Die Blutnacht: Roman (German Edition)
solle schweigen. Er ignorierte das Gefühl.
»Ist da für mich was drin?«
»Wir haben es im Griff. Und deine Mutter kränkelt.«
Hinter Grymonde regte sich etwas. Er drehte sich um. Der kleine grüne Scheißkerl ging zum Tresen.
»Später gibt es Musik!«, rief Paul. »Großartiger Harfenspieler mit einer wunderbaren Stimme.«
Der Besucher ging zur Tür hinaus. Grymonde kaute auf den Lippen. Er fragte sich, ob der angekündigte Barde wirklich existierte oder ob es ein Code war. Bei Paul wusste man nie.
»So wenig Geduld wie Manieren, diese Kerle«, sagte Paul. »Du hast eine gute Belohnung verpasst.«
Grymonde drehte sich um. »Wofür?«
»Den Kopf des Ritters. Keine kleine Angelegenheit, einen Johanniterzu töten. Die nehmen so was übel. Und sie sind rachsüchtig. Ich bin mir nicht sicher, ob es schon mal jemand gewagt hat. Aber sie meinen, diesen hier kann man verunglimpfen, man kann seinen Namen so besudeln, dass seine Brüder nichts unternehmen können.«
Grymonde starrte ihn an. Er wusste nicht, warum Paul ihm all das sagte.
»Besudeln?«
»Tannhäuser – so heißt er übrigens – hat anscheinend den Verstand verloren. Hat seine Frau und ein halbes Dutzend Zeugen umgebracht. Ihren Leichnam hat er anscheinend in eine Grube geworfen.«
Grymonde wurde ganz heiß. Sein Kopf pochte.
Der Gaukler war unterwegs. Mehr als das, er tanzte beinahe auf Grymondes Grab. Papst Paul war kein Klatschmaul. Jedes Wort – seine Zahlengeschichten von der Scheiße, jeder Scherz – hatte Sinn und Zweck. Er rückte seine Spielfiguren auf einem Schachbrett mit tausend Quadraten hin und her. Der Schmerz in Grymondes Kopf wurde noch stärker. Aber sein Bauch sprach klar und deutlich. Für Carla würde er es mit allen hier aufnehmen. Ohne sich umzudrehen, versuchte er, sich den Raum hinter sich in Erinnerung zu bringen. Etwa ein Dutzend Männer, drei oder vier, die man ernst nehmen musste. Keine Frauen. Paul konnte ihre schmeichelnde Art und ihr Schwatzen nicht leiden. Grymonde erinnerte sich daran, wo seine Pistole und die verschiedenen Messer waren. Maurice und sein Kumpel zuerst. Er rollte mit den Schultern. Grymonde bemerkte in Pauls Augen etwas, das er noch nie gesehen hatte: Furcht.
»Mach keine Spielchen mit mir, Paul. Sonst ist die Partie gleich zu Ende.«
Maurice begriff, dass er vielleicht zum ersten Mal in seiner Laufbahn als Pauls Arschwischer tatsächlich sein Leben riskieren oder gar verlieren würde. Er trat von einem Fuß auf den anderen und schaute zu seinem Kumpel.
»Maurice, ruhig«, sagte Paul. »Du auch, Od. Sonst werden wir alle filetiert wie die Dorsche.«
Die Leibwachen standen reglos da. Paul schaute Grymonde in die Augen.
»Frieden, Grymonde, Frieden. Natürlich mache ich Spielchen mit dir. Ich könnte keinem Säugling ein Schlaflied singen, ohne Spielchen zu machen. Da könntest du mir genauso gut sagen, ich sollte dünner werden. Und auch du machst Spielchen, mein Freund. Du bist nicht wegen des Goldes hergekommen. Du wolltest herausfinden, was ich dir gesagt habe.«
»Und warum habt Ihr es mir gesagt?«
»Das ist meine Sache. Andere Spielfiguren, eine andere Partie.«
Paul lehnte sich vor, so gut er konnte.
»Du kannst unser Brett umkippen, und ich weiß, du würdest das machen. Du bist ja der Infant. Wenn du mit dem Fuß stampfst, bebt die Erde. Aber das Spiel ist nie zu Ende. Die anderen spielen einfach ohne mich weiter. Und ohne mich verlierst du.«
»Und mit Euch?«
»Verlierst du vielleicht auch. Darum geht es doch beim Spielen.«
»Und Ihr habt auf beide Spieler gesetzt.«
»Deswegen bin ich der Papst.«
»Dann sagt mir, was Ihr mir sagen wolltet. Aber keine Lügen.«
»Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal eine Lüge erzählt habe. Wann ich das letzte Mal eine nötig hatte. Bestenfalls eine stumpfe Waffe, immer spröde. Meine Klingen sind so scharf, dass du nicht einmal merkst, wenn sie dir die Kehle durchschneiden. Und eines stimmt: Dreihundert Leute füllen an einem Tag einen Karren mit Scheiße.«
»Also sind gedungene Mörder hinter Tannhäuser her.«
»Die besten, die ich finden konnte. Kriegsveteranen. Fünf an der Zahl.«
Grymonde schürzte die Lippen.
»Ich weiß«, stimmte ihm Paul zu. »Geld spielt keine Rolle. Kein Risiko eingehen, haben sie gesagt. Sie wollen den Ritter lebendig, wenn möglich, haben sie gesagt, aber ich bezweifle, dass diese Burschen das Risiko eingehen werden.«
»Hängt davon ab, welche Prämie die ihnen zahlen.«
Paul lehnte sich
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