Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
Gefolge zurück in seine Nürnberger Heimat zog. Die Wahrscheinlichkeit, dass Wilkin in aller Heimlichkeit auf dem anderen Weg sein Ziel ungehindert erreichte, war auf diese Art wesentlich größer.
Nachdem er Sigismund mit dem Geld erfreut hatte, sollte Wilkin sich am Königshof beliebt machen, um für Friedrich zu kundschaften. Der Kurfürst benötigte Berichte aus vertrauenswürdiger erster Hand, um sich ein wahrheitsgetreues Bild von Sigismunds Plänen, seiner Stimmung und seinem Zustand machen zu können. War der König tatsächlich damit beschäftigt, gegen die Türken auf der einen und die Hussiten auf der anderen Seite vorzugehen, oder saß er nur in Ofen und ließ es sich unter diesem Vorwand gutgehen? Intrigierte er noch immer am polnischen Hof, um Friedrichs Vorhaben dort zu unterwandern? War es ihm mit seinen Plänen für den Romzug und die Kaiserkrönung ernst, oder träumte er nur davon und prahlte?
Nebenbei sollte Wilkin versuchen herauszufinden, wie der König zum Erzbischof von Magdeburg, Günther von Schwarzburg, stand und was dieser gegen das Haus des Kurfürsten im Schilde führte. Dass Wilkins eigene Familie mit dem Erzbischof im Bunde war, konnte Wilkin hierbei sowohl zum Vorteil gereichen als auch zum Verhängnis werden, je nachdem, wie geschickt er sich anstellte.
Einfach war die Aufgabe gewiss nicht zu lösen, doch sie erschien ihm anziehender, als monatelang an der Seite des Kurfürsten bleiben und Anfeindungen von dessen Freunden ertragen zu müssen.
» Aber was wird aus Hedwig?«, fragte er.
Der Kurfürst zuckte mit den Schultern. » Sie ist jung und meines Wissens nicht sonderlich zart. Wenn du nicht weißt, wo du sie unterbringen willst, frag Elisabeth, ob sie bei ihr bleiben kann. Sie kehrt bald auf die Cadolzburg zurück. Oder du nimmst sie eben mit. Da du womöglich lange fortbleibst, ist das nicht das Schlechteste, das weiß ich aus Erfahrung. Immer kann man die Frauen nicht um sich haben, aber mit einem Eheweib, welches stets nur in der Ferne weilt, zeugt man keine Nachkommen, so viel ist sicher. Entscheide also selbst.«
Auf dem Weg zu Hedwig entdeckte Wilkin Cord, der von Bekannten umgeben war, die sich offenbar anschickten, ihn ausgiebig zu feiern. Sein Freund winkte ihm zu und rief ihn, doch er wehrte ab. » Ich komme nach! Habe vorher noch eine Sache zu tun.«
Aufrecht stellte er sich sodann Johann von Quitzow, der vor dem Zelt saß und seinen Katzenjammer vom Vorabend bereits halb ertränkt hatte, obwohl es gerade erst Mittag war. Der gebeugte alte Recke nickte mit finsterer Miene sein Anliegen ab und ließ ihn passieren.
Hedwig hatte ihn vor dem Zelt sprechen hören und erwartete ihn mit vor sich verschränkten Händen und in einem frischen, grünen Gewand. Sie zitterte ein wenig und hielt den Blick gesenkt, während er die Sätze sprach, an denen er seit Stunden feilte. Sie sagte Ja, und er küsste sie keusch und sanft auf die Lippen, um ihr zu beweisen, dass er niemals wieder so grob mit ihr umgehen würde wie bei ihrer ersten Begegnung.
Bald darauf ließ er sie wieder allein, denn der Kurfürst hatte festgelegt, dass ihre Hochzeit zum Zeichen für die unruhigen Brandenburger schon am Ende der Huldigungswoche stattfinden sollte. Es galt daher für sie beide, bei den Vorbereitungen keine Zeit zu verlieren, zumal er seine übrigen Verpflichtungen nicht ganz vernachlässigen konnte.
Sein erster Schritt sollte es sein, Cord endlich von seinen Heiratsplänen zu erzählen, nachdem er ihn zu seiner Schwertleite beglückwünscht hatte. Sein Freund war neben Gräfin Elisabeth der einzige Mensch, von dem er glaubte, dass er sich ehrlich für ihn freuen würde. Und gewiss verstand Cord seine Glückseligkeit, da er Hedwig kannte und schätzte.
Es war angenehm für ihn, dass Cords Freundeskreis aus einfacheren Männern bestand, denen die Geschehnisse um seine und die kurfürstliche Familie weniger bedeuteten als dem höheren Stand. Die Runde verstummte zwar kurz, als er eintraf, nahm das heitere Gespräch jedoch wieder auf, als Cord ihn mit offenen Armen begrüßte.
Der Ritterschlag hatte eine überraschend tiefgehende Wirkung auf seinen sonst bodenständigen Freund gehabt. Wilkin hatte früher nie bemerkt, dass Cord sich über die ketzerischen Hussiten mehr als nötig den Kopf zerbrochen hätte, doch auf einmal war er entschlossen, Markgraf Johanns Aufruf zu folgen und sich nach besten Kräften in den Kampf gegen Prokop und seine Anhänger zu werfen. Die Aufregung in der
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