrei bist, daß das verdammte Virus dich verschont hat.«
    Sie war nahe daran, loszuheulen. Veras Stimme zitterte, und sie ärgerte sich darüber. »Von den vierzehn Tagen ist jeder einzelne zuviel. Er sackt mehr und mehr ab.«
    »Aber das ist doch begreiflich, Schätzchen! Er leistet jetzt eine Art Trauerarbeit. Das meint auch Max. Er trauert um sich selbst, um die Person, die er einmal war. Erst wenn er ganz unten ist, erst wenn er Grund spürt, geht's wieder aufwärts.«
    »Ach, Scheiße!« hatte Vera gesagt und den Hörer auf den Apparat zurückgeworfen. Aber sie hatte nicht geweint. Nein, sie würde nicht weinen. Sie würde das durchstehen, Himmelherrgott noch mal, sie mußte sich ja nur etwas einfallen lassen …
    Sie ging ins Wohnzimmer. »Rio!« – Keine Antwort. Auf dem Schirm lief eine ›Tatort‹-Wiederholung.
    Ganz sacht klinkte sie die Tür ein, stieg in den ersten Stock, nahm den Holzstab

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