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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den anderen. Sie kämpften. Und noch etwas hatte sie verstanden, und es war einfacher und wichtiger:
    »Es gibt keine HIV-Todesregel, Frau Martin. Es gibt viele, unbekannt viele Patienten, die mit dem HIV leben, deren Körper es unter Kontrolle hält, ja, der vielleicht sogar damit fertiggeworden ist. In den Veröffentlichungen werden solche Menschen ›Langzeit-Überlebende‹ genannt. Ein unglaublicher Zynismus. Langzeit-Überlebende sind wir alle. Wir alle tragen den Tod in uns. Sie, ich … Und noch etwas, Frau Martin: Ich bin froh, daß Sie zuerst hier waren. Sie können besser auf ihn eingehen. Sie versteht er vielleicht eher als mich als Arzt. Also nochmals, Frau Martin: Wir alle sind verurteilt zu sterben. Und so gesehen sind wir alle Langzeit-Überlebende – wie Rio.«
    Der Tod in uns …
    Draußen vor dem Fenster spuckte einer der Busse der städtischen Verkehrsbetriebe schwarze Dieselwolken aus. Menschen stiegen ein, Menschen schluckten den Qualm. Krebserregend. Jeden erwischt es. Wir alle sind Langzeit-Überlebende …
    Das Leben leben? … Na gut, dachte sie und griff nach ihrer Handtasche, um ein Papiertaschentuch herauszuholen und sich die Augen abzutrocknen. Tränen und Wimperntusche hinterließen einen dunklen Fleck. Das Leben leben … Nur daß für Rio der Tod Gestalt angenommen hatte, ein unvorstellbar kleiner Winzling von Tod, ein Virus, so klein, daß dreißigtausend davon in einer einzigen Haarpore Platz haben, hatte Herzog gesagt. Dreißigtausend in einer Pore! Und ein einziges reicht aus … Winzig und mächtig zugleich.
    Wieso kommt es zu uns, zu Rio, wieso zu dir? Liebe kann tödlich sein … Was für ein Gedanke! – Warum heißt es nicht ›D ER V IRUS ‹, wenn es schon so gefährlich ist, sondern › DAS ‹? Wer hat es geschickt?
    ›Der‹ oder ›das‹ Virus? Ein Nanometer-Nichts, ein unvorstellbar winziger Partikel aus ein paar hunderttausend Atomen, schon wegen seiner Kleinheit nie so richtig einzuordnen; ›das Virus‹, eine Sache zwischen Materie und Leben? Schließlich: Sind Viren nicht sogar in der Lage, ein Kristall zu bilden?
    Sie sind es, ja. Doch kommt ihre Stunde, starten die Menschenfeinde unter ihnen einen Angriff auf eine Zelle, dann produzieren sie Millionen identischer Kopien nach ihrem Vorbild, diktieren dem Wirt das eigene Gesetz, versklaven ihn somit zu einer Art Vervielfältigungsmaschine, die sich selbst zerstört.
    Ein teuflisches Verfahren – doch die Natur läßt sich nun mal nicht verteufeln. Sie hat in ihrer Entwicklungsgeschichte das Virus Milliarden Jahre vor den Menschen gestellt, vielleicht, um seine Abwehrmechanismen zu verfeinern, vielleicht auch, um ein Instrument zu schaffen, das diesen gefährlichsten der Säuger wie jede andere Spezies auszulöschen vermag – falls er nicht in den großen Bauplan paßt.
    Eines jedenfalls steht fest: Viren sind nicht Materie, Viren sind lebendig, so lebendig, daß sie sich selbst als Teil des Wirtsorganismus einordnen, so überaus lebendig, daß sie seinen Tod wie sein Leben in den Händen halten …
    Im weitläufigen, modernen Gebäude der CDC , des National Center for Desease -Control der Vereinigten Staaten in Atlanta, versammelten sich im Frühjahr 1981 die Abteilungsleiter zu einer Konferenz.
    Bei der Kontrolle des Medikamentenverbrauchs hatten die Computer einen dramatischen Anstieg von Pentamidin gemeldet, einem Antibiotikum, das bisher ausschließlich gegen einen einzigen Mikroorganismus eingesetzt wurde: die Pneumozvstis Carinii. Nun ist dieser Keim zwar weltweit verbreitet, aber nur bei Tieren. Für Menschen galt er – wenn man von vereinzelten Krebserkrankungen im Endstadium absieht, wo er heftige Lungenentzündungen hervorruft – als ungefährlich. Das hat sich geändert, finden die Seuchenforscher heraus. Der Pneumozvstis Carinii attackiert Menschen. Junge Menschen. Männer. Und die sind ausschließlich homosexuell.
    Es vergehen nur wenige Wochen, dann wird in Atlanta erneut Alarm geschlagen. Von der Ostküste wird eine unerklärliche Zunahme von Kaposi-Sarkom-Fällen gemeldet. Das Kaposi-Sarkom, ein Hautkrebs, war bisher als ›Mittelmeer-Krankheit‹ eingestuft worden. Die von ihm befallenen Kranken stammten meist entweder aus den südlichen Mittelmeerregionen oder hatten jüdische Vorfahren.
    Nun muß dieselbe rätselhafte Feststellung gemacht werden: Die Opfer der neuen Krankheitswelle sind Homosexuelle. In der ›Szene‹, in Discos und Schwulen-Clubs von San Francisco bis New York,

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