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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Augen. Obwohl ihr Instinkt ihr riet, sich nicht zu rühren, konnte sie es nicht ertragen, nichts zu sehen. Mit zitternder Hand streifte sie sich die Kapuze aus dem Gesicht. Ein Eisenschuh stemmte sich in ihren Rücken und presste sie unbarmherzig bäuchlings in den Dreck. Zwischen ihren Schulterblättern spürte sie die kalte, scharfe Spitze einer Waffe, die ihr Kleid durchschnitten hatte. Nun konnte sie sehen und hätte es doch lieber nicht getan. Die beiden Meißner lagen betäubt oder tot zwischen einigen Büschen auf dem Boden. Vier mit braunen Bauernmänteln verhüllte Männer zählte Hedwig, den nicht eingerechnet, der mit seinem Fuß auf ihrem Rücken stand.
    Bauern waren es gewiss nicht, denn unter den Mänteln blitzten und klirrten Rüstungen, und sie sah gezogene Schwerter und Streitkolben. Der Mantel des einen hatte sich so weit geöffnet, dass ein Streifen seines Waffenrocks darunter hervorsah. Hedwig erkannte den weißen Luchs auf blauem Grund, den sie auf Wilkin von Torgaus Schild gesehen hatte.
    Ebenso wenig fremd war ihr die Stimme des Mannes, der über und auf ihr stand. » Macht schneller. Wir haben noch mehr zu erledigen«, sagte Gerhardt von Schwarzburg.
    Bei seinen Worten bemerkte Hedwig, dass die Aufmerksamkeit der Männer sich auf einen Punkt richtete, den sie noch immer nicht sehen konnte. Sie wandte mühevoll den Kopf und konnte einen leisen Laut des Entsetzens nicht unterdrücken. Zwei weitere Männer waren in Begriff, den übel zugerichteten Adam an einem Baum zu erhängen, ein dritter stand breitbeinig über Irina, die so verdreht und regungslos am Boden lag, als wäre sie erbarmungslos misshandelt worden.
    Unwillkürlich spannte Hedwig ihre Muskeln an, um sich zu befreien. Voll Angst um Adam und verzweifelt über ihre Machtlosigkeit schrie sie. Von Schwarzburg lachte sie aus. Zu ihrer Überraschung nahm er seinen Fuß und sein Schwert von ihrem Rücken und ließ es zu, dass sie sich aufrappelte. Im selben Moment zogen die beiden Henker Adam hoch. Hedwig sprang auf und hörte ihre eigene Stimme fremdartig schrill. Bevor sie Adam zu Hilfe eilen konnte, wurde sie abermals von einem Hieb zu Boden gerissen. Ein Dutzend Schläge spürte sie, bevor sie das Bewusstsein verlor und in gnädige Dunkelheit glitt.
    Das Letzte, was sie sah, war Adams verzerrtes Gesicht, während er in der Schlinge erstickte.
    Hämmernde Schmerzen dröhnten in ihrem Kopf und überdeckten das Leid ihres zerschundenen Körpers, als sie wieder zu sich kam. Die Männer waren fort.
    Schwankend und von Schluchzen geschüttelt, stand Irina bei dem Baum, an dem ihr Mann hing, und sägte mit ihrem schwarzen Dolch am Seil, um ihn herunterzulassen. Zu Hedwigs Jammer stieg eine so heftige Übelkeit in ihr auf, dass sie sich übergeben musste. Hilfloser als ein Kind fühlte sie sich, als sie auf allen vieren im Gras hockte, bis das Würgen nachließ.
    Unsanft stürzte Adams Leichnam zu Boden. Irina fiel neben ihm auf die Knie und schloss ihn weinend in die Arme. Als wäre nicht schlimm genug, was sie bereits sah, entdeckte Hedwig nun ihren Hund, der winselnd ein Stück hinter den beiden Meißner Männern in den Büschen lag. Sie zwang sich, auf die Füße zu kommen, und taumelte in seine Richtung.
    Im Vorüberstolpern sah sie, dass einer von den Meißnern noch atmete, doch es berührte sie nicht. Sie kniete sich zu ihrem blutüberströmten Hund, der trotz seiner Not mit dem Schwanz auf den Boden klopfte, als er sie sah. Das Blut in seinem Fell stammte aus einem klaffenden Schnitt über Brust und Schulter. Zudem schien Tristan auch einen Schlag gegen den Schädel erhalten zu haben. Hedwig überlegte nicht, sondern riss ein großes Stück aus ihrem Unterkleid und versuchte, den fiependen Hund notdürftig zu verbinden. Doch ihre Hände stellten sich langsam und ungeschickt an, jede schnelle Bewegung ließ den Schmerz in ihrem Kopf anschwellen und verursachte ihr Schwindel. Schließlich gab sie auf und beschränkte sich darauf, Tristan zu streicheln. Für eine Weile gab es nichts anderes auf der Welt als den Schmerz in ihrem Kopf und den Hund, den sie streicheln musste, dann näherten sich auf der Straße galoppierende Pferde.
    Hedwig hörte die Reiter halten und absteigen. Jemand rief ihren Namen. Er musste dreimal rufen, bevor sie Cords Stimme erkannte. » Hier«, sagte sie leise.
    Cords Schritte brachen durch das niedrige Buschwerk, und er ging neben ihr in die Hocke. Ohne ein Wort zu sprechen und ohne Tristans schwaches Knurren zu

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