Die Blutnacht: Roman (German Edition)
Licht ihrer Fackeln erschien Pascale hinter ihnen. Die Eile des Mädchens machte ihr Sorgen. Sie konnte Pascale nicht aufhalten. Sie hielt die Aufmerksamkeit der Männer weiter auf sich.
»Falls eure Beschimpfungen gegen Estelle gerichtet waren, so wisst, dass sie meine Tochter ist. Eure Entschuldigungen können noch warten. Wenn mein guter Hauptmann Garnier nicht in der Nähe ist, dann schlage ich vor, Ihr bringt uns nach Notre-Dame.«
Der Gewehrschuss erschreckte Amparo so sehr, dass sie zitterte. Der Fackelträger sackte zusammen wie ein nasser Lappen, und es sprudelte schwarz aus dem Rauch, der seinen Hinterkopf umgab. Während er noch fiel, sprang Pascale schon zurück und zur Seite. Der andere Soldat fuhr herum, schlug mit seinem Schwert auf sie ein und verfehlte sie um drei Fuß. Pascale duckte sich blitzschnell unter dem Schwert weg, Grymondes Pistole in beiden Händen ausgestreckt, und schoss ihm aus so kleiner Entfernung unter den Brustkorb, dass die Explosion aus der Mündung seine Uniformjacke aufblähte und Flammen im Stoff aufloderten. Sie sprang sofort wieder weg. Ihr Opfer taumelte und fiel mit einem gekeuchten Fluch zu Boden.
Carla ließ den Blick über die Seiten des Platzes schweifen und sah niemanden. Sie bemerkte, dass Pascale dasselbe tat. Ihre Blicke trafen sich einen Augenblick lang im flackernden Licht der Fackel auf dem Boden.
Pascale schöpfte Kraft aus allem, was an Mattias finster war; Carla schöpfte aus dem, was hell war.
Auf Pascales Gesicht brach ein eifriges, kindliches Lächeln aus. Sie wollte, dass man sie mochte.
Amparo weinte. Carla wandte sich ab, um sie zu trösten.
Pascale rannte, atemlos vor Freude, zu ihnen herüber und grüßte Carla mit der rauchenden Pistole.
»Herzlichen Dank, Madame. Eure List war besser als meine und hat mir die Arbeit leichtgemacht. Jetzt brauche ich freie Hände. Würdet Ihr dies hier tragen?«
»Ich trage sie«, sagte Estelle. »Es ist eine von Peter Peck, und sie gehört ohnehin mir. Das hat Tannser gesagt.«
Pascale verbarg ihren leisen Groll hinter einem Augenzwinkern und reichte Estelle die Pistole.
»Mädchen kämpfen mit unseren Feinden, während ich Grimassen ziehe wie ein Harlekin«, sagte Grymonde. »Stand das auch in den Karten?«
»Alice hat große Stücke auf den Narren gegeben«, sagt Carla.
»Ich danke euch beiden dafür«, sagte er mit unverminderter Bitterkeit.
»Grymonde, geh«, sagte Pascale. »Hugon wartet.«
»Bitte gebt ihm keine Waffen, denn wenn auch er …«
»Geh«, sagte Estelle.
Sie trat Grymonde mit einer Ferse in die Achselhöhle und stützte das Gewicht der Pistole auf seinem Kopf ab. Er lachte über ein inneres Phantasiebild und machte sich auf den Weg. Amparo beruhigte sich in ihrer Tierhaut, und Carla schaute zurück, um Pascale zu beobachten, während sie fortstampften.
Das Mädchen hob ein Schwert auf. Der Fackelträger war auf die Knie gesunken. Sein Hinterkopf rauchte immer noch, als hätte er nur aus Rauch bestanden. Pascale stieß ihm das Schwert in die Brust und legte ihr ganzes Körpergewicht in den nächsten Stoß, damit er aufrecht blieb. Sie ging an der gefallenen Fackel vorüber zu dem anderen Mann.
Das Mädchen wollte, dass man die Männer mit ihren eigenen Waffen durchbohrt finden würde. Sie tat, was ihrer Meinung nach Mattias tun würde.
Carla war verstört. Sie konnte Pascales Gedanken beinahe sehen, als sie das zweite Schwert in beide Hände nahm und sich über seinem Besitzer stellte, der sich mühselig auf die Ellbogen aufrappelte. Er verrenkte den Hals, um zu ihr aufzuschauen. Die beiden Gestalten schimmerten im Mondlicht, das von den Pflastersteinen zurückgeworfen wurde. Sie erschienen ihr wie Figuren in einer Geschichte aus einem der ältesten Bücher der Bibel. Pascale hob das Schwert,und Carla dachte, sie würde versuchen, den Mann zu enthaupten. Stattdessen machte sie einen Schritt vor und hackte ihm durch beide Achillessehnen. Seine Beine zuckten, und er schrie. Sie hob das Schwert erneut, hielt es jetzt wie einen Dolch und trat über ihn.
Carla wandte sich ab. Es folgte ein weiterer Schrei, noch entsetzlicher als der vorige. Er ließ sie erschaudern, verwirrte sie. Sie hatte kein Mitgefühl mit dem Soldaten. Aber sein Schrei hatte ihr irgendwie vermittelt, dass Pascale etwas mit Mattias gemeinsam hatte, das sie nicht mit ihm teilte.
Sie witterte Stallgeruch, und die Mäuse führten Hugon in eine Gasse.
»Hugon, warte.« Pascale kam mit der Fackel gerannt. »Ich gehe
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