Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
und freundlich aufzutreten. Noch erleichterter war sie darüber, dass auch Cord sich nach ihrem verstörenden abendlichen Gespräch zwar rargemacht, doch unverfänglich verhalten hatte. Er saß mit Kaspar Gans und ihrem Onkel zusammen und unterhielt sich ausgelassen mit ihnen. Immer ausgelassener, als die Zeit voranschritt, so wie auch die Gäste in unmittelbarer Nähe des Brautpaares. Hedwig hatte inzwischen so viel Wein getrunken, dass sie fürchtete, ihr würde schwindlig werden, wenn sie aufstand. Zu ihrem Glück konnte sie sich jedoch an Wilkins Arm festhalten, als man schließlich verlangte, dass sie sich erhoben. Sie wurden mit einem lauten, anstößigen Lied verabschiedet, von dem Hedwig nur die Hälfte verstand, dann führten die Älteste von Gräfin Elisabeths Zofen, deren Gatte, eine noch ältere Magd und ein Priester sie von der Tafel unter freiem Himmel in das Zelt, in dem ihr Hochzeitsbett stand. Der Priester segnete das Bett und sie beide und bezog Stellung vor dem Eingang, den Blick nach draußen gewandt. Elisabeths Zofe half Hedwig beim Auskleiden, bis sie entblößt dastand, ihr Gatte tat das Gleiche für Wilkin. Danach schlugen sie gemeinsam für das entkleidete Brautpaar die Decke zurück. Hedwig schwankte so sehr auf ihren Füßen, dass sie froh war, nicht länger stehen zu müssen. Zwar schien sich das Zelt um sie zu drehen, als sie lag, doch musste sie nun nicht mehr fürchten zu stürzen.
Sie spürte Wilkins nackte Haut an ihrer Seite, dann wurde sie zugedeckt. Ihre Zeugen begaben sich vor das Zelt an die Seite des Priesters. Nur die alte Magd blieb zurück, setzte sich unaufgeregt auf einen Schemel und stützte das Kinn auf ihre Hand.
In einem Moment war Hedwig noch mit ihrem Schwindelgefühl beschäftigt, im nächsten brachte Wilkins streichelnde Hand ihr eine neue Art von Benommenheit. Seine Finger hatten so harte Schwielen wie die ihrer eigenen rechten Hand, mit der sie die Sehne ihres Bogens zog. Doch seine Berührungen waren behutsam. Was er danach tat, verblüffte sie, doch es missfiel ihr nicht.
Er fand einen glimmenden Funken Lust in ihr und brachte ihn zum Aufflammen. Ihr Kopf wollte sich wundern, als er sich in sie drängte, doch ihr Körper wusste, dass es richtig und gut war, wie er zu ihr kam. Sie umarmte ihn und vergaß, auf den Schmerz zu warten, vor dem die Kurfürstin sie gewarnt hatte. Erst als Wilkin sich wieder neben sie sinken ließ und sie ein wenig zu sich kam, fiel ihr auf, dass ihr nichts wehgetan hatte.
Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, was geschehen war und wie sie es empfunden hatte, trat die Magd an ihre Seite und streckte die Hand nach dem Laken aus. Sie mussten sich nicht erheben, die alte Frau hatte sichtlich Erfahrung darin, das Laken unter einem Brautpaar hervorzuzaubern. Sie bewerkstelligte es mit einem mütterlichen Lächeln, sodass auch sie beide verlegen lachten.
Hedwig fühlte sich noch immer schwindlig, dennoch sah sie zufällig, was die Magd blitzschnell heimlich tat, und traute ihren Augen kaum. Das Laken hatte einen kaum wahrnehmbaren roten Fleck gehabt wie von einem einzigen Tropfen Blut, als es aus dem Bett kam. Nachdem die Magd ihre verstohlene Handbewegung ausgeführt hatte und es weit ausbreitete, um es den beiden anderen Zeugen zu übergeben, prangte darauf ein Blutfleck, als hätte sich jemand böse mit dem Messer geschnitten. Verschwörerisch blinzelte sie Hedwig zu, die nur stumm staunen konnte.
Einen Augenblick später hatten die Zeugen sie allein gelassen, und Hedwig saß ratlos neben Wilkin im Bett, der sich erschöpft neben ihr ausgestreckt hatte.
Er berührte sacht ihren Rücken. » Sei mir nicht gram, ich bitte dich. Wir müssen das nicht oft tun, wenn du es nicht magst.«
Rechts und links neben ihrem Bett standen hohe eiserne Leuchter, die mit brennenden Wachskerzen bestückt waren, ein Luxus, den sie ebenfalls der Zuwendung des kurfürstlichen Paares verdankten. Im flackernden Licht der beiden Kerzen nahm Hedwig sich zum ersten Mal an diesem Tag Zeit, ihren Gemahl zu betrachten. Nackt, mit zerzaustem Haar und entspannter Miene, wirkte er jung wie ein Knabe. Sein hellbraunes Haar war fein und weich, nicht nur sein Haupthaar. Es war erstaunlich, dass in seinem schlanken Körper nicht weniger Kraft steckte als in dem vieler massiger Männer.
Sie hätte ihn gern berührt, wagte es aber nicht, weil sie ihm nicht lästig sein wollte. Ihr wurde bewusst, dass sie auf seine Frage hin zu lange geschwiegen hatte. Ihm gram
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