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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Hussit herbei, mit einem der unsäglichen Kriegsdreschflegel in den Händen. Der junge Mann hatte seinen Helm verloren, seine flammend roten Haare leuchteten weithin, und in seiner Miene stand abgrundtiefes Entsetzen. » Bori! Nein!«, schrie er.
    Erst als er zum zweiten Mal sein deutsches » Nein« schrie, erkannte Cord ihn. Und im selben Augenblick wurde Hedwig von Quitzows Pferdeknecht von einem von Cords Männern niedergeritten.
    Cord sprang über die Brüstung des Wagens und rannte zu Hüx’ Rettung, ohne darüber nachzudenken. Dennoch kam er zu spät. Ein Schwerthieb streifte den ungeschützten Kopf und Hals des kauernden Jungen, der ohne seine Waffe weiterkroch, als könne er die längst tote Frau noch erreichen.
    In rasendem Lauf schwenkte Cord die Arme und hielt laut rufend den Brandenburger davon ab, Hüx den Todesstoß zu versetzen. Bei dem Jungen angekommen, rief er dessen Namen, doch Hüx kroch nur weiter in Richtung der Toten, während sein eigenes Leben schnell aus seinem verletzten Hals strömte und den Boden unter ihm rot färbte.
    Vorsichtig berührte Cord ihn an der Schulter. » Sie ist tot, Hüx. Warte, du musst… Hüx…« Wie taub kroch der junge Knecht weiter.
    Inzwischen war Dieter auf das seltsame Geschehen aufmerksam geworden und kam mit seinem blutigen Schwert heran, bereit, erneut zuzuschlagen. » Kennst du den?«, fragte er Cord mit verächtlicher Miene.
    Cord konnte seinen Blick nicht von Hüx lösen. Nur wenige Schritt trennten ihn noch von der Frau. » Lass ihn in Ruhe.«
    Dieter spuckte auf den Boden, stützte sich auf sein Schwert und beobachtete Hüx, als wäre der ein kriechendes Tier.
    Der Junge schwankte auf allen vieren, und auf einmal hatte Cord nur noch Angst, dass er sein Ziel nicht mehr erreichen könnte. Rasch ging er hinüber zu der Toten, hob sie auf, brachte sie zu Hüx und legte sie sanft neben ihm ab. Über der zerstörten Brust zog er ihre Weste zurecht, gerade bevor Hüx sein Haupt auf ebenjene Stelle bettete. » Ich hasse dich«, schluchzte er leise. » Ich hasse dich.«
    Cord hatte das sichere Gefühl, dass der Junge nicht ihn damit meinte, und fühlte sich dennoch angesprochen. Er sah sich um und stellte fest, dass kein einziger Hussit mehr auf den Beinen war. Seine Ritter waren zwar nicht mehr vollzählig, hatten aber einen triumphalen Sieg errungen. Ihm schmeckte dieser Sieg auf einmal bitter.
    Er konnte seine Gedanken kaum ordnen. Wie hatte es Hüx hierher verschlagen? Hatte Hedwig etwas damit zu tun? Wen hasste Hüx? Die Frau, die er offensichtlich auch liebte? Oder Dieter?
    Der Junge begann zu zucken, sein Blut floss noch immer, man sah, wie es nun stoßweise aus der Wunde pulste. Es würde nicht mehr lange dauern. Etwas in Cord lehnte sich dagegen auf – er hatte Fragen an den Sterbenden, wollte seine Antworten. Ehe er jedoch auch nur einen weiteren Atemzug nehmen konnte, trat Dieter heran, hob sein Schwert und stieß es durch Hüx’ Rücken und Herz hindurch bis in den Körper des Weibes.
    » Für immer vereint«, sagte er und verzog dabei so zynisch seine schmalen Lippen, dass Cord ihm dafür hätte an die Kehle gehen können.
    Stattdessen wandte er sich ab, steckte seine Keule in ihre Schlaufe und ging einem der jungen Brandenburger entgegen, der ihm mit strahlendem Gesicht zu Ross sein Pferd brachte. » Was für ein Sieg, Herr Cord zu Kyritz. Das verdanken wir Euch.«
    Cord überwand sich zu einem Lächeln, das er nicht fühlte. » Wir verdanken ihn Eurem Mut«, erwiderte er, stieg in den Sattel und tat, als wäre es nun das Wichtigste, den rekrutierten Bauern mitzuteilen, dass sie den Damm im Fluss wieder einreißen durften, damit das Wasser von den Wiesen abfließen könne. Dabei fand er es viel wichtiger, ihnen zu sagen, dass er sie dafür bezahlen würde, den Hussiten ein anständiges Grab zu schaufeln und sie trotz allem Zorn mit ein wenig Würde zu bestatten.
    Alles, was er fühlte und tat, war von dem einen Gedanken geprägt: Wenn er annahm, dass seine Drachenmaid– das Weib, das er nie vergaß, das ihn in Gedanken oft heimsuchte, wenn er eine andere in den Armen hielt… Wenn er annahm, dass sie Gründe gefunden hatte, zu den Hussiten überzulaufen: Würde er sie dann als seine Feindin betrachten?
    Darauf wusste er die Antwort, sie war einfach. Er würde es noch weit weniger, als er es gerade mit Hüx gekonnt hatte. Darüber hinaus kam er auf die Erkenntnis zurück, die er zu Anfang seines Krieges längst gehabt hatte, die ihm aber auf dem

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