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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Harnischs, kerbte die vordere und hintere Platte ein und riss ihm das Fleisch tief auf. Einen Augenblick lang war er von dem Schmerz so benommen, dass er sich nicht wehren konnte. Dieter erschlug den Alten rechtzeitig und rettete damit ohne jeden Zweifel im Gegenzug Cords Leben. Anschließend deckte der Junge seinen Rückzug aus dem Getümmel.
    Es war die schlimmste Verwundung, die Cord bis dahin erlitten hatte. Für Wochen fesselte ihn die langwierige Genesung an eine Unterkunft, die eine besonders christlich gesonnene Burgherrin ihm gewährte. Adelheid war eine mollige, bodenständige Frau in seinem Alter, herzlich und nicht unansehnlich. Ihr Gemahl war einige Monate zuvor im Kampf gegen die Hussiten umgekommen, und sie verwaltete nun den Besitz für ihre halbwüchsigen Söhne und Töchter. Beistand hatte sie dabei von einem väterlichen Freund, der Cord zuerst misstrauisch beäugte, ihn jedoch ins Herz schloss, als er deutlich machte, dass er nicht darauf aus war, die Burgherrin zu freien.
    Je länger Cord blieb, desto angenehmer hätte er es allerdings gefunden, genau ein solches Heim sein Eigen nennen zu dürfen. Er sah Adelheids wohlgeratene Kinder auf der einen Seite und Dieter auf der anderen. Mit ihm hatte er inzwischen so viel Zeit verbracht wie andere Männer mit ihren Söhnen. Nun lungerte der junge Mann in der Burg herum und wartete gelangweilt darauf, dass er ihn endlich wieder in eine Schlacht führte, damit er das Einzige tun konnte, wozu er sich geboren fühlte: töten.
    So schmerzhaft wie die Wunde in seiner Seite fühlte Cord, wie ihm die Zeit verrann. Wie viele Jahre blieben ihm noch, um ein Heim, ein Weib und Kinder zu gewinnen? Wäre es nicht in der Tat gescheiter gewesen, wenn er um eine der zahlreichen adligen Witwen geworben hätte, die zwar mit den Kindern eines anderen, doch auch mit gesichertem Besitz daherkamen und froh sein würden, wenn ihnen wieder ein Mann zur Seite stand?
    In ihm reifte der Entschluss, nicht sogleich wieder in den Krieg zu ziehen, wenn er sich dem Reiten wieder gewachsen fühlte, sondern zumindest für kurze Zeit nach Brandenburg zurückzukehren. Er würde seinen Vater besuchen, falls dieser dort weilte, und erstmals die bescheidenen Ländereien besichtigen, die Kurfürst Friedrich ihm vier Jahre zuvor mit dem Ritterschlag verliehen hatte. Sie wurden durch einen Vogt seines Vaters verwaltet, der ihm die Einkünfte jährlich zukommen ließ.
    Da er geringe Ansprüche hatte, reichten ihm diese Einkünfte zusammen mit dem eher unregelmäßig ausgezahlten Sold von seinem jeweiligen Heerführer aus, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Darüber hinaus hatte er genug Reserven für Notfälle. Sich die nun unausweichlich fällige neue Rüstung nach Maß schmieden zu lassen konnte er ohne Umstände bezahlen.
    Es dauerte bis zum Ende des Winters, bis er wieder so beweglich war, dass er es wagte, sich von seinen liebenswürdigen Gastgebern zu verabschieden.
    Dieter folgte ihm, ohne Fragen zu stellen. Er schien mittlerweile zu glauben, dass Cords Weg ihn stets ins Gefecht führte, als gäbe es nichts anderes auf der Welt, das einen Mann anziehen konnte. Vielleicht ahnte Dieter aber auch, dass, wenn die Schlacht nicht Cord anzog, so doch Cord die Schlacht. Denn sie waren noch keine zwei Tage unterwegs, als sie auf einen kleinen Trupp rastender Ritter und Waffenknechte stießen.
    Die Männer waren sichtlich zerschunden und erschöpft, etliche lagen in ihren vollen Rüstungen flach auf dem Rücken im Gras und schliefen, obwohl die Erde noch eiskalt war.
    Cords Name war ihnen ein Begriff, als er sich ihnen vorstellte, und gleich ihre ersten Sätze galten der Frage, ob er sich ihnen anschließen wolle. Die Hussiten plünderten in Brandenburg nahe Cottbus, und sie als Brandenburger wären bereits den ganzen Weg von der meißnischen Grenze in kürzester Zeit herbeigehetzt, um ihre Heime und Familien zu schützen. Würde er sich entschließen, er wäre ihnen mit seiner Erfahrung und seinem weithin bekannten Geschick sogar als Anführer willkommen.
    Cord musterte den müden Haufen junger Männer und konnte schon deshalb nicht Nein sagen, weil er um ihr Leben fürchtete.
    So sah er sich an einem stürmischen, aber warmen Vorfrühlingstag eine Woche später auf brandenburgischem Boden bereits wieder einer der höllischen hussitischen Wagenburgen gegenüber, deren Anblick er so unendlich satthatte.
    Durch seine eigenen Beobachtungen und Gespräche mit anderen erfahrenen Rittern hatte er

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