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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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der dritten Woche Wittenberg. Obgleich Hedwig gern darauf verzichtet hätte, legte sie hier eines ihrer feinen Gewänder an und begab sich in Ritter Heinrichs Gesellschaft zur Burg, um Erkundigungen einzuholen.
    Um Friesack in Besitz nehmen zu können, würde sie zuerst Markgraf Johann aufsuchen und ihm den Brief seines Vaters und die Urkunden vorlegen müssen. Dazu musste sie allerdings zuvor herausfinden, wo der Markgraf von Brandenburg sich zurzeit aufhielt.
    Sie hatte gehofft, er möge in der Stadt Brandenburg weilen, erfuhr jedoch zu ihrem Leidwesen, dass der Markgraf in der Uckermark, an der Grenze zu Vorpommern, mit niemals enden wollenden Besitzstreitigkeiten beschäftigt war. Es würde also genügen müssen, wenn sie in Brandenburg oder zur Not im von ihrem Weg weiter abgelegenen Berlin Johanns Vertretern ihre Angelegenheit vortrug.
    Hedwig hatte seit dem Aufbruch aus Nürnberg ihre Vorsicht nicht sinken lassen. Der alte Heinrich reagierte von Tag zu Tag spöttischer darauf, hatte aber nicht mehr versäumt, jederzeit eine Wache aufzustellen. Ihr Verhältnis war höflich und nicht unfreundlich, jedoch nicht mehr als das. Hedwig ärgerte sich über die väterliche Überheblichkeit, mit der er ihre Vorsorge und ihre Art, Entbehrungen der Reise klaglos hinzunehmen, belächelte, als sei sie ein Kind, das nur spielte, in Gefahr zu sein und Härten zu kennen.
    Ritter Heinrich war ein weiterer Mann in der langen Reihe derer, die den Kopf über ihren schwarzen Hengst schüttelten und ihr rieten, sich doch einen schönen Zelter zu besorgen, wie er einer Edelfrau würdig sei.
    Juli jammerte zwar gelegentlich über ihr schmerzendes kleines Hinterteil, saß nun aber schon recht sicher allein im Sattel. Trotzdem war Hedwig glücklich darüber, dass sie zwei Tage in Wittenberg rasteten, sich die Stadt ansahen und Vorräte für den letzten Abschnitt ihrer Reise beschafften.
    Es dauerte bis zum Abend des zweiten Tages, bis Hedwig bewusst wurde, dass sie seit ihrer Ankunft an verschiedenen Orten immer wieder denselben Mann gesehen hatte. Er war unauffällig gekleidet und nicht jedes Mal gleich, deshalb war es ihr nicht früher aufgefallen. Nur ein großes Muttermal an seiner Schläfe verriet ihn schließlich.
    Als sie am nächsten Morgen zum Tor hinausritten, hielt sie vergeblich Ausschau nach dem verdächtigen Fremden.
    » Heinrich, ein Mann ist uns in der Stadt nachgeschlichen. Vielleicht hat er etwas mit Hans von Torgau zu tun. Wir müssen jetzt besonders achtgeben.«
    Der alte Ritter seufzte belustigt. » Ja, ja, edle Frau. Ja, ja. Das tun wir.«
    Erbost stieß sie die Luft aus. » Ich weiß wohl, dass Ihr meine Sorge nicht ernst nehmt. Aber glaubt mir, wir sind noch nicht am Ziel. Und wenn ich Hans von Torgau wäre, dann suchte ich mir genau die brandenburgischen Wälder für einen Überfall aus, die nun vor uns liegen. Wenn Euch Euer eigener Hals lieb ist, dann solltet Ihr die Augen offen halten.«
    Er nickte bedächtig. » Gewiss. Aber wisst Ihr, wenn ich Ihr wäre– eine edle Frau nach einem Verlust wie Eurem und mit so großen Plänen, dann wäre ich wohl auch schreckhaft und würde jeden Schatten fürchten. Ihr habt Euch eben etwas vorgenommen, was den Mut eines Mannes erfordern würde.«
    Sie ballte ihre freie rechte Hand auf ihrem Oberschenkel, um ihren Ärger im Griff zu behalten. » Mir fehlt nicht der Mut eines Mannes, sondern ein Gefolge von Männern, die zu ihrem Mut Verstand und Vorsicht besitzen. Und die wissen, wann sie den Worten einer Frau besser Glauben schenken sollten.«
    Erneut seufzte er, weit lauter dieses Mal. » Verzeiht. Ich wollte Euch gewiss nicht erzürnen. Aber wir sind nun schon so lange unterwegs, ohne dass etwas geschehen ist. Und ein hochstehender Mann wie der edle Herr von Torgau hat vielleicht noch andere wichtige Dinge zu tun, als Euch nach dem Leben zu trachten.«
    Hedwig atmete tief durch und schwieg. Sie hatte mit dem alten Ritter bereits mehr als ein Dutzend ähnlicher sinnloser Wortgefechte geführt.
    Als sie die Stadt verließen, hatte Hedwig den winselnden Drîbein in seinen Korb gesperrt, der hinter Juli auf dem Rücken der Stute befestigt war. Da sie inzwischen das offene Land erreicht hatten, wo wenig fremde Menschen und Tiere ihn verwirren konnten, hielt sie an, um ihn herauszulassen.
    Bisher waren sie entlang der zu Wittenberg gehörenden Wiesen und Felder geritten, die abgeerntet in ihrem gelblichen Stoppelkleid dalagen. In der Ferne sah sie, wie der Weg in den Wald

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