Die Blutnacht: Roman (German Edition)
Carla?«
»Ich weiß nicht. Ich denke schon.«
»Braves Mädchen«, sagte Christian lächelnd. »Du sollst zwei Kleider bekommen.«
»Ich will Eure Kleider nicht.«
»Dann nehme ich alle drei«, sagte Typhaine. »Ich kaufe sie auch selbst, wenn es dir nichts ausmacht.« Sie streckte Christian die Hand hin. »Wir haben heute keinen Sou verdient, also wollen wir unseren Anteil, unsere drei Anteile für den Auftrag, und den Rest für diesen hier. Schließlich habe ich für euch die Verbindung zu diesem Monster hergestellt.« Sie schaute zu Estelle. »Es war zuerst meine Idee.«
»Ach wirklich. Und sieh nur, was dabei herausgekommen ist.«
Christian verließ die Küche, Typhaine hinterher. Estelle rannte zur Tür und schaute ihnen nach. Petit Christian gab Typhaine einen Écu d’or , und ehe sie protestieren konnte, legte er den Finger an die Lippen.
»Später gibt es mehr, viel mehr. Bleibt hier, bis ich zurückkomme. Ihr alle.«
Als er die Haustür hinter sich zuzog, war Estelles Erleichterung so groß, dass ihre Beine zitterten. Sie rollte sich auf ihrem Schaffell beim kalten Kamin zusammen. Ihr Magen schmerzte, aber sie wusste nicht warum. Sie war keine Schnüfflerin. Grymonde würde Gold bekommen, und Carla würde zu ihrem Ritter nach Hause gehen. Was sollte daran verkehrt sein? Estelle konnte mit dem Drachen fliegen wie früher. Beim Einschlafen hörte sie, wie sich ihre Mutter bei Joco beschwerte.
»Wer glaubt der kleine Scheißkerl denn, dass er ist? Dem kann man es nie recht machen. Einmal sind die Jungs zu alt, dann wieder sind die Mädchen zu jung. Er hat mich gefragt, ob ich jemanden kenne, der verrückt genug ist, es zu tun, und ich habe es ihm gesagt. Was in Gottes Namen hat er denn erwartet? Welcher Narr würde einen Verrückten anheuern und nicht auf Überraschungen gefasst sein?«
Als Estelle aufwachte, regnete es heftig, und der Himmel war grau. Sie erhob sich von ihrem Schaffell. Sie wollte hinausrennen, ehe der Schauer vorüber war, und unter den Tropfen herlaufen. Ihr war heiß, und sie fühlte sich schmutzig. Der Regen würde kühl und sauber sein. Sie hörte Typhaine nebenan schimpfen, achtete aber nicht darauf. Ein weiterer Grund, schnell fortzugehen. Sie angelte ein schmutziges Kleid aus einem Korb und zog es über. Sie ging ins Schlafzimmer und stellte fest, dass Petit Christian zurückgekehrt war.
»Der würde mich sofort umbringen«, sagte Typhaine. »Die Polizei war noch nie vorher in den Höfen. Die würden nicht mal für Geld dahin gehen.«
»Wenn niemand jemals dort gewesen ist, rechnen sie auch nicht mit uns«, sagte Christian. »Wir sind in einer halben Stunde drinnenund wieder draußen. Du bist in völliger Sicherheit. Außerdem geht es hier um Soldaten Gottes und eine Abordnung der Schweizer Garden, nicht um einen Haufen feiger Sergents .«
Estelle sah zwei Sergents bei der Haustür stehen. Die Beleidigung schien ihnen nichts auszumachen. Einen erkannte sie, weil man von ihm wusste, dass er unbestechlich war: Er hieß Baro und war im Gegensatz zu den anderen ein richtiger Mörder. Der zweite Sergent gähnte und fuhr mit dem Finger über seinen einzigen Schneidezahn. Christian redete weiter.
»Wenn du nicht willst, dass er dich sieht, kannst du fortgehen, sobald wir dort angekommen sind.«
»Da wir schon von Feiglingen reden«, sagte Typhaine, »kommst du mit?«
»Ich bin nicht sicher, dass das nötig ist, und es ist auch nicht von Belang.«
Vom Bett krächzte Joco: »Ich bringe euch hin, wenn es sich für mich lohnt.«
»Du könntest nicht mal bis zur Tür gehen«, höhnte Typhaine. »Und das würde ich um nichts in der Welt verpassen wollen, und wenn man mir einen goldenen Pisspott mit dem Konterfei des Königs drin anböte. Kannst einen auf meine Rechnung setzen.«
Estelle war wieder übel, wie immer, wenn sie mit Petit Christian zu tun hatte. Die würden Grymonde etwas Schlimmes antun. Sie würden ihm nicht Berge von Gold geben, damit er Carla nach Hause gehen ließ. Sie hatten zwar nicht ausdrücklich gesagt, dass sie das tun würden, aber Estelle hatte ein Gespür für Lügen und Verrat. Die Boshaftigkeit war tief in Typhaines Herz verwurzelt. Warum hasste sie Grymonde so? Die Boshaftigkeit sprach aus Christians Augen. Auch er hasste Grymonde.
Estelle musste Grymonde warnen.
»Gut«, sagte Christian. »Dann kommt jetzt mit, und ihr könnt euch alles ansehen.«
»Ich kann so nicht gehen, ich muss mich umziehen«, sagte Typhaine. Ihr Blick warnte Christian,
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