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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Pilger, der auf dem nicht verletzten Bein hüpfte, mit der Schulter zur Seite. Der Mann fiel auf seinen lahmgelegten Kameraden, und Tannhäuser stieß dem dahinter stehenden Pilger die Speerspitze durch den Kropf tief in den Hals und verdrehte sie noch, dass das Blut nur so spritzte. Der Mann ließ die Fackel fallen und sackte keuchend zusammen.
    Tannhäuser wich einem Schwerthieb aus, den jemand voller Panik aus der Gruppe heraus auf ihn zielte, und rannte um die Flankeder äußeren Reihe herum. Griff die Partisane wieder wie eine Sense, vor der Brust, hackte und stieß. Brust, Arm, Schulter, Hüfte. Ein Mann in der hinteren Reihe wurde von den Füßen gehoben, so tief war die Klinge in seinen Kiefer eingedrungen. Tannhäuser konnte spüren, wie der Schädel des Mannes splitterte. Ein Blutschwall aus Nase und Mund. Halt, Schritt zurück, drehen und ziehen.
    Tannhäuser rammte dem nächsten Mann in der hinteren Reihe die Klinge in die Lende, schlitzte ihn bis zum Rückgrat auf, zerrte die Partisane wieder heraus und schlug das Schwert des letzten in der Reihe zur Seite. Weiter ging es mit Schlag und Hieb, Hüfte, Kreisbewegung, Stoß auf die Seite eines Gesichts, aufgepflügt bis zur Nase. Er verdrehte den Schaft mit beiden Händen und zog die Partisane wieder heraus. Er trat einen Schritt zurück, stieß dem Mann die Spitze der Klinge unter das Brustbein, riss sie hoch und warf ihn damit auf das Knäuel verstrickter Beine.
    Tannhäuser holte zum ersten Mal richtig Luft.
    Jede Gruppe von Männern musste erst üben, wie man sich als Einheit bewegt. Und sie brauchte einen Befehlshaber. Dann konnte sie ihre Aufgabe erfüllen und andere ähnliche Gruppen attackieren oder – wie heute – völlig wehrlose Menschen. Während die Lahmen jammerten und um sich schlugen und die mit den aufgeschlitzten Kehlen Blut verspritzten, brüllten die übrigen sich Befehle zu und versuchten, einander nicht mit ihren gezückten Waffen gegenseitig zu verletzen. Sie waren alle jung und kampflustig, aber sie waren zu unerfahren, um zu wissen, dass sich dieser Kampf in einem einzigen Atemzug entschieden hatte und dass sie verloren waren.
    Tannhäuser packte die Lanze wieder mit der Linken, um sich den anderen Winkel und die Mauer zunutze zu machen. Er bahnte sich voller Verachtung eine blutige Schneise durch die restlichen Pilger, als schaufelte er Scheiße. Doch wie immer suchte er sich seine Ziele sorgfältig aus und achtete darauf, was ihm die Klinge mitteilte, reagierte sofort, wenn das Ergebnis anders als beabsichtigt war. Denn jede Abweichung konnte ihm eine Wunde einbringen. Ein Schlag nach oben unter einen Brustkasten. Ein Stoß nach oben, der den an der Mauer stehenden Pilger über der linken Hüfte durchbohrte. Klinge herausziehen. Den Nächsten noch in der Drehung inden Bauch stechen, halb in die Hocke gehen, die Klinge mit einer Drehung wieder herausziehen, durch Muskel und Haut und Eingeweide schlitzen. Wieder nach oben, von hinten zwischen die Rippen des Nächsten, dass die Spitze vorn aus dem Bauch herausstach. Wieder herausziehen, Hüftdrehung, stoßen, hacken, schieben und heraus.
    Tannhäuser holte erneut Atem. Gestank von den Exkrementen der Getöteten erfüllte die Luft. Rote und weiße Bänder verliehen dem Chaos eine schrill bunte Note. Wenn das Ganze länger als eine halbe Minute gedauert hatte, wäre er tief beschämt. Zwei standen noch. Ein Dritter hockte vornüber gebeugt an der Mauer und brüllte über seinem durchstochenen Kropf.
    Der am weitesten Entfernte der beiden Unversehrten rannte auf Grégoire und Juste zu. Tannhäuser wandte den Kopf blitzschnell dem Nächsten zu, einer Jungen, der ein Schwert und eine Fackel in den Händen hielt, und brüllte ihm ins Gesicht.
    »Lass das Schwert fallen.«
    Der Junge wich zurück und gehorchte. Tannhäuser machte einen halben Schritt zurück, benutzte die Partisane wie einen Speer, während er die Entfernung und Geschwindigkeit des Fliehenden einschätzte. Er warf, zielte mit dem Schaft in hohem Bogen auf einen Punkt vor seinem Opfer. Die Partisane war eigentlich keine Wurfwaffe, aber sie sollte diesmal auch nicht weit fliegen. Als sie ihren Zielpunkt erreichte, war der Fliehende auch dort eingetroffen. Sie bohrte sich durch sein linkes Schulterblatt, als wäre es aus Pergament, und verschwand dann bis zu den Seitenklingen in seinem Brustkorb. Der Pilger stürzte in das Blut, das in Lachen um den Wagen herum stand.
    Tannhäuser zog den Lapislazuli-Dolch, schlug dem jungen

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