"Die Bombe is' eh im Koffer"
musste das im Rahmen meiner Ausbildung auch mal vier Wochen mitmachen, man kommt da morgens mit seinem Kopf rein, und wenn man abends rausgeht, hat man nur noch Gemüse zwischen den Schultern. Und die Leute, die das immer machen, die sind praktisch auch nirgendwo sonst mehr einsetzbar. Wir hatten mal eine Krankheitswelle, wegen der wir einige Kollegen vom Paragrafen acht anfordern mussten. Die kamen aus ihrer Koffergruft hoch, da hat’s nur noch gefehlt, dass sie im Tageslicht zu blinzeln anfangen wie gerettete chilenische Bergarbeiter. Jedenfalls taumelten sie völlig überfordert von Station zu Station. Das war ein Heulen und Zähneklappern ohne Ende: So viele Menschen, so viele unterschiedliche Sachen! Man konnte aber auch richtig zusehen, wie sie in den vier Wochen Aushilfe dann ganz, ganz langsam wieder Farbe angenommen haben. Und zum Schluss wollten sie gar nicht mehr weg. Aber dann ist es zu spät.
Weil: Gewechselt wird dann nicht mehr. Und wenn, dann höchstens umgekehrt. Ein Paragraf-Fünfer kann sich schon noch in den Pantoffeltierchenkeller vergraben. Aber umgekehrt? Nahezu ausgeschlossen. Und deshalb ist es so wichtig, bei der Paragrafenfrage einmal im richtigen Moment aufzupassen.
Man nehme die Fünf, unbedingt!
Sonst ist man für die nächsten Jahre nur noch als Kofferlurch verwendbar.
Verstrahlt
Wohl jeder Flugpassagier kennt bei der Handgepäckkontrolle diesen grauen Kasten, in den die ganzen Taschen und der Laptop rollen. Wo das Kleingeld in seiner Extrawanne reinfährt und die Jacke, der Mantel und der Gürtel in der großen Wanne. Vorne, an der Öffnung dieses Kastens, hängen breite Fransen nach unten, die aussehen wie viele hellgraue Gürtel. Diese Fransen schiebt die Tasche beim Durchrollen beiseite, und wenn die Tasche dann drin ist, schließen sie sich wieder hinter ihr. Und viele Leute glauben, diese Fransen wären dazu da, um das Gerät zu schützen. Wahrscheinlich vor dem Staub, denken sie, und dass da drin hochkomplizierte Technik ist und eine Superlinse und was weiß ich. Und tatsächlich sind die breiten Fransen zum Schutz da, aber nicht für das Gerät.
Sondern für die Passagiere.
Die Fransen sind aus einer Bleilegierung. Und sie sollen die Strahlung abschirmen. Denn auch, wenn unser Durchleuchtungsgerät auf Deutsch so harmlos Durchleuchtungsgerät heißt, ist das Ding das, was die englische Bezeichnung X-Ray viel klarer sagt: ein Röntgenapparat. Und im Betriebshandbuch steht darum auch, dass man sich keine Sorgen machen muss, wenn die Bleifransen mal ein bisschen angekratzt sind.
Aber wenn eine fehlt, dann ist das Ding sofort abzustellen.
Das ist kein Grund zu sofortiger Panik: Wir haben da keine Atombombe herumstehen und auch kein kleines Kernkraftwerk. Aber das Gerät ist auch keine Wellnessfarm, und Körperteile sollte man da auch nicht unnötig hineinhalten. Gut, das macht normalerweise auch keiner. Ich dachte nur, ich sag’s für den Fall, dass jemand mal sein Haustier durchschleusen will.
Die Dame war ein echter Hingucker, das kann man nicht anders sagen, und sie war auf dem Weg nach Mallorca. Ihre weißblonde Mähne fiel wallend auf ihre Schultern. Unter den leuchtenden Haaren strahlte ein intensiv geschminktes Gesicht, das mich von der Farbgebung her ein bisschen an Lady Gaga erinnerte. An ihrem Hals, ihren Ohren, ihren Handgelenken glitzerte es golden wie in einem Schmuckladen auf dem Ponte Vecchio in Florenz. Ein weißes, fließendes Hemd verbreitete Sommerstimmung über atemberaubend knallengen Jeans. Die braun gebrannten Füße steckten in goldenen, mit Strass besetzten Sandaletten, und sobald sich die Augen an das Glitzern gewöhnt hatten, erkannte man auf ihren Fußnägeln irgendwas, mit dem ein Dutzend thailändischer Lackiererinnen etwa eine Woche lang beschäftigt gewesen war. Die Dame war, wohlwollend geschätzt, Anfang siebzig. Und in ihrer Armbeuge lag ein hechelnder Pekinese. Sie legte ihr Gepäck routiniert in die grauen Rollkästen und machte sich auf den Weg durch die Torsonde. Die Torsonde klingelte wie ein Weltmeister. Und da denken sich jetzt viele: » Klar, wegen dem Gold!«, weshalb es hier Zeit wird, auf eine Kleinigkeit hinzuweisen.
Theoretisch ist es nicht schlimm, wenn man bei der Torsonde seinen Schmuck anbehält. Klingeln macht die Torsonde nicht kaputt. Und häufig klingelt die Torsonde wegen des Schmucks auch überhaupt nicht: Auf Gold, Platin, Silber springt die nämlich überhaupt nicht an. Aber auf Blech. Also: Wenn Sie die
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