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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Neugierig betrachtete sie die Bögen und Pfeile ihrer Gegnerinnen, die es an Pracht mit deren Kleidern aufnehmen konnten. Alles war bemalt, beschnitzt, farbenfroh umwickelt und verziert. Ihre eigene Ausrüstung war im Vergleich dazu unscheinbar.
    Die Helfer des Herolds waren noch damit beschäftigt, die anderen Frauen gleichmäßig auf die Scheiben zu verteilen, als sich zu Hedwigs Unbehagen Wilkin ihrer Gruppe näherte. Caecilia begrüßte ihn fröhlich, doch er nickte ihr nur freundlich zu und wandte sich sogleich mit einer Verbeugung an Hedwig. » Unsere erlauchte Herrin, die Kurfürstin, wies mich an, Euch dieses Zeichen ihrer Zuneigung zu überreichen.« Er bot ihr mit beiden Händen ein Samtkissen dar, auf dem sechs kostbare Pfeile lagen, mit grünen und roten Ringen und Eichenlaub aus Blattgold verziert. Selbst die Federn leuchteten in einem eigenartig hellen Grünton. So hübsch wie sie waren, hätte Hedwig es dennoch bei Weitem vorgezogen, mit ihren eigenen schlichten und erprobten Pfeilen zu schießen, die bloß ihr Initial als kleines Brandzeichen auf dem geölten Espenholz trugen. Doch sie vermutete, dass es eine grobe Unhöflichkeit gewesen wäre, das Geschenk auf solche Art zurückzuweisen.
    Sie knickste flüchtig und mied Wilkins Blick. » Richtet ihr meinen ergebensten Dank aus.«
    Er räusperte sich und hielt das Kissen mit den Pfeilen etwas näher zu ihr. Verwirrt fragte sie sich, ob sie das Kissen oder nur die Pfeile nehmen sollte. Sie griff nach den Pfeilen, während er offenbar davon ausging, dass sie das Kissen nehmen würde. Ihr vereintes Ungeschick hatte zur Folge, dass die Hälfte der Pfeile zu Boden fiel.
    Erschrocken bückten sie sich gleichzeitig und stießen dabei auch noch mit den Schultern zusammen. Wilkin lachte und schüttelte mit allen Zeichen von Verlegenheit den Kopf. » Mir scheint, meine Tage als Page liegen schon zu lange zurück. Verzeiht mir, jeder kleine Knabe hätte diesen Auftrag mit mehr Anmut ausgeführt.«
    Erst jetzt blickte Hedwig ihm ins Gesicht. Noch immer nahm sie seine Ähnlichkeit mit ihrem Ziehvater wahr, und dennoch wirkte er auf einmal ganz anders auf sie. Ihr Herz schlug heftig, doch seine freundlichen Worte machten sie so froh, dass sie ebenfalls lachen musste. » Pfeile, die das Fallen nicht vertragen, hätten lieber etwas anderes als Pfeile werden sollen. Es hat ihnen gewiss nicht geschadet. Konnte man vorher mit ihnen treffen, wird man es weiterhin können.«
    Lächelnd sah sie ihm in die Augen, und von einem Atemzug zum nächsten spürte sie, wie ein geheimnisvolles Einvernehmen zwischen ihnen entstand. Sie konnte spüren, dass ihn ihre Gegenwart ebenso verwirrte, wie seine es mit ihr tat. Er war ein wenig heiser, als er weitersprach. » In Wahrheit braucht Ihr ohnehin keine Pfeile, um zu treffen. Sagt, habt Ihr nicht beschlossen, Mitleid mit mir zu haben und mir die ersehnte Antwort auf meine frühere Frage zu schenken? Werdet Ihr mich mit Eurem Zeichen ins Turnier ziehen lassen? Meine Dankbarkeit für Eure Gnade würde mich zueinem besseren Menschen machen. Rührt Euch das nicht?«
    Hedwig war sicher, dass er scherzte, doch seine Miene war ernst. Ohnehin haftete ihm an diesem Tag ein Hauch von Kummer und Schwermut an, der sie beunruhigte. Sieh nach, ob es ihm gutgeht, hatte Richard gesagt. » Ich muss Euch ehrlich gestehen, dass mein Onkel mir davon abriet.«
    Er nickte. » Euer Onkel ist mir nicht gewogen, was ich bedaure, denn ich hege großen Respekt für ihn. Dann muss ich also ungetröstet von dannen ziehen. Aber ich verstehe ihn. An seiner Stelle würde ich Euch auch besser hüten als jedes andere Juwel.«
    Er verneigte sich, um sich zu verabschieden, und Hedwig konnte die Vorstellung nicht aushalten, dass sie nun vielleicht die letzte Gelegenheit vertan hatte, mit ihm Freundschaft zu schließen. » Mein Onkel riet mir ab, aber er verbot es nicht. Und er hat keine schlechte Meinung von Euch. Ein Unglück ist nur, dass ich noch immer kein Tüchlein im Ärmel trage, welches ich Euch überlassen könnte.«
    Sein feines Lächeln glich dem von Richard. » Wenn Ihr das Schießen gewinnt, wird Euch die Kurfürstin einen golddurchwirkten Schleier überreichen.«
    Hedwig strahlte ihn an. » Nun gut, dann machen wir es so. Gewinne ich, sollt Ihr den Schleier als Zeichen erhalten. Gewinne ich nicht, haben wir beide Pech.«
    Er lächelte breiter. » Damit habe ich einen weiteren Grund, in diesem Wettstreit Euer überzeugtester Unterstützer zu sein. Ich

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