Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
wünsche uns beiden Glück.«
Lachend knickste Hedwig vor ihm, und er ging, mit dem leeren grünen Samtkissen unter dem Arm und einem rührenden kleinen Schwanken, als hätte er vor Aufregung die Richtung vergessen, in welcher er die Kurfürstin wiederfinden würde.
Hedwig fühlte sich erhitzt und zittrig, und sie kämpfte bereits mit der Erkenntnis, etwas besonders Dummes getan zu haben. Doch noch lag alles in ihrer Hand, denn zu verlieren war leicht möglich, und in dem Fall hatte sie sich Wilkin gegenüber zu nichts verpflichtet.
Irina allerdings, die alles so schweigend beobachtet hatte, wie es einer braven Zofe zukam, musterte sie mit einem Blick, der besagte, dass ihre Dummheit jenseits aller Hoffnung wäre. Diese stille Missbilligung ihrer Freundin brachte Hedwig zu der Erkenntnis, dass ihr in der Tat nichts anderes übrigblieb, als zu verlieren. Einzig ihre alte, verhängnisvolle Unbedachtheit hatte sie dazu gebracht, einem von ihrem Onkel deutlich abgelehnten Ritter ausgerechnet eine Siegestrophäe als Zeichen ihrer Gunst zu versprechen. Hätte sie ihm heimlich ein Stück vom Saum ihres Unterkleides abgerissen, wäre es vernünftiger gewesen, denn dann hätten weniger Leute erfahren, von wem es stammte.
» Unser Wilkin ist ja ganz rot geworden, als er dich angesehen hat«, sagte Caecilia und kicherte.
Hedwig schüttelte den Kopf und reichte Irina ihre neuen Pfeile. » Wohl, weil wir uns beide so ungeschickt angestellt haben. Vier Pfeile dürfen wir zur Probe schießen. Wer wird anfangen?«
Noch immer kichernd, stellte Caecilia sich auf, ließ sich einen von ihren himmelblau beringten Pfeilen reichen, nockte ihn mit spitzen Fingern so umständlich ein, als würde sie eine Nadel einfädeln, und schoss in einer Haltung, die Hedwig in helles Erstaunen versetzte. Gerade vor dem Ziel stehend, zog das Kurfürstentöchterlein die Bogensehne bis zu ihrer Brust, legte den Kopf schief, um am Pfeil entlang dorthin zu sehen, wohin sie treffen wollte, ließ los und verfehlte. Sprachlos sah Hedwig zu, wie sie diese Prozedur viermal wiederholte. Es erschien ihr wie ein Wunder, dass tatsächlich zwei der Schüsse die Zielscheibe trafen und mit Beifall belohnt wurden.
Der Stil der zweiten Jungfer ähnelte dem von Caecilia, nur der von Mutter und Tochter war grundsätzlich derselbe, den auch Hedwig von Richard erlernt hatte. Die in ein Jagdkleid gewandete ältere Frau brachte denn auch ihre vier Pfeile alle auf dem Schwan unter, ihre Tochter immerhin drei.
Hedwig wartete bis zuletzt und rang mit sich, wie sie sich verhalten sollte. Schieß nicht, als ob es darum ginge, hatte ihr Onkel gesagt, und gewinnen durfte sie ohnehin nicht. Es war daher das Einfachste, sich stümperhaft anzustellen, beschloss sie. Doch als sie vortrat, spürte sie schon bei der geschmeidigen Bewegung, mit der ihr Bogen sich wie von selbst in die Hand fügte, dass sie schießen würde, wie sie immer schoss. Sie konnte den Willen, das Ziel zu treffen, nicht unterdrücken. Die aufregende Gier nach einem guten Schuss durchflutete sie wie der Drang zu atmen, sobald sie Bogen und Pfeil in Händen hielt.
Die Entfernung der Scheiben war lächerlich, sie wusste, dass es ihr leichtfallen würde, sechs Pfeile innerhalb des roten Herzens unterzubringen. Wenigstens mit den Probepfeilen wollte sie es versuchen, schließlich zählten sie nicht, und so schießen, dass sie verlor, konnte sie auch später noch.
Ihre Selbstsicherheit erhielt einen Schlag, als ihr erster Pfeil nicht nur das Herz, sondern die Scheibe verfehlte und weit dahinter flach im gemähten Gras verschwand. Sie hatte geahnt, dass die fremden Pfeile nicht gut zu ihrem Bogen passen würden, doch dass es so schlimm war, hätte sie nicht vermutet. Wichen die Pfeile weit nach rechts ab, lag es daran, dass ihr Holz zu weich war. Das ließ sich ausgleichen, indem sie entsprechend weiter nach links zielte. Aufmerksam berichtigte sie ihren Fehler auf diese Art beim nächsten Schuss, nur um entsetzt sehen zu müssen, wie sie die Scheibe dieses Mal auf der linken Seite bloß streifte. Mit dem nächsten ging es ihr nicht besser, erst der letzte traf eine Flügelspitze des Schwans.
Der Ärger beschleunigte ihren Puls, und Irinas erstaunte Miene machte es nicht besser. Zu allem Überfluss lachte Caecilia hell und arglos. » Ich denke, es steht wohl schon fest, wer von unserer kleinen Versammlung heute gewinnt. Gräfin von Holzendorf, wir können uns alle ein Beispiel an Euch nehmen.«
Hedwig fragte
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